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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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mich mit aufgerissenen Augen zitternd ansah.
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte ich. »Du bist, gleich in Sicherheit.«
    Ich zog den Stuhl heran und stieg auf ihn, um dann das Mädchen hochzuheben. »Hier, versuch mal, die Klapptür zu fassen ... genau so ... halt dich fest.«
    Das Mädchen wimmerte, während es versuchte, durch die Klapptür zu klettern. »Komm schon«, drängte ich. »Du musst dich nur hochziehen.«
    Das Kind bemühte sich noch immer, als ich im Korridor das laute Scharren von Klauen hörte, gefolgt von einem gewaltigen Knall, als sic h Brown Jenkin mit aller Kraft gegen die Tür warf. Der Türrahmen bebte, und der Schlüssel fiel aus dem Schloss.
    »Ouvrez! Ouvrez!«, kreischte Brown Jenkin. »Mach die Tür auf, fucker-fucker!«
    Das Mädchen verkrampfte sich und verlor den Halt, rutschte zu einer Seite weg und hätte mich fast vom Stuhl geworfen.
    »Open up bastard merde!«, tobte Brown Jenkin, während er brutal am Türgriff riss und gegen das Holz trat. Als eine der unteren Vertäfelungen zersplitterte und nachgab, trat Brown Jenkin noch einmal dagegen.
    »Beeil dich!«, trieb ich das Mädchen an und hob es wieder hoch. Das Kind war vielleicht zehn oder elf Jahre alt und ziemlich unterernährt, trotzdem war es schwer genug, um mich außer Atem zu bringen.
    »Ich reiße deine Speiserühre raus, Bastard!« Brown Jenkin bearbeitete mit brutaler Gewalt die Tür, bis auch eine der oberen
    Vertäfelungen zu splittern begann. In dem Augenblick dankte ich Gott dafür, dass er viktorianische Türen so stabil hatte konstruieren lassen.
    Das Mädchen versuchte nochmals, sich durch die Klapptür nach oben zu ziehen. Ich hob es so hoch, wie ich konnte, während sein Unterrock mich fast erstickte, der süßlich sauer nach Lavendel und angespitzten Bleistiften roch.
    »Mach schon«, flehte ich das Kind an. »Du kannst es, wenn du dir wirklich Mühe gibst!«
    Es schien aber völlig kraftlos und willenlos zu sein. Als Brown Jenkin dann die nächste Vertäfelung zerschmetterte, ließ das Mädchen die Arme schlaff herabhängen und senkte den Kopf, als habe es sich bereits damit abgefunden, in Stücke gerissen zu werden.
    »Versuch es, um Gottes willen«, brüllte ich es an. »Sonst fängt er uns!«
    Bauz! Da geht die Türe auf, Und herein in schnellem Lauf, Springt der Schneider in die Stub'.
    Ich sah, dass Brown Jenkins Krallen sich durch das splitternde, berstende Holz bohrten. Er ging fast selbstmörderisch daran, uns einzuholen. Ich wusste, dass er uns noch schlimmer behandeln würde als Reverend Pickering. Er würde uns gnadenlos in Stücke reißen.
    »Versuch es doch bitte!«, sagte ich zu dem kleinen Mädchen, aber es reagierte nicht. Viel länger würde ich es nicht mehr halten können. Ich dachte an Danny, Janie und auch an Liz. Der unwürdige und feige Gedanke kam mir in den Sinn, dass ich das Kind würde zurücklassen müssen, um wenigstens mein eigenes Leben zu retten.
    Immerhin: Was hatte Dennis Pickering noch gleich gesagt? >Wenn wir es mit ins Jahr 1992 nehmen, wäre es dort über hundert Jahre alt. Vielleicht bringen wir es im Grunde ebenso um, wie Kezia Mason es macht! Vielleicht sogar auf noch grausamere Weise !<
    Ein Teil der Tür wurde herausgeschlagen, und als ich mich umdrehte, sah ich, wie Brown Jenkin aus der Dunkelheit des
    Korridors zu mir herüberblickte. Die Augen wie Pfeilspitzen, die Zähne wie zerbrochene Milchflaschen. Seine Klaue schob sich durch das Loch in der Tür und begann, nach dem Griff zu suchen. »Mach schon«, schrie ich das kleine Mädchen an. »Um Himmels willen, mach endlich!«
    In dem Augenblick geschah ein Wunder. In der Klapptür über mir tauchte Liz' Gesicht auf. »David?«, fragte sie. »Was ist los? Ich habe dich schreien gehört.«
    »Hilf ihr rauf«, sagte ich, während Brown Jenkin wie wild an dem Türgriff riss.
    »Was?«
    »Sie kann nicht raufklettern, sie hat die Nerven verloren! Bitte, zieh sie rauf!«
    Liz schob sich vor und bekam die Handgelenke des Mädchens zu fassen. »Na komm«, sagte sie aufmunternd. »Du kannst das.«
    »Liz!«, brüllte ich sie an. »Beeil dich doch!«
    »Ich tue, was ich kann«, schrie sie zurück. »Ich bin nicht Arnold Schwarzenegger!«
    Wie ein Sack Reis ließ sich das Mädchen von Liz hochziehen, während ich Liz die Arbeit ein wenig erleichterte, indem ich das Kind nach oben hob, um sein Gewicht zu verringern. Einen Moment lang befürchtete ich, Liz könnte es nicht schaffen, immerhin war sie selbst nicht viel größer

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