Die Opodeldoks
Kopf hat das Huhn so einen roten Lappen. Und unter dem Schnabel auch zwei.«
»Ach, das meinst du«, sagte Eulalia.
»Das Tier kennen wir«, rief Fleda. »Das schaut da hinten am Berg aus einem Loch, nur hundert Schritte weiter. Wahrscheinlich ist es wieder...«
»Besoffen«, ergänzte Eulalia angewidert.
»Ja, leider völlig blau«, sagte Fleda.
»Dann kann es nicht Helene sein«, sagte Deldok. »Mein Huhn ist nicht blau. Es hat ganz weiße Federn, es ...« »Doch nicht so blau!«, unterbrach ihn Eulalia.
»Es hat was getrunken«, erklärte Fleda.
Deldok war verwirrt. »Getrunken?«, fragte er. »Warum sollte Helene denn nichts trinken?«
»Du verstehst nicht«, sagte Eulalia geduldig. »Es hat was Falsches getrunken ...«
»... und hat zu viel davon getrunken«, ergänzte Fleda. »Ist - ist es nun krank?«, fragte Deldok aufgeregt.
»Ja, so kann man es nennen«, sagte Eulalia und nickte. Arme Helene, dachte Deldok. Wahrscheinlich ist sie krank vor Kummer, weil sie mich nicht findet. Ich muss gleich zu ihr!
»Vielen Dank, Eulalia und Fleda, dass ihr mir geholfen habt. Und guten Abend«, rief er und rannte los.
»Guten Morgen, guten Morgen!«, riefen ihm die beiden nach, als er schon in der angezeigten Richtung verschwunden war.
Dann blickten sie sich an, so gut eben eine sitzende Eule eine hängende Fledermaus angucken kann, und sagten im Chor: »Wirklich ein sehr höflicher...« Hier stockten beide. Fleda fragte: »Wie war doch gleich sein Name?« »Das wollte ich dich gerade fragen«, sagte Eulalia.
»Na ja. Jedenfalls war er ungewöhnlich wohlerzogen«, lobte Fleda.
Und Eulalia nickte zustimmend.
Ein Untier
Deldok trat aus dem Wald und schaute sich nach allen Seiten um. Vor ihm ragten die Waldlandberge auf. Sie stiegen genauso steil an wie auf der anderen Seite die Graslandberge.
Im Grasland gab es allerdings eine Stelle, wo sich ein sanft ansteigender Felshügel so an die Steilwände schmiegte, dass Deldok ohne Mühe ein paar Meter nach oben klettern konnte. Das war der Hügel, in dem sich die Opodeldokhöhle befand.
Und dann entdeckte Deldok, dass es hier, im Waldland, eine ähnliche Stelle gab: eine kleine Anhöhe, die langsam in die Steilwand überging. Es sah fast so aus wie zu Hause. Nur, dass hier Büsche und kleine Bäume auf dem Abhang wuchsen und kaum Gras.
Deldok rannte darauf zu.
Er fand zwar keinen Höhleneingang, aber er entdeckte, dass sich zwei große, runde Löcher in der Schräge befanden. Eines unten, fast am Fuß des Abhangs. Das andre genau darüber, mindestens sieben Hühnerlängen weiter oben.
Deldok stieg ein paar Schritte hinauf zum ersten Loch. Links und rechts von den beiden Löchern standen dichte, undurchdringliche Büsche. Aber dazwischen gab es einen schmalen Streifen, auf dem nur kurzes Gras wuchs.
»Helene?«, rief Deldok und beugte sich über das Loch. Es war so dunkel darin, dass er nichts erkennen konnte. Er kletterte auf dem Grasstreifen weiter zum zweiten Loch. Es war genauso dunkel da unten.
»Helene!«, rief er noch einmal. »Helene, bist du da drinnen?«
Er wollte schon wieder nach unten steigen, als plötzlich der riesige Kopf eines Vogels aus dem Loch auftauchte. »Wasislos hier?«, kreischte der Kopf. Und obwohl Deldok noch nie in seinem Leben einen Gockel gesehen hatte, war ihm sofort klar, dass es sich bei dem Vogel nur um ein männliches Huhn handeln konnte.
Der Gockel schrie: »Kommher, wennuwaswills! Dir geb ichs! Hierkommtkeinerrein, keiner!«
Der Gockel versuchte mit seinem Riesenschnabel nach Deldok zu hacken. Doch passten offenbar nur sein Kopf und der Hals durch das Loch und nicht sein Körper. Deldok wich einen Schritt zurück und war damit in Sicherheit.
Blitzartig, wie er aufgetaucht war, verschwand der Kopf wieder im Loch. Deldok kletterte die Anhöhe hinunter. Der große Gockel war ihm unheimlich, er wollte schnell aus seiner Nähe verschwinden.
Doch als er gerade am unteren Loch vorbei wollte, schoss der Gockelkopf da heraus und zeterte weiter: »Kommher, dir reiß ich alle Federn einzeln aus! Komm- her! Kraaaah! Trausdichnich! Trausdichnich!«
Deldok kletterte wieder ein Stückchen den Hang hinauf. Der Gockel versuchte ein triumphales Krähen, aber es gelang ihm nur ein »Kikerihicks ... Kikerikiihup!« Schließlich legte der Gockel seinen Kopf auf den Rand des Loches und schlief sofort ein.
Deldok saß in der Falle. Weiter oben gab es nur das zweite Loch und dann die steile Bergwand. Unter ihm, in der Mitte des schmalen Grasstreifens, war das Loch,
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