Die Nichte der Marquise - Die Nichte der Marquise
Mädchen. Kein Mädchen hier kann lesen und schreiben«, setzte sie schnell hinzu, um diese Tatsache zu unterstreichen, und redete hastig weiter. »Doch ich kann gut mit der Nadel umgehen, ich helfe meinen Schwestern beim Flechten ihrer Haare und stehe oft am Herd, um meiner Mutter zur Hand zu gehen.«
Die Marquise schwieg und unterdrückte ein Lächeln. Wenn sie die Zeichen richtig deutete, würde dieses Mädchen nie wieder eine Nadel in der Hand halten und schon gar nicht in der Küche versauern. Sie entschloss sich, die Sache zum Abschluss zu bringen. »Bist du Jungfrau, Marie? Hast du schon einmal einen Mann zwischen deine Beine gelassen?«
Der Kopf des Mädchens ruckte hoch. »Nein, natürlich nicht. Was haltet Ihr von mir?« Etwas leiser fuhr sie fort: »Mein Vater hätte mich erschlagen, wenn ich mich mit einem der Burschen aus dem Dorf eingelassen hätte.«
Diese und andere zu Herzen gehende Beteuerungen hatte die Marquise oft genug gehört, und oft genug stellten sie sich als blanke Lügen heraus. Die Verlockung, nach Paris gehen zu können, bewog manche Provinzschönheit, großzügig zu vergessen, wer alles es sich zwischen ihren Beinen schon bequem gemacht hatte. Allein, die Kundschaft war anspruchsvoll und schnürte nur für eine Jungfrau den Geldbeutel auf.
»Leg dich aufs Bett, Marie. Ich werde prüfen, ob du die Wahrheit sprichst«, sagte sie deshalb ohne Umschweife.
Alle Farbe wich aus Maries Gesicht. Im Geist ging sie jedes Treffen mit Leon durch, jeden Kuss und jede Berührung. Er hatte ihr versprochen, bis zur Hochzeit zu warten. Er wollte mit seinem Vater reden, sobald die Zeit günstig dafür war. Was sie taten, wären bloß harmlose Zärtlichkeiten, und keine davon stellte einen Hinderungsgrund dar, um später nicht aufrecht und stolz vor den Altar zu treten.
Sie wusste nicht, was die Marquise prüfen wollte, ob sie feststellen konnte, dass Leon ihren Körper berührt und gestreichelt hatte. Oder ob sie feststellen konnte, dass Marie in einsamen kalten Winternächten dasselbe getan hatte. Die körperliche Seite der Liebe war ihr nicht unbekannt, sie hatte gesehen, wie Schweine und Ziegen sich paarten, und nahm an, dass die Sache bei Menschen nicht anders vor sich ging. Wie es allerdings tatsächlich war, wusste sie nicht. Und schon gar nicht wusste sie, was die Marquise prüfen wollte.
Beklommen legte sie sich aufs Bett. Ihre Finger krampften sich in das Laken. Sie fixierte eine Stelle an der niedrigen Zimmerdecke.
»Spreiz deine Beine, Marie.« Die Marquise war ans Bett getreten und wartete, bis das Mädchen langsam die langen Beine ausbreitete, an deren Scheitelpunkt sich ein dunkelgoldenes Vlies befand. Der Anblick ließ ihr Verlangen wieder aufflammen, aber sie rief sich selbst zur Ordnung. Wenn das Mädchen die Wahrheit gesprochen hatte, sollten sich genug Gelegenheiten zu charmanten Tändeleien ergeben, ehe sie es seiner endgültigen Bestimmung zuführen würde.
Sie strich über das goldene Dreieck und ließ ihre Finger tiefer in das heiße, feuchte Fleisch gleiten, wobei sie sich mehr Zeit nahm, als nötig gewesen wäre. Unterdessen hielt sie ihren Blick auf das Gesicht des Mädchens gerichtet. Marie hatte die Augen zusammengepresst und die Unterlippe zwischen die Zähne gezogen. Jeder Muskel in ihrem Körper war angespannt. Diese Reaktion sprach eindeutig dafür, dass sie gelogen hatte, was ihre Jungfräulichkeit betraf. Doch das Jungfrauenhäutchen war intakt, wie die Marquise überrascht feststellte.
Mit einigem Widerstreben nahm sie die Hand weg und stand auf. Sofort schloss Marie ihre Beine und öffnete die Augen.
»Du kannst dich wieder anziehen, Marie.« Sie wandte sich ab und ging zur Waschschüssel. Nachdem sie sich mit einem Blick über die Schulter versicherte, dass das Mädchen beschäftigt war, hob sie ihre Hand vors Gesicht und atmete den daran haftenden Moschusduft gierig ein.
Erst als sie hörte, dass das Mädchen in die hölzernen Sabots schlüpfte, griff sie schnell nach dem Seifenstück und tauchte die Hände ins Wasser.
Während sie sich abtrocknete, ging sie zu Marie zurück, die vollständig angekleidet war und damit begann, ihr Haar zu flechten. »Warte in der Stube auf mich. Ich möchte noch drei andere Mädchen prüfen.«
Marie knickste und ging zur Tür. Mit der Klinke in der Hand fragte sie: »Werdet Ihr mich nach Paris mitnehmen, Madame la Marquise?«
Juliette de Solange blickte die junge Frau an, die mit hocherhobenem Kopf vor ihr stand. Nicht
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