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Die Nebel von Avalon

Titel: Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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aber er sprach leidenschaftlich weiter. »Nein, erzähle mir nicht, ich hätte es mir nur eingebildet, Morgaine… Du warst nicht dabei. Du weißt nicht, was geschehen ist! Ich fühlte zum ersten Mal, daß es irgendwo ein Mysterium gibt, das über dieses Leben hinausgeht. Deshalb machte ich mich auf die Suche, obwohl ich auch spürte und glaubte, es sei Wahnsinn… Und während ich mit Galahad davonritt, erschien sein Glaube mir wie Spott und Hohn. Er war so rein, sein Glaube war so einfach und gut, während ich alt und schuldbeladen war…« Lancelot starrte auf den Fußboden, und Morgaine sah, wie er heftig schluckte. »Deshalb trennte ich mich schließlich von ihm. Wenigstens ich wollte seinen leuchtenden Glauben erschüttern… Ich weiß nicht mehr, wohin ich mich dann wandte, denn Nebel und Dunkelheit senkten sich über mich herab. Mir schien, Galahad müsse… müsse alle Sünden meines Lebens kennen und mich deshalb verachten.«
    Lancelot hatte sich in Erregung gesteigert, und einen Augenblick lang sah Morgaine wieder das unheilvolle Glitzern in seinen Augen. Mit diesem Blick war er nackt durch den Wald gestürmt. Schnell sagte sie: »Denke nicht daran, mein Lieber. Das ist jetzt vorbei.«
    Zitternd holte er tief Luft, und der Glanz verschwand aus seinen Augen. »Ich habe jetzt die Aufgabe, Galahad zu suchen. Ich weiß nicht, was er gesehen hat… vielleicht einen Engel. Ich weiß auch nicht, warum der Gral die einen mit solcher Macht ruft und die anderen kaum. Ich glaube, von allen Rittern sah nur Mordred nichts… oder er sprach nur nicht darüber.«
    Mein Sohn ist in Avalon aufgewachsen. Ihn konnte der Zauber der Göttin nicht blenden,
dachte Morgaine und wollte Lancelot darüber aufklären, was er gesehen hatte… er war in seiner Jugend in Avalon gewesen, und sie durfte nicht zulassen, daß er glaubte, es sei ein christliches Mysterium gewesen. Aber sie hörte wieder den merkwürdigen Unterton in des Ritters Stimme und senkte den Kopf, ohne etwas zu sagen. Die Göttin hatte ihm eine tröstliche Vision geschenkt. Es stand ihr nicht zu, ihm diesen Trost zu nehmen. Sie hatte es gewollt und darauf hingearbeitet.
    Artus hatte die Göttin verraten, und die Göttin hatte seine Gefährten in alle Winde zerstreut. Der Gipfel der Ironie bestand darin, daß die heiligste aller Visionen zu einer unsterblichen christlichen Legende wurde.
    Morgaine berührte Lancelot am Arm und sagte: »Manchmal glaube ich, es kommt nicht darauf an, was wir tun. Die Götter führen uns nach ihrem Willen. Wir sind nichts als Puppen in ihren Händen.«
    »Wenn ich das glauben sollte«, erwiderte Lancelot, »müßte ich für den Rest meines Lebens wahnsinnig werden.«
    Morgaine lächelte traurig und sagte: »Wenn ich es nicht glauben würde, müßte ich wahrscheinlich den Verstand verlieren. Ich
muß
glauben, daß mir keine Wahl blieb, etwas anderes zu tun als das, was ich getan habe.«
    …
Ich muß glauben, daß ich nie eine andere Wahl hatte
… Es
stand nicht in meiner Macht, mich dem Ritual auf der Dracheninsel zu verweigern oder den ungeborenen Mordred zu töten, Uriens abzulehnen, als Artus mich ihm zur Gemahlin gab. Ich mußte Avallochs Tod auf mich nehmen. Ich konnte Accolon nicht vor seinem Schicksal bewahren

Ich mußte Kevin dem Tod eines Verräters ausliefern, und Nimue konnte ich nicht retten…
    Lancelot entgegnete: »Ich muß daran glauben, daß der Mensch die Möglichkeit hat, den richtigen Weg zu erkennen, zwischen gut und böse entscheiden zu können und zu wissen, daß seine Entscheidung zählt…«
    »O ja«, antwortete Morgaine, »wenn er weiß, was gut ist. Aber glaubst du nicht auch, Vetter, daß in dieser Welt das Böse immer das Gesicht des Guten trägt? Manchmal glaube ich, die Göttin selbst läßt das Falsche richtig erscheinen, und wir können nur…«
    »Oh, dann wäre die Göttin wirklich das Böse, wie die Priester behaupten«, rief der Ritter aus.
    »Lancelot«, Morgaine beugte sich beschwörend vor, »mache dir keine Vorwürfe. Du hast getan, was du tun mußtest! Glaube fest daran, es war dein Schicksal, und es war so bestimmt…«
    »Nein. Dann müßte ich mir sofort das Leben nehmen, um zu verhindern, daß mich die Göttin weiterhin benutzt, um Böses zu tun«, erwiderte Lancelot heftig. »Morgaine, du besitzt das Gesicht. Ich kann nicht… ich kann nicht glauben, daß es Gottes Wille ist, daß Artus und Camelot in Mordreds Hände fallen! Ich rief die Barke von Avalon, ohne darüber nachzudenken und

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