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Die Nebelkinder

Die Nebelkinder

Titel: Die Nebelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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und der Findling erschauerte. Denn zugleich waren wieder die lau tl osen Worte in seinem Kopf: Steh mir bei, Albin. Ich muss aus der Abtei fliehen, noch in dieser Nacht. Ich verlasse mich auf dich, Bruder!
    Der Gefangene verschwand mit seinen Wächtern · hinter einer Biegung. Was blieb, war ein leichtes Brennen in Albins Kopf und die tiefe Verwirrung über die seltsame Botschaft.
    »Komm schon, Albin, der Abt und die Grafen wollen uns anhören. Träumst du?«
    Graman schob seinen Schützling vor sich her ins Refektorium. Hinter ihnen fiel die Tür mit schwerem Krachen zu. Im Speisesaal roch es noch nach der ausgelassenen Feier, die mit Chlodomers Tod ein so jähes Ende gefunden hatte. Bratenduft kitzelte Albins Nase, gepaart mit einem säuerlichen Gemenge aus Wein und Schweiß. Sein Blick streifte die Grafen, die Soldaten, den Abt und den Dekan, um schließlich bei der Leiche zu verweilen. Der Tote sah aus, als schliefe er nur. Man hatte seine Augen geschlossen und die Hände auf der Brust zum letzten Gebet gefaltet. In ihnen steckte ein kleines, silbernes Kruzifix.
    »Wie ist Graf Chlodomer gestorben?« Graf Guntram hatte die Frage gestellt. Seine Augen hingen, wie die aller anderen, auf Albin. Fragende, neugierige, brennende Augen.
    Verwirrt antwortete Albin: »Aber das weißt du doch, edler Graf. Du warst dabei, als Graf Chlodomer starb. Und Nonus Graman hat dir den todbringenden Pfeil gezeigt.«
    König Arnulfs Gesandter ging zu dem Leichnam und drehte den Kopf des Toten zur Seite. Albin konnte nun Chlodomers Nacken sehen und die Wunde, die der Elbenstrahl geschlagen hatte. Eine etwa daumengroße Schwellung, in der Mitte violett, an den Rändern blassblau. Wie die Schwäre einer unbekannten Art von Aussatz.
    »Ein giftiger Pfeil hat Graf Chlodomer den Tod gebracht, das wissen wir.« Guntrams Zeigefinger stieß in einer plötzlichen Bewegung auf Albin. »Du warst auch dabei, Albin. Und du hast mehr gesehen als alle anderen. Wir wussten kaum, was geschehen war, da hast du schon von Mord gesprochen, junger Albin. Was hast du gesehen? Was weißt du?«
    Albin fühlte sich unwohl, mehr wie ein Angeklagter als ein Zeuge. Heiße Wellen liefen über seinen Körper, und kalter Schweiß bedeckte seine Haut. »Ich habe eine kleine Gestalt gesehen, einen rothaarigen Mann, der aus dem Refektorium floh. Das ist alles.«
    Albin brachte es nicht über sich, von den Stimmen in seinem Kopf zu erzählen. Klang es nicht unglaublich? Wie sollte er Graf Guntram, Abt Manegold und den anderen etwas erklären, das er selbst nicht verstand? Und wenn er es tat, zog er dann nicht den Gefangenen noch tiefer in die Sache hinein? Einen Unschuldigen!
    Er fragte sich, weshalb er den Fremden für unschuldig hielt. Gewiss, der Zwerg aus dem Weinkeller war nicht der Rothaarige, den er hier im Refektorium gesehen hatte. Aber konnte Guntram nicht Recht damit haben, den Gefangenen als Spießgesellen des Meuchlers zu bezeichnen?
    Doch etwas tief in Albin, das er selbst nicht erklären konnte, sagte ihm, dass den Gefangenen keine
    Schuld an Chlodomers Tod traf. Er spürte eine Art Verwandtschaft mit dem Unbekannten, der ihn Bruder nannte.
    Hauptmann Jodokus stieß ein krächzendes, falsches Lachen aus. »Du willst uns an der Nase rumführen, Knabe! Niemand außer dir hat den angeblichen Meuchler gesehen. Er ist nicht mehr als ein Hirngespinst, eine Lüge, die du dir ausgedacht hast, um den Gefangenen zu schützen!«
    Graman trat vor Albin, als wolle er seinen Zögling mit ganzem Leib schützen. »Du beschuldigst Albin zu Unrecht, Soldat. Ich kenne ihn seit langen Jahren und weiß von seiner Aufrichtigkeit. Hat er euch nicht in den Weinkeller geführt? Warum hätte er das tun sollen, wenn er mit dem Gefangenen im Bunde steht?«
    »Ein berechtigter Einwand«, sagte Graf Thibaut aus Arelat. »Aber woher wusste dieser Knecht, dass der geheimnisvolle Rothaarige der Meuchler ist?«
    »Weil der Rotschopf nach Graf Chlodomers Zusammenbruch floh«, erklärte Albin. »Das schien mir Beweis genug.«
    Graf Agilbert stützte das Kinn auf die geballte Faust und sah Albin durchdringend an. »Du hast gute Antworten bereit, Jüngling. Auch auf die Frage, weshalb du uns in den Weinkeller geführt hast? Wieso wusstest du, dass der Zwerg sich dort versteckt?«
    »Ja!«, schrie Jodokus und legte die Rechte auf den Schwertknauf. »Wie konntest du das wissen, Knabe?«
    Schwindel ergriff Albin. Der ganze Saal wollte sich um ihn drehen. Er ballte die Hände zu Fäusten und

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