Die neue GLYX-Diaet
Kalorien. Bis Studien zeigten: Wer Kalorien zählt, wird dick. Die Disziplin verdirbt die Lust am Leben. Wer Kalorien spart, nimmt weniger Vitalstoffe auf. Es fehlen Arbeiter im Energiestoffwechsel, das Fett bleibt auf den Hüften.
Wenn wir keine Kalorien zählten, dann quälten wir uns mit der Ananasdiät, der Eierdiät, der Brotdiät, der Kartoffeldiät. Einzelne Lebensmittel versprachen Heilung von der Misere mit den Pfunden. Auch dafür musste der Körper bezahlen. Einseitige Crash-Diäten leeren die Vitalstofftanks – und der Körper schaltet auf sein Notprogramm, schraubt den Stoffwechsel runter. Man verbrennt weniger Energie. Die Pfunde kommen schneller wieder, als sie gegangen sind. Mit Zuwachs.
Rundum Feinde und Verzicht
Ein Feind der 1970er hieß »voller Teller«. FdH, friss die Hälfte, lautete die Parole. Der eine aß die falsche Hälfte, der andere stand mit knurrendem Magen vom Tisch auf.
Dr. Robert C. Atkins stellte 1972 mit »Die Diät-Revolution« alle bestehenden Ernährungsrichtlinien auf den Kopf. Er verordnete Fett und Eiweiß. Von Steak, Butter, Wurst, Sahne, Quark könne man so viel essen, wie man wolle – nur auf Brot, Nudeln, Kartoffeln und Reis müsse man verzichten. Die Diät wirkte, man wurde ihrer aber sehr schnell überdrüssig. Gesund – und vor allem lebbar – kann man sie nicht unbedingt nennen.
Eine dicke, fette Lüge?
Dann wurde Fett zum Feind. Ein Vierteljahrhundert lang zählten wir die Fettaugen in der Suppe. Kratzten die Butter vom Brot, tupften das Öl vom Salat, zahlten für Luft im Quark. Wir reduzierten unser täglich Fett auf magere 30 Prozent und weniger. Dafür griffen wir kräftig in den Brotkorb. Kohlenhydrate – also Kartoffeln, Nudeln, Reis, Brot, Fruchtnektar und Softdrinks – dürfe man, weil fettfrei, essen »ad libitum«, ohne Einschränkung, rieten uns die Ernährungsexperten.
Nicht nur US-Amerikaner, auch Deutsche wurden dicker und dicker. Man las vom »fetten Planet«, von einer Epidemie der Übergewichtigen und immer wieder von »Kohlenhydratmast«. Mehr und mehr Menschen erkrankten an der Zuckerkrankheit Diabetes Typ 2, dem Altersdiabetes.
Anfang 2000 stellt die New York Times die Fett-Frage: »Was, wenn das alles eine dicke, fette Lüge war?« War es.
Walter Willet, Chef des Department of Nutrition (Fachbereich Ernährung) an der Harvard-Universität leitete die weltweit größte Studie mit rund 300000 Testpersonen. Daten aus dieser Studie widerlegen, dass Fett schlecht für den Menschen ist. Im Gegenteil, sagt er: Die Low-Fat-Ratschläge haben zur Fettsucht-Epidemie beigetragen.
Von »Low Fat« zu »Low Carb«
Plötzlich fürchtete man in Amerika die Kohlenhydrate so sehr wie einst die Kommunisten …»Low Carb« hieß die neue Devise.
Low-Carb-Produkte (wenig Carbohydrates = Kohlenhydrate) füllten die Regale, lösten die Light-Produkte ab. Denn so richtig gelernt hatte keiner etwas. Auch diese Fertigprodukte mit dem »Low Carb«-Stempel machen uns eher dick und krank als schlank. Low Carb bringt nicht mehr als Low Fat.
Es macht überhaupt keinen Sinn, einen Nährstoff generell zu verdammen. Wir brauchen alle Nährstoffe. Verzicht macht dick. Ein Leben ohne Kohlenhydrate – ohne Nudeln, Brot und Zucker – ist kein Leben.
INFO Viel Eiweiß, mehr Fett, weniger Kohlenhydrate!
Heute wissen wir: Wir brauchen Fettsäuren, um abzunehmen. Die falschen Kohlenhydrate machen uns dick und krank, verkürzen unser Leben. Viele Studien belegen, dass das genetische Programm des Menschen eingestellt ist auf wenig Kohlenhydrate, mehr Fett und Eiweiß mit viel Gemüse und täglich ein bis zwei Portionen Obst. In der Geschichte der Menschheit gab es nie eine zucker- und stärkereiche Ernährungsweise.
GLYX – die moderne Kalorie
Der glykämische Index (heute: GLYX) tauchte bereits in den späten 1970ern auf. Dr. David Jenkins, Professor für Ernährungswissenschaften an der Universität Toronto, entwickelte das Konzept. Er gab Lebensmitteln von Apfel bis Zucker eine Zahl zwischen 1 und 100 – je nachdem, wie stark sie die Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse ankurbeln. Dann empfahl er seinen Patienten, nur die Lebensmittel mit einer Zahl unter 55 zu essen. Und siehe da: Die Menschen nahmen schnell ab.
Jenkins wurde in der Fachwelt nicht ernst genug genommen. Erst zwei Jahrzehnte später griffen australische Forscher das Jenkins-Konzept auf: Professor Jennie Brand-Miller von der Universität Sidney und ihre Kollegen vom Prince of Wales
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