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Die Nebelkinder

Die Nebelkinder

Titel: Die Nebelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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vor dem Durchlass zum Kreuzgang standen.
    Eine kleine Gestalt löste sich aus dem Schatten der Säulen und huschte davon, in den finsteren Kreuzgang. Nur für wenige Augenblicke nahm Albin den Unbekannten wahr. Er schien nicht größer als der Findling zu sein und trug ein dunkles Gewand. Albin hatte ihn nur von hinten gesehen, doch das feuerrote Haar erkannte er deutlich.
    »Graf Chlodomer atmet nicht mehr!« - »Er ist tot!« — »Der Herr im Himmel, unser allmächtiger Schöpfer, hat König Odos Gesandten zu sich genommen!«
    Entsetzte Schreie hallten durchs Refektorium, während die Menschen von den Bänken aufsprangen und sich um den Zusammengebrochenen versammelten. Albin war von Chlodomers Tod nicht überrascht. Die seltsamen, lautlosen Worte in seinem Kopf hatten es ihn bereits gesagt. Und der es vorher gewusst hatte, musste der Mörder des Westfranken sein.
    »Dorthin ist er geflohen!«, stieß Albin laut hervor und zeigte zu den Säulen. »Er ist hinaus in den Kreuzgang gelaufen!«
    »Wer? Von wem sprichst du, Kerl?«, fragte ein sehniger Mann im violetten Samtrock. Es war Graf Guntram, der die geheime Versammlung in Mondsee auf König Arnulfs Geheiß einberufen hatte.
    »Graf Chlodomers Mörder!«, stammelte Albin erregt. »Er hielt sich hinter den Säulen versteckt. Ich sah, wie er in den Kreuzgang lief.« · »Wer ist es?«
    »Ich kenne ihn nicht. Ein sehr kleiner Mann mit rotem Haar.«
    »Ihr habt es vernommen«, wandte sich Guntram an die umstehenden Edlen, Mönche und Knechte. Er zog ein prachtvolles Schwert aus der nicht minder wertvollen Scheide an seiner Seite; eine Waffe, die mehr für fesüiche Anlässe als zum Kämpfen geschmiedet war. »Schnappt euch Fackeln und dann hinaus! Ruft sämtliche Soldaten zu den Waffen! Sie sollen das Hauptportal und alle Nebentore gut bewachen.« Zu Albin rief er, bevor er in den Kreuzgang lief: »Komm mit, Bursche!«
    Unter dem Dach des Kreuzgangs umfing sie Dunkelheit und der Nebel, der vom Innenhof durch die bogenförmigen Offnungen hereinquoll. Herbeistürzende Fackelträger sorgten für flackerndes Licht. Graf Guntram sandte den größten Teil hinaus in den Hof, der mit seinen Blumenbeeten und den säuberlich gestutzten Obstbäumen tagsüber die Augen der frommen Brüder erfreute. Jetzt aber wirkte er unheimlich. Die Fackelfeuer tanzten im Nebel wie ruhelose Seelen.
    »Vielleicht versteckt sich der feige Kerl zwischen den Bäumen«, knurrte Guntram.
    Albin stand vollkommen still und schloss die Augen. Gleichwohl suchte er nach dem Mörder - in seinem Kopf. Er hatte keine Zeit, sich über die geheimnisvolle Fähigkeit zu ängstigen, die er eben erst an sich entdeckt hatte. Er musste sie benutzen, um den Rothaarigen aufzuspüren. Er lauschte nach fremden Gedanken. Vergebens. Aber dann spürte er etwas, ein unbestimmtes Gefühl von Sorge und Angst. Es kam nicht aus dem Hof, sondern aus dem Küchentrakt.
    »Zur Küche!«, rief Albin. »Dort hält er sich versteckt.«
    Guntram war ein geistesgewandter Mann. Ein anderer hätte Albin ausgefragt, wie er darauf komme. Der Graf wusste, dass dafür immer noch Zeit war. Er rief den anderen einfach zu, ihm und Albin zu folgen.
    »Nun, Bursche?«, fragte Guntram, als sie im Gang zwischen Küche und Backstube standen. »Wo versteckt sich der Meuchler?«
    Albin verharrte bereits, um sich ganz auf seine rätselhafte neue Fähigkeit zu konzentrieren. Er nahm es jetzt deutlicher wahr: Angst und Verwirrung. Irgendwie passte es nicht zu den Gedanken und Gefühlen, die er im Refektorium gespürt hatte. Aber er kannte seine Fähigkeit sein Gespür noch zu wenig, um das wirklich einschätzen zu können. Für jetzt musste genügen, dass er die Richtung wusste.
    »Da unten!« Albin zeigte auf die Luke, die den Abstieg zum Weinkeller verschloss.
    Bruder Humbert, der einen Schlüssel für die Luke besaß, wurde herbeigerufen. Während der Cellarius den Kellerzugang öffnete, kamen Albin Zweifel und er fragte: »Wenn der Zugang verschlossen ist, wie konnte der Mörder dann in den Keller fliehen?«
    Guntram zuckte mit den Schultern. »Das wird er uns schon erzählen, wenn wir ihn erst haben. Hauptsache, wir kriegen ihn!«
    Uber eine breite Stiege ging es in das von den rußenden Fackeln nur mäßig erhellte Kellergewölbe. Hier türmten sich die Fässer, doch sonst lag der Keller verlassen - scheinbar.
    Woher kommen die Großwüchsigen so schnell? Ich sollte besser verschwinden. Muss das Loch hinter den Apfelweinfässern erreichen, ehe sie

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