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Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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Frauen in die Taverne. Eine innere Stimme sagte Siegfried, dass er das auch tun sollte, doch die Heldenkonvention hielt ihn wie angenagelt fest.
    Kenn ich den?, schoss es ihm durch den Kopf. Lässt er vielleicht mit sich reden?
    Doch da schlug Raffnir schon die Zähne aufeinander, der Zunder entflammte die Drachengase, und eine sengende Feuerzunge traf Siegfried. Die Wucht warf ihn zu Boden, und sofort stand der Drache über ihm.
    »Ich will es dir leicht machen«, sagte Raffnir und biss blitzschnell zu. Dann blies er noch einen triumphierenden Feuerstoß in den Himmel, erhob sich mit ein paar kräftigen Schlägen seiner Schwingen und verließ die Stadt.
     
    *
     
    Siegfrieds Beerdigung fand nach der Christen Art statt. Auf dem Gottesacker grub man ein Loch und legte den in Tücher gehüllten Leichnam hinein. Die Walküre Rista, die für alle außer Brünhild unsichtbar neben der Trauergemeinde stand, beobachtete verständnislos, wie man den allseits gerühmten Helden Siegfried wie Abfall verscharrte. Sie war es gewohnt, dass man solchen Männern durch Verbrennen auf einem großen Holzstoß oder in einem Drachenboot die letzte Ehre erwies. Ristas Anwesenheit lag in der Tatsache begründet, dass Odin immer noch in ganz Germanien seine Schildmägde aussandte, wenn ein großer Held ins Jenseits ging, weil er sich durch ihn eine Verstärkung seiner Einherjer in Walhall versprach. Da spielte für den Allvater die Konfession keine Rolle, es zählte nur die Qualifikation als herausragender Kämpfer.
    Rista blickte fragend zu Brünhild. Doch die schüttelte nur langsam das gesenkte Haupt. Damit war die Sache entschieden, und Rista verließ unverrichteter Dinge die Beerdigung. Siegfried blieb in seinem einsamen Grab fern von Walhall.
     
    Kriemhild trat ans offene Grab und erhob mit bebender Stimme bittere Anklage.
    »Ihr habt mich stets verhöhnt, weil mein Gatte zum Fidelen Drachen ging. Doch genau dort lauerte der altböse Feind ihm auf, genau dort beging dieser den feigen Mord. Seht, sein Schwert Gram steckt noch in der Scheide! Siegfried wurde hinterrücks gemeuchelt! Doch der Drache kam nicht aus freien Stücken nach Worms, jemand schickte ihn, um meinen Gemahl zu ermorden. Schon vor Siegfrieds Tod quälten mich schreckliche Gespenster, die furchtbaren Nibelungenkrieger. Sie drohten meinen Gemahl zu töten, und siehe, es ist geschehen. Und wer ist der Anführer dieser Schreckensmacht? Wer befiehlt diese Geister mittels eines eisernen Ringes? Hagen von Tronje ist es! Er trägt den Ring der Nibelungen, er befahl den Angriff auf Siegfried! Doch meine Rache wird grausam sein. Ich warne jeden, der an diesem Mord beteiligt war. Ich sende jedem von ihnen einen schrecklichen Tod!«
    Wie zur Bestätigung ihrer Worte schwebten nun gespenstisch graue Nebelkrieger um Siegfrieds Grab. Hagen erschrak, denn er hatte seine Truppen nicht aufgefordert, zu erscheinen. So sehr er auch an dem eisernen Ring drehte und im Geist Befehle erteilte, die Nibelungen reagierten nicht auf seine Anweisungen. Hagen wusste nicht, dass seine Nebelkrieger erbittert mit Dämonen um Siegfrieds Seele kämpften. Die Nibelungen wollten, wie es schon immer ihre Aufgabe war, den Helden zu sich nach Hel, nach Niflheim holen, damit er ihr Heer verstärkte. Die Dämonen aber beanspruchten als Gesandte der Hölle die sündige Seele für sich. Schließlich war Siegfried getauft und unterlag damit in erster Linie der christlichen Mythologie. Nur eine sehr große Macht wie Odin hätte den höllischen Anspruch brechen können. Da der Allvater durch die Entscheidung Ristas auf seinen Anspruch verzichtet hatte und die Nebelheimkrieger zu schwach waren, gehörte Siegfried nun den Dämonen der Hölle.
    Ein angemessener Platz für einen getauften Toten bei mehrfachem Mord und Totschlag, fortgesetztem Betrug und Ehebruch.
     
    *
     
    Der Kerkermeister Ortwin glaubte an vieles – an das Wirken von Elfen und Feen, an die Anwesenheit von Schutzengeln, an die Hilfe von Heiligen bei Krankheiten, an Orakel aus Kräutern und Knochen, ja sogar an Weissagungen aus der Spur des Fuchses im frisch gefallenen Schnee. Aber Ortwin glaubte nicht an die Vorsehung. Er glaubte nicht, dass alles vorherbestimmt war. Denn das widersprach völlig seinen persönlichen Erfahrungen. Wie oft hatten Männer behauptet, es sei ihnen vorherbestimmt, ihm, dem Folterknecht, nie und nimmer etwas zu verraten? Und wie oft verwandelte sie Ortwins Spezialbehandlung in sprudelnde Informationsquellen, die mehr

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