Die neuen Weltwunder - In 20 Bauten durch die Weltgeschichte
Anregung dafür gab Weber nach eigenen Angaben die Zerstörung der berühmten Buddhastatuen im afghanischen Bamiyan durch die islamfundamentalistischen Taliban. Mit seiner Kampagne wollte er den Menschen die Augen für ihre Kultur und die anderer Länder öffnen. Die erste aller Listen umfasste rund zweihundert Bauwerke und wurde dann, nach einem ersten Internet-Voting, auf 77 reduziert. In einem zweiten Schritt dampfte eine siebenköpfige Architekten-Jury unter Vorsitz des ehemaligen UNESCO -Generaldirektors Federico Mayor Zaragoza die Liste auf 21 Kandidaten ein. Einer davon waren die Pyramiden von Gizeh, die dann aber von der Liste gestrichen werden mussten: Kairo zeigte sich wenig amüsiert, geschweige denn geehrt, in die engere Auswahl geraten zu sein. In Ägypten – schließlich das Land des einzigen noch existierenden der antiken Weltwunder – fühlte man sich durch die Berücksichtigung im Weltwunder-Relaunch eher herabgesetzt und betrachtete sich wohl nicht als einen Kandidaten, der sich zu einer Wahl stellen muss. Der ägyptische Kulturminister Hosni sagte, die Pyramiden seien ohnehin das wichtigste Weltwunder und eine Abstimmung mithin bloßer Unfug. Auf die harschen ägyptischen Proteste hin wurden die Pyramiden von der Liste wieder gestrichen und stattdessen zum »ewigen Weltwunder« erklärt.
Der Schirmherr der Galaveranstaltung, der frühere portugiesische Außenminister Diogo Freitas do Amaral, zeigte sich besonders glücklich, weil seiner Ansicht nach erstmals die gesamte Welt hatte abstimmen können. Der britische Schauspieler Ben Kingsley rühmte, die Aktion feiere die kulturelle Vielfalt der Welt. Im Gegensatz dazu kritisierte die UNESCO die Art der Kür, weil per Volksvotum die Weltwunder schwerlich festgestellt werden könnten. Schon im Vorfeld des Finales hatte die Weltorganisation Wert darauf gelegt, mit der Kampagne nichts zu tun zu haben – sie widerspricht geradewegs dem UNESCO -Programm des Weltkulturerbes, deren auf wissenschaftlicher Basis und unter klaren Bedingungen erwählte Titelträger gleichwohl zu den Kandidaten gehören. Trotz wiederholter Aufforderung hatte die UNESCO sich denn auch nicht an dem Projekt beteiligen wollen, weil es ihren Vorstellungen und Anforderungen nicht entspricht. Andere Kritiker bezeichneten die Aktion als riesigen Publicity-Gag und die Art der Abstimmung als nicht repräsentativ. Zum einen seien all jene Menschen von der Teilnahme ausgeschlossen gewesen, die keinen Zugang zu Computer oder Telefon haben. Zum anderen sei es zwar im Reglement nicht vorgesehen, gleichwohl aber mühelos möglich gewesen, mehrfach abzustimmen. Hinzu kommt, dass in manchen Ländern von offizieller Seite die Trommel für die Abstimmung angestrengt gerührt wurde, während anderswo die Aktion gar keine größere Aufmerksamkeit fand. In einigen Ländern haben sich Regierungschefs und Staatsoberhäupter vehement für die Stimmabgabe zugunsten des eigenen Kandidaten eingesetzt, ja ein entsprechendes Votum gar zur Staatsbürgerpflicht erhoben. Klar im Vorteil waren überdies bevölkerungsreiche Länder.
Einen weiteren Kritikpunkt stellte die Ankündigung der Initiative Webers dar, sich für den Erhalt der Bauwerke einsetzen zu wollen. Das musste die Fachleute erzürnen, weil die gekürten Weltwunder als Touristenmagnete und Nationalsymbole ohnehin kaum mit Erhaltungsproblemen zu kämpfen haben – ganz im Unterschied zu weniger bekannten, aber keineswegs weniger bedeutsamen Kulturdenkmälern, die dem Verfall preisgegeben sind oder gar rücksichtslos zerstört werden.
Das Ergebnis der Wahl der letzten Sieben muss also auch in diesem Zusammenhang nationaler Eigeninteressen und Landesstolz gesehen werden – entscheidend für die Mehrzahl der Wähler dürfte weniger die Überlegung gewesen sein, die würdigsten Kandidaten zu bestimmen, als dem eigenen Land einen Dienst zu erweisen.
Die Menschenmengen, die in Chichén Itzá, Rio de Janeiround Peru die Bekanntgabe verfolgten, störte dieser Makel wenig: Sie applaudierten begeistert, als »ihre« Kandidaten den Zuschlag erhielten.
LISTEN DER WELTWUNDER UND WELTWUNDERKANDIDATEN
Die Sieben Weltwunder der Antike
Die Hängenden Gärten der Semiramis in Babylon, Irak
Der Koloss von Rhodos, Griechenland
Das Grab des Königs Mausolos II . in Halikarnassos, Türkei
Der Leuchtturm der Insel Pharos im Hafen von Alexandria, Ägypten
Die Pyramiden von Gizeh, Ägypten
Der Tempel der Artemis, Ephesos / Griechenland
Die Zeusstatue des Phidias,
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