Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition)
dass Maria Giacinta einmal zwei Opiumpillen verabreicht worden waren und sie daraufhin eine starke Entzündung bekam. Schließlich fragte sie mich, ob ich nicht noch etwas anderes kenne, was tödlich sei.
Ich antwortete: ‹Terpentin, und es ist durchsichtig.›
Darauf sie: ‹Dies kann man nicht einfach beimischen, man würde es bemerken.›
Ab jetzt war mir klar, dass sie die Prinzessin vergiften wollte.
Ich schlug auch ungelöschten Kalk vor. … Ich erinnere mich nicht, ob ich auch Belladonna und Quecksilber erwähnt habe. Sie verließ mein Zimmer und sagte mir, ich sollte mir weitere Möglichkeiten einfallen lassen und das Gespräch geheim halten.»
Terpentin und ungelöschter Kalk führten zu Verätzungen der Verdauungsorgane und zum Tod, aber Maria Luisa musste zunächst mit den bereits vorhandenen Mitteln weitermachen. Am Abend des 9. Dezember erhielt Giuseppa Maria den Auftrag, für die Fürstin Kamillentee zu bereiten, in den Maria Luisa aus «einer weiteren kleineren Tasse» etwas hineinschüttete, wie die Krankenschwester unter Eid bezeugte. Katharina kostete das Getränk, wollte es aber nicht trinken. Es sah schwärzlich aus und schmeckte «widerlich».[ 30 ] Sie bat eine Novizin, den Tee zu probieren. Auch diese fand ihn ungenießbar. Die Novizenmeisterin, die überraschend in Katharinas Zelle auftauchte, tadelte die Novizin äußerst heftig, was Maria Ignazia in ihrer Aussage bestätigte: «Ich füge hinzu, dass dem Kamillentee, der der Prinzessin am Tag gegeben wurde, etwas beigemischt worden sein musste, da Giuseppa Maria sich in solchen Dingen auskennt und dies ehrlich versicherte, und weil die Meisterin uns angeschrien hatte, weil wir ihn probiert hatten. … Ich bin tatsächlich zur Kammer der Prinzessin gerannt, um die Tasse zu beseitigen. Die Meisterin hatte mir das durch Schwester Maria Nazarena aufgetragen.»[ 31 ] Das Gift durfte auf keinen Fall in fremde Hände fallen. Ein Corpus Delicti musste beseitigt werden.
Beide Krankenschwestern, Maria Giuseppa und Giuseppa Maria, waren ab diesem Zeitpunkt endgültig davon überzeugt, dass die Madre Vicaria die Fürstin vergiften wollte, denn die Novizenmeisterin hatte sich auch bei ihnen nicht nur nach der Wirkung von Opium und Brechweinstein erkundigt, sondern sie verlangte nun auch die Herausgabe des Apothekenschlüssels, um damit unmittelbaren und unbeaufsichtigten Zugang zum Giftschrank zu erhalten. Um dem Schlimmsten vorzubeugen, schlossen sich beide Schwestern während des Abendessens, als alle Schwestern im Refektorium zusammensaßen, unbemerkt in der Apotheke des Klosters ein, «leerten alle Gefäße und Dosen, in denen sich giftige Spezifica befanden», und ersetzten diese durch andere gleichfarbige harmlose Pulver.[ 32 ] Statt Brechweinstein gaben sie den gleichfarbigen ungefährlichen Weinsteinrahm in eine Tüte, und Opium wurde durch Süßholz ersetzt. Nach der Vesper händigten sie dann der Vikarin brav den Apothekenschlüssel aus.
Am Freitag, dem 10. Dezember, zur Zeit der Frühmesse, beobachteten beide einen Lichtschein in der Apotheke. Bald darauf kamen Maria Luisa und Maria Ignazia mit einer Laterne in der Hand heraus. Offenbar hatten sie nicht gefunden, was sie suchten. Der einfachste Weg, im Kloster an Gift zu kommen, war damit gescheitert.
Da bot sich an diesem Tag überraschend noch eine andere Möglichkeit, denn die Ärzte hatten Katharina «Abführmittel mit Rizinusöl» verschrieben, wie Schwester Giuseppa Maria aussagte. Bevor die Fürstin diese Medizin bekam, goss die Meisterin einige Tropfen Lack in das Fläschchen mit dem Rizinusöl. Den Lack nahm sie aus Gefäßen mit Farbe und Vitriolsäure, die die Maler, die gerade im Refektorium von Sant’Ambrogio arbeiteten, dort hatten stehen lassen. Giuseppa Maria traf Maria Luisa tatsächlich mit von Ölfarbe verschmierten Händen an, als sie auf dem Weg zur Krankenstation war, um sich dort zu reinigen. Katharina nahm das vergiftete Rizinusöl ein und wurde erneut von heftiger Übelkeit und Erbrechen heimgesucht.
Danach gab Maria Luisa das Arzneifläschchen mit dem Rizinusöl an Giuseppa Maria, die jedoch «aufgrund der Farbe und des Geruchs» sofort bemerkte, dass die Medizin, die man Katharina verabreicht hatte, mit Lack verunreinigt war. Weil sie aber auf Nummer sicher gehen wollte, ließ sie den Inhalt von ihrer Kollegin Maria Giuseppa prüfen, die die Verunreinigung umgehend bestätigte. Sie «war schockiert und rannte mit dem Fläschchen sofort zur Äbtissin».
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