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Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler

Titel: Die Nomadengott-Saga 03 - Die Weltenbaumler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Scherm
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oberen Ecken vier vergoldete Cherubim: ein geflügeltes Kalb, eine geflügelte Katze, ein Falke und ein geflügelter Fisch, der ziemlich waghalsig auf seiner Schwanzflosse balancierte.
    Inmitten der Cherubim erschien plötzlich eine fünfte Gestalt, die diese kaum überragte – ein geflügelter Drache.
    Seshmosis wusste, wer da in Wirklichkeit erschienen war, und sagte respektvoll: »Mein Herr, ich freue mich, dich zu sehen.«
    Der dreißig Zentimeter große Drache hüstelte, wobei er kleine schwarze Rauchwolken ausstieß. Dann blickte er von einem Cherub zum anderen.
    »Ich habe mich immer noch nicht an diese Dekoration gewöhnt. Man hat ja kaum noch Platz, auf seinem eigenen Schrein zu materialisieren.«
    »Aber es sieht sehr gut aus, Herr, das sagen alle.«
    »Na ja, wenn die Menschen so etwas brauchen, damit der Glaube leichter fällt, dann sollen sie es haben. Aber nun zu uns, mein lieber Prophet. Ich habe eine neue Aufgabe für dich!«
    »Aber gern, mein Herr«, sagte Seshmosis in echter Demut.
    »Es ist eher ein Auftrag denn eine Aufgabe. Es ist sozusagen etwas komplizierter, langwieriger.«
    Der kleine Gott brach ab und rang sichtlich nach Worten. Seshmosis wurde misstrauisch. Dann dämmerte es ihm.
    »Willst du, dass ich dafür Byblos verlasse?«, fragte er entsetzt.
    »So könnte man sagen. Der Auftrag lässt sich nicht in Heimarbeit erledigen. Eine Reise ist unbedingt erforderlich.«
    »Aber das geht nicht! Ich bin verliebt!«, protestierte Seshmosis.
    »Ich weiß«, erwiderte der kleine Gott. »Schließlich war ich am Zustandekommen dieser Beziehung nicht ganz unbeteiligt.«
    »Wie? Du hast? Was genau? Und warum?«, stammelte der Prophet.
    »Es ist schon erschreckend, wie ein Mann des Wortes ins Stottern gerät, wenn es um die Liebe geht.«
    »Was hast du? Und überhaupt?«
    »Schon gut, schon gut. Ich möchte doch, dass du glücklich bist. Aber bitte lass uns jetzt zu deinem Auftrag kommen.«
    »Nein! Es gibt keinen Auftrag! Beim nächsten Vollmond werde ich in die ›Gilde der vollkommenen und auserwählten Schreiber im Orient Byblos‹ aufgenommen. Weißt du eigentlich, was das bedeutet? Nein, antworte bitte nicht, denn du weißt es nicht, auch wenn du ein Gott bist! Götter haben von so etwas keine Ahnung, weil sie nicht wissen, was für Menschen wichtig ist.«
    »Erklär es mir bitte, Seshmosis. Ich möchte dich verstehen«, bat GON.
    Seshmosis war überrascht. Der kleine Gott interessierte sich wirklich für ihn.
    »Um in diese Gilde aufgenommen zu werden, muss man Ägyptisch sowohl in Hieroglyphen als auch in demotischen Zeichen schreiben können. Ebenso ist es erforderlich, die assyrische Keilschrift perfekt zu beherrschen. Aber das ist noch lange nicht alles; vor allem muss man mit dem neu erfundenen phönizischen Alephbet, das nur noch aus zweiundzwanzig Zeichen besteht, vertraut sein und es auf alle gängigen Sprachen übertragen können.«
    »Respekt, mein Lieber. Ich weiß, dass du dies alles kannst«, sagte der kleine Drache. »Und weiter?«
    »Weiter? Was weiter? Ach so! Sie nehmen nicht jeden, es kommt auch noch auf die charakterliche Eignung an. Bei der geheimen Abstimmung werfen die Mitglieder dann weiße oder schwarze Kugeln in einen geschlossenen Kasten, Weiß für Ja und Schwarz für Nein. Ich wurde beim letzten Gildentreffen hell leuchtend gekugelt! Nur weiße Kugeln, keine Gegenstimme! Keine einzige schwarze Kugel ist bei mir gefallen!«, rief Seshmosis voller Stolz. »Ich wusste schon immer, dass du toll bist. Seit unserer ersten Begegnung in Ägypten. Deswegen bist du ja auch mein auserwählter Prophet. Doch nun zu deinem Auftrag: Einer deiner Nachfahren ist in ernster Gefahr.«
    »Das hat er anscheinend von mir. Was ist daran so besonders?«, fragte der Schreiber.
    »Er ist leider der Letzte«, sagte der Drache leise und senkte das geschuppte Haupt.
    »Wie – der Letzte? Ich verstehe nicht.«
    »Nun ja, deine Nachkommen sind nicht ganz so zahlreich wie die Sterne am Himmelszelt.«
    »Meine Familie war nie sonderlich expansiv. Wie viele Nachkommen habe ich denn?«, wollte Seshmosis wissen.
    »Zu dem Zeitpunkt in der Zukunft, um den es geht, nicht sehr viele. Um genau zu sein: nur noch diesen einzigen. Ihn müssen wir unbedingt retten!«
     
    *
     
    Auf einer Energie-Ebene, die sich in Byblos und doch nicht in Byblos befand, tobte Mot. Er fühlte sich persönlich beleidigt und war außerordentlich wütend wegen des Einbruchs in seinen Tempel.
    Vor allem die Tatsache, dass bei

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