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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wenig Intelligenz, grünliche Körperfärbung, lebt in Rudeln, gefährlich.
    Mogda stimmte den kurzen Stichworten von Herzen zu. Zwar würde er Orks eher hinterhältig als gefährlich nennen, aber in Bezug auf Menschen würde das wohl zutreffen. Er klappte das Buch zu und eilte zurück in seine neue Behausung. Nach einigen Schritten blieb er stehen, drehte sich um und sagte: »Wenn ich es nicht mehr brauche, bring ich es zurück.« Dann ging er weiter.
    Als er vor der riesigen, halbrunden Bücherwand stand, war er vollkommen sprachlos. Er konnte jeden Titel in dieser Bibliothek lesen. Dort stand nicht ein einziges Buch, welches ihm seine Geheimnisse nicht preisgegeben hätte. Er fragte sich, was es wohl alles so Wichtiges geben könnte, dass man damit so viele Bücher füllen wollte. Niemand könnte das alles lesen, geschweige denn behalten. Und wer hatte so viel Zeit, das alles aufzuschreiben? Es blieb ihm ein Rätsel. Er selbst musste ständig auf der Suche nach Nahrung sein, wenn das Schicksal es nicht so gut mit ihm meinte wie im Moment. Wenn er dann ausreichend Essen hatte, war er wieder auf der Flucht vor den rechtmäßigen Besitzern des Essens. Dann musste er die Nahrung zubereiten. Danach war er meist müde und machte ein Schläfchen. Wenn er aufwachte, knurrte höchstwahrscheinlich sein Magen wieder. Und so ging es Tag für Tag. Bis auf ein paar kleine Pausen hätte er also keine Zeit zum Schreiben und Lesen. Moment mal, zum Schreiben? Konnte er vielleicht auch schreiben? Er schaute auf die Erde und suchte bei den heruntergefallenen Utensilien nach Schreibwerkzeugen. Alles, was er fand, war ein kleiner, schon bis zur Hälfte abgenutzter Kohlestift, der nicht einmal groß genug war, um sich die Fingernägel damit zu reinigen. Zumindest keine Ogerfingernägel.
    Aber im verloschenen Kaminfeuer fand er einen verkohlten Holzscheit, den er in die rechte Hand nahm und vor einem freien Stück Mauer an den Stein setzte. Was sollte ich denn schreiben? Grimmig senkte er den Blick und klemmte konzentriert die Zunge zwischen die Lippen.
    MOGDA WAR HIER.
    Es war ganz einfach. Er musste sich nur an die gelesenen Wörter erinnern und sie nachmalen. Seinen Namen hatte er einfach nur nach den Lauten geschrieben, die auch in anderen Worten vorkamen, zum Beispiel in mogeln und davon.
    Mogda war begeistert. Er war bestimmt der schlaueste Oger seiner Familie, oder vielleicht war er sogar der schlauste Oger überhaupt. Was könnte er nur alles machen mit seinen neuen Fertigkeiten. Er könnte ... er könnte ... doch plötzlich war sein Kopf wie leergefegt. Er könnte noch nicht mal einem anderen Oger etwas schreiben, da diese ja alle nicht lesen konnten, und wem sollte er schon eine Nachricht zukommen lassen?
    Egal, erst mal musste er jetzt dringend etwas essen, und das Schaf würde sicherlich nicht besser werden, wenn es noch lange in der Sonne herumlag. Er legte etwas Reisig aus einem Korb in den Kamin. Dann löste er zwei abgeflachte Flintsteine, die so groß waren wie die Teller der Hüttenbauer, von seinem Ledergürtel und entfachte damit in geübter Weise ein kleines Feuer. Am späten Nachmittag hatte er sein Mahl beendet, und es wurde Zeit für ein kleines Verdauungsschläfchen. Er kauerte sich auf das Bett, von dem nur noch die Matratze übrig geblieben war und schlief kurze Zeit später erschöpft ein.
 
    Mogda erwachte erst am nächsten Morgen. Dies war für ihn aber nicht ungewöhnlich und auch für sonst keinen Oger, den er kannte. Ausgeruht und zufrieden nahm er sich vor, die Bücher näher in Augenschein zu nehmen. Sie zogen ihn so tief in den Bann, dass er jede freie Minute darin las. Er hatte meist mehrere Bände gleichzeitig aufgeschlagen, da in vielen Verweise zu finden waren, die auf andere der Fibeln und Folianten hinwiesen. Er verzettelte sich so sehr dabei, dass es ihm unmöglich war, ein Werk komplett durchzulesen.
    Nach etlichen Tagen des Stöberns machte ihn das Lesen unzufrieden und übellaunig, und er begann, die Bücher wieder in die Regale zu stellen, um ein anderes Mal weiterzumachen. Vielleicht würde das mehr bringen. Wenn man ein Wild nicht einholen konnte, dann suchte man sich am besten ein anderes. Er hatte gerade die letzten Bände in die Regale gelegt, als er von draußen das Schnauben eines Pferdes hörte.
    Mogda schossen alle möglichen Vermutungen durch den Kopf, vom entlaufenen Ackergaul über ein Einhorn bis hin zu einem Ritter mit gesatteltem Streitross. Wobei ihm die letzte Möglichkeit

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