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Die Narrenburg

Die Narrenburg

Titel: Die Narrenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Erst, da Alle der Steinwand des Julius entlang flogen, löste sich die Volks- und Gebirgslust, die vorher gefesselt war, los, und manche Rufe, und das klingendste Jauchzen des Gebirges flogen ihnen nach - es flog doppelt freudig, weil einer ihrer Herren eine aus ihrer Mitte gewählet. Auch aus mancher Waldhöhe längs dem Wege krachte ein Pöller empor, der aus einem Holzstocke gebohrt war, oder es löste sich das Scheibengewehr, oder die Jagdbüchse manches lustigen Fichtauers.
    Auch Anna schien von Ehrfurcht überkommen zu sein; denn dieselben Augen, die ihn sonst, wie er noch mit Pflanzen und Steinen nach Hause gekommen, so freundlich angeblickt hatten, schlugen sich auch während des Fahrens nicht ein einziges Mal zu ihm auf - sondern sie weinten nun fast unablässig fort.
    Er redete ihr nicht zu, sondern er dachte an Chelion, wie sie kaum so rein, so schön, so schuldlos gewesen sei, als wie die an seiner Seite, und er bezähmte sein Herz, daß es nur nicht breche vor Freude und vor Glück.
    Als die Trauung vorüber war und die Wagen wieder zurückkehrten, zeigte sich ein Bild, das fast rührend erschien. Auf der Gasse der grünen Fichtau, wo hundert Wagen Platz gehabt hätten, standen nun hundert Tische. Der neue Graf hatte keine große Familie, und keine hohen Verbindungen. Seine Gäste waren daher alle Fichtauer. Sie waren seine Unterthanen, also seine Verwandten. Dieselben Holzschläger, mit denen er sich sonst an Samstags-Abenden unterredet hatte, dieselben Jäger, die gerne eingesprochen, und alle Andern saßen herum und tranken heute den besten Wein aus Erasmus Keller, und den noch bessern aus den Fässern des uralten Ruprecht. Daneben saß der verständige heitere Schlag der Gebirgsbauern, und Heinrich mit Anna mitten unter ihnen. Den Ehrenplatz nahm Erasmus ein, und neben ihm Anna's und Heinrichs Mutter; man sah seinen Stuhl aber häufig leer; denn nach alter Gewohnheit ging er unter den Gästen herum, als müßte er sie auch heute bedienen, und fragte und redete, und ordnete an. Sein großer Hund folgte ihm hiebei, und manchmal legte er sein Haupt vertraulich auf Heinrichs Knie, und schaute mit dummen Augen zu seiner Herrin, Anna, hinauf. Neben den Brautleuten saßen Robert und Thrine und Heinrichs Schwester. Der Boten-Simon konnte nicht da sein, weil es sein Amt nicht zuließ, aber geladen war er, und er erhielt als Entschädigung einen Zinsnachlaß seines Grundstückes im Asang. Aber der Hirt Gregor war da, und sein Sohn und sein Hund durften heute die Heerde noch lange vor Sonnenuntergang nach Hause geleiten, damit sie den Abend mit genießen könnten. Alle Nachbarsleute des Erasmus saßen zunächst an ihm, und jeder Wanderer, der des Weges kam, war freundlich geladen. An den Gränzen der Gesellschaft, und hie und da selbst zwischen den Tischen balgte sich die Knabenschaft der Fichtau, und hinter dem Garten gegen den Grahns zu krachten schon die Vorübungsschüsse zu dem großen Scheibenschießen, das auf morgen und die folgenden Tage angeordnet war. - Und so entstand vor der grünen Fichtau ein Gebirgsfest, dessen man denken wird, so lange ein Berg steht.
    Heinrich redete mit so Vielen, als er nur konnte; er ließ sich von den Holzknechten noch einmal von ihren Arbeiten und Abenteuern erzählen. Er hörte den kühnen Fahrten der Jäger zu, und fragte manchen Bauer um die Lage seines Gutes, dessen Bewirthschaftung und Erträgniß. Und ehe noch von den Bergen das kleinste Stückchen Schatten auf die Gesellschaft hereinfiel, hatte er schon alle Gemüther gewonnen, und Jeder, etwa die ganz Rohen und Mißgünstigen ausgenommen, gönnte Anna von Herzen ihr Glück.
    Ein Abend, wie wir ihn am Eingange dieser Geschichte erzählt haben, kam auch heute prachtvoll und herrlich: »die Sonne war über die Waldwand hinunter, und warf kühle Schatten auf die Pernitz - im Rücken der Häuser glühten die Felsen, und wie flüssiges Gold schwamm die Luft über all den grünen Waldhäuptern weg.
    Und immer feierlicher floß die Abenddämmerung, immer abendlicher rauschten die Wasser der Pernitz, und immer reizender klangen die Zittern.«
    Nur daß heute auch noch die Bursche mit den kühnen Gebirgsaugen die sanftblickenden, aber gleichwohl feueraugigen Mädchen an manchen Stellen zu den Zittern im Tanze herumdrehten, und daß der Mond schon viel länger, als damals, auf die Häuser hereinschien, ehe es auf der Gasse der grünen Fichtau verstummte.
    Da aber endlich fast gegen Morgen die letzte Gruppe Abschied genommen

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