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Die narzisstische Gesellschaft

Die narzisstische Gesellschaft

Titel: Die narzisstische Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Joachim Maaz
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von der Zustimmung anderer. Kein Wunder also, dass bei narzisstischen Defiziten eine permanente (später meist unbewusst gewordene) Angst vor Beziehungsverlust bleibt. Angewiesen auf äußere Bestätigung, neigt der selbstwertgestörte Mensch dazu, sich anzupassen, die Erwartungen anderer abzuspüren und sie um der ersehnten Bestätigung willen dann auch zu erfüllen. Da dieses Verhalten aber bestenfalls eine sekundäre Befriedigung (eine Ersatzbefriedigung) für ein primäres Bestätigungsdefizit vermitteln kann, entsteht weder wirkliche Zufriedenheit noch Entspannung. Das ist die energetische Voraussetzung für Suchtentwicklungen aller Art. So bleibt der narzisstisch gestörte Mensch eine abhängige Persönlichkeit, die ihre Autonomie nicht zu entwickeln und zu leben wagt. Nur in der betonten Abwehr dieser Gefangenschaft, im Grunde als überschießende Gegenreaktion zur belastenden Abhängigkeit, wird eine Unabhängigkeit demonstriert, die aufgesetzt daherkommt und eine Pseudoautonomie bedeutet. Dabei erhalten alle Entscheidungen größtes Gewicht, alles Handeln bekommt eine aufgeblasene Bedeutung – es wird um Zustimmung gebuhlt, die die Anhänger und Fans, die konarzisstischen Partner und Mitarbeiter gerne zur Verfügung stellen, wenn die Nähe zum blendenden Akteur nur die eigenen narzisstischen Wunden überstrahlt. Die Idealisierung der Person, die Aufwertung einer Aktion bzw. die betonte Bedeutung eines Geschehens sind die notwendigen Drogen des Narzissmus.
    Wenn ein narzisstisch gestörter Mensch andere braucht und sie dazu bringt, ihn zu bestätigen und zu bewundern, um dadurch das labile Selbstwertgefühl zu stabilisieren, so sprechen wir von einer Selbstobjekt-Verwendung. Dies spielt etwa bei jeder Verliebtheit eine große Rolle und erklärt auch die Verzweiflung bis hin zur suizidalen Not, wenn man von einem Partner (als Selbstobjekt) verlassen wird. Dass es unendliche Möglichkeiten partnerschaftlicher Beziehung gibt, kann in der narzisstischen Kränkung nicht wahrgenommen werden. Angesichts der Irrationalität der Verzweiflung wird die emotionale Gebundenheit des unerfüllten frühen Bestätigungswunsches erkennbar. Es geht dann nicht mehr um den Partner, der einen verlassen hat, sondern um die schon längst erlebte, in ihrer Qualität allerdings lebensbedrohliche Verlassenheit in den frühen Beziehungen, vor allem in jenen mit der Mutter.
    Überlebt der verlassene Verliebte das gegenwärtige Trauma, folgt fast regelmäßig die Entwertung des vordem so idealisierten «Objektes». Es geht dann nicht mehr um die Person des anderen, um dessen Beweggründe für die Trennung, sondern um einen Sündenbock, dem man alle Schuld aufladen kann, um die narzisstische Regulation wieder zu sichern. Auch da helfen rationale Argumente wenig. Der Narzissmus akzeptiert keine Wahrheit. Erst später, wenn ein neues narzisstisches Stabilitätsniveau erreicht worden ist, sind vielleicht Einsichten in die eigene schuldhafte Beteiligung am Trennungskonflikt möglich. Aber auch das ist eher selten, weil es viel bequemer ist, die Schuld prinzipiell andere tragen zu lassen.
    Idealisierung und Entwertung sind das Geschwisterpaar narzisstischer Lebenskultur. Das Eigene hochloben oder ein Idol – bis zur kreischenden Verblödung – verehren, dabei aber alle Kritik abwehren und alle Gegner und Konkurrenten abwerten – das ist die Dynamik, in der alles Geschehen in Gut und Schlecht eingeteilt wird.
    Jede Idealisierung ist gefährlich, weil sie die Realität verzerrt, und jede Entwertung ist der Anfang von Gewalt und Krieg, weil Schuldige gebraucht werden, gegen die man bei Bedarf auch kämpfen kann, um das eigene brüchige, abgewertete und gekränkte Sein nicht spüren zu müssen. Es entstünde niemals Krieg, wäre eine ausreichend große Anzahl von Menschen primär narzisstisch gesättigt, statt dem Zwang zu unterliegen, den bitteren Opferstatus in Täterschaft zu verwandeln.
    Ein wesentliches Symptom des Narzissmus ist die Unfähigkeit zur Empathie. Der narzisstisch gestörte Mensch ist nur mit sich selbst beschäftigt, um die Wunden zu lecken, die durch Liebesmangel geschlagen wurden, da bleibt kein Raum für andere. Die Beziehungsangebote eines narzisstisch gestörten Menschen werden gerne missverstanden. Der Narzisst braucht «Objekte» – also Menschen, die für ihn da sind, die sich für die eigenen Bedürfnisse verwenden lassen, die auf jeden Fall bestätigen, zustimmen und bewundern müssen und auf keinen Fall

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