Die Oger - [Roman]
in Mitleidenschaft gezogen worden war bis auf ... das Schaf. Es lag zwischen seinen angewinkelten Beinen und hatte den Kopf in einer recht ungewöhnlichen Stellung nach hinten gelegt. Zu weit nach hinten.
Mogda hockte sich auf die Knie und betrachtete das Tier. »Siehst du«, brummte er, »beide haben wir nachgedacht, und doch wurde das Problem durch Gewalt gelöst. Ist eben doch der beste Weg.«
Der Oger stutzte. Ihm kamen seine Gedanken irgendwie fremd vor. Er griff sich an die Brust, und stellte fest, dass der Anhänger noch unversehrt um seinen Hals hing. Er konnte ihn nur nicht sehen, weil die Kette zu stramm saß und sein vorstehendes Kinn ihm den Blick darauf verwehrte.
Nachdem er sich erhoben hatte, schleifte er das tote Tier hinter sich her in den Turm. Er würde Feuer machen und dann erst einmal essen. Wenn er nicht in außerordentlicher Eile war, briet er sein Fleisch immer. Nicht wie diese ungehobelten Orks, die alles roh in sich hineinschlangen und meist sogar darauf verzichteten, das Fell abzuziehen. Wie wilde Tiere, dachte er. Aber was sollte man auch anderes vermuten bei solchen Kriegstreibern, die nur aufs Töten aus waren. Sie waren sofort zu begeistern, wenn es darum ging, die Hüttenbauer anzugreifen und ihre Siedlungen niederzubrennen. Vielleicht, weil die Hüttenbauer so viel klüger waren als sie.
Mogda überlegte sich, ob die Orks ihn auch töten würden, wenn er mit einer kleinen Forke bewaffnet dieses Schaf essen würde. Vielleicht würden sie sogar denken, dass er jetzt in dem Turm wohnte, und das würde sicher den Hass der Orks schüren. Moment mal ... im Turm wohnen? War das nicht eine ausgezeichnete Idee?
Der Turm war groß genug, die Höhe vollkommen ausreichend, da keine Zwischendecke eingezogen war. Es konnte nicht hineinregnen, und er hätte das Problem mit den Tieren auch gleich gelöst. Hervorragend.
Mogda sah sich um. Die Möbel konnte man durchaus auch zu anderen Zwecken verwenden als etwa zum Sitzen. Jeder Einrichtungsgegenstand, der von einem Oger nicht mal als Fußbank benutzt werden konnte, wurde zu Feuerholz gemacht. Somit verschwanden aus dem Raum ein Schaukelstuhl, eine kleine Trittleiter, die schon am Vorabend zu Bruch gegangen war, sowie etliche Gegenstände, deren Nutzen Mogda nicht erkennen konnte. Das Holz reichte zwar nicht aus, um den Winter über damit zu heizen, aber er wohnte ja mitten im Wald und konnte sich jederzeit etwas Feuerholz schlagen. Sogleich begann er mit bloßen Händen die Möbelstücke zu zerkleinern und im Kamin aufzuschichten. Meister Trebor lag noch immer neben der Feuerstelle und strafte Mogda mit einem vorwurfsvollen starren Blick, der wohl kaum daher rührte, dass sein Mobiliar gerade zu Bruch ging. Die beiden anderen Toten teilten sich einen Platz draußen vor der Tür.
Mogda war nicht besonders empfindsam, doch die vielen Leichen in und vor seinem neuen Zuhause mussten verschwinden. Wenn zufällig jemand vorbeikam und sie sah, konnte diese Aufmerksamkeit nur Ärger nach sich ziehen. Er wusste, dass die Hüttenbauer ihre Toten begruben, meist einzeln und an dafür vorgesehenen Plätzen, mit kleinen Steintafeln, die sie oben auf das Grab setzten und mit Schriftzeichen verzierten. Sie gaben sich immer viel Mühe dabei und brachten manchmal sogar Geschenke vorbei und legten sie auf die Grabstätte. Wobei Mogda nie verstanden hatte, ob sie den Toten damit eine Freude machen oder sie ärgern wollten, weil die Verstorbenen ja an die Geschenke nicht herankamen.
Er würde auf keinen Fall in dem wurzeldurchzogenen Waldboden drei Löcher graben. Ein großes musste reichen. Die drei waren schließlich befreundet und lebten zusammen, somit konnten sie auch zusammen in einem Grab liegen.
Mogda ging nach draußen, nahm sich eine Schaufel, die neben der Tür lehnte, und begab sich zum nördlichen Teil der Lichtung. Er schaufelte mit nur einer Hand, weil das Werkzeug viel zu klein für seine Statur war. Die Arbeit ging dennoch schnell voran, denn der Boden war trocken und somit sehr leicht. Die Wurzeln der Bäume erstrecken sich mehr in die Tiefe als in die Breite und leisteten kaum Widerstand. Mogda ragte jedoch noch immer zur Hälfte aus dem Loch, als er seine Arbeit beendete. Er stieg schwerfällig über den Rand und warf die Schaufel mit einem angewiderten Blick zurück in die Grube.
Der frische Wind kühlte den Oger ein wenig ab. Diese Art von körperlicher Betätigung fiel ihm trotz seiner gut ausgeprägten Muskeln schwer, da sie ungewohnt
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