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Die Nordischen Sagen

Die Nordischen Sagen

Titel: Die Nordischen Sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Neuschaefer
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einer der Reifriesen aus der Menge, »gleich wird es regnen. Wie lang dauert’s noch? Wir wollen Götter totmachen!«
    Die Menge grölte: »Ja, Götter totmachen. Totmachen. Totmachen!«
    Loki sah sich um. Der schwarze Haufen drohte mit den Fäusten, einige der Trolle hatten die Zähne gefletscht, und etwas entfernt versuchten zwei Zwerge, einen dritten zu erwürgen.
    Das mit dem Wetter war seltsam. Der Sturm trieb die Wolken jetzt so schnell vor sich her, dass es aussah, als würde ein schwarzer reißender Fluss über ihre Köpfe dahinrasen. Loki rieb sich die Handknöchel. Sie warteten auf seinen Befehl. Dieser elende Odin!
    »Totmachen! Totmachen!«
    Ein Reifriese hatte sich jetzt auf die Schultern eines anderen Riesen gesetzt: »Krieger, wir gehen die Götter suchen, schlagen ihnen den Kopf ab, und alles gehört uns! Kommt!«
    Schon bahnte sich der Riese einen Weg durch die Menge, und das Heer folgte ihm.
    Loki fasste sein Schwert und lief dem neuen Anführer hinterher. Einen Moment aber blieb er noch neben der Midgardschlange stehen.
    »Jörmungand, geh und finde heraus, was die Götter vorhaben! Beeil dich!«
    Sofort glitt die Riesenschlange davon.
    Loki holte den Anführer der Unruhen mit wenigen Schritten ein. Ohne ein Wort zu sagen, stieß er ihm sein Schwert in die Brust und beobachtete ungerührt, wie der Reifriese zusammenbrach und vor ihm liegen blieb. Loki stieg auf den toten Körper des Riesen, sodass das gesamte Heer ihn sehen konnte.
    Das dunkle Volk begann zu zischen und zu spucken, und Loki spürte, dass die nächsten Sekunden darüber entschieden, ob er der Anführer dieses Haufens bleiben würde.
    Da sirrte etwas durch die Luft genau auf ihn zu. Loki konnte nicht erkennen, was es war, doch schon im nächsten Augenblick fiel ein Bergriese, der eben noch seine Steinschleuder gegen ihn erheben wollte, vor Loki in den Schlamm. Sein Schädel zertrümmert von einem gewaltigen Hammer, der sich jetzt wie von selbst aus der Wunde löste und wieder durch die Luft davonschwirrte.
    Loki riss den Kopf nach oben und blickte in den Himmel. Die Wolken hatten jetzt eine Art Tunnel gebildet, eine riesengroße Röhre, die sich genau zum Wigridfeld hin öffnete.
    »Sie kommen!«
    Zu mehr kam Loki nicht mehr, denn in diesem Moment sahen es alle. Durch die schwarzen Wolken hindurch jagte Odin auf sie zu. Odin, der Götterfürst. Sein achtbeiniger Hengst Sleipnir schimmerte in der Dämmerung wie ein Pfeil aus weißem Licht. Er selbst hatte sich nach vorn über den Hals des Pferdes gebeugt. Sein blauer Mantel flatterte hinter ihm her, und in der rechten Hand hielt er seinen Speer Gungnir, bereit zum Kampf.
    Unter dem goldenen Helm sah Loki jetzt das Gesicht des Göttervaters. Dort, wo kein Bart die Haut bedeckte, trug Odin die Runen der Rache. Er kam schnell heran. Hinter ihm die unermesslich große Schar seiner Einherjer, seiner Geisterkrieger. Loki konnte nicht genau erkennen, wie viele es waren, denn ihre Körper schienen beinahe durchsichtig zu sein. Die Einherjer folgten ihrem Herrn in geschlossenen Reihen.
    »Hebt die Waffen!«, brüllte Loki. »Ihr müsst sie angreifen, sobald sie landen!«
    Doch die meisten seiner Krieger waren wie gebannt von dem furchterregend schönen Anblick des göttlichen Heers. Mit aufgerissenen Augen und Mäulern glotzten sie in die Wolken.
    Jetzt konnte Loki auch Thor ausmachen. Das rote Haar des Donnergottes wehte im Wind. Er stand aufrecht auf seinem Streitwagen, den die beiden Ziegenböcke mit ausgreifenden Sprüngen über die Wolken zogen. Thor trug lediglich einen Kampfrock aus Fell, der von seinem Kraftgürtel gehalten wurde.
    »Surtur, zu mir!« Loki winkte den schwerfälligen Anführer der Feuerriesen zu sich heran.
    »Halte ihn auf! Du musst Thor stoppen!«
    Loki trat hinter den Feuerriesen und suchte das Schlachtfeld nach einem möglichen Versteck ab. Hatte Thor ihn gesehen? Würde das nächste Sirren des Donnerhammers ihm selbst gelten?
    Der Boden unter Lokis Füßen bebte. Das Heer der Asen war auf dem Wigridfeld gelandet, und der Himmel spuckte immer weitere Krieger aus. Asen wie Vanen. Seitean Seite stürmten sie in den letzten Kampf. Loki blickte sich um. Zu seiner Erleichterung sah er, dass sich der dunkle Haufen gefangen hatte. Überall rangen Geisterkrieger und Riesen miteinander. Waffen schlugen klirrend aufeinander.
    Wo war Thor? Loki hatte ihn im Gewühl aus den Augen verloren. Auch Odin war zwischen den Kämpfenden verschwunden. Plötzlich hob Surtur, der immer

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