Die Opodeldoks
auf zwei Schienen zum Obergeschoss hinaufbewegen ließ. Eine Treppe schien es nicht zu geben.
Neben dem Haus stand ein gewaltiger Ofen. Aus seinem Schornstein quoll schwarzer Rauch und unten am Ofen befand sich eine große Metalltür.
Ein rußiger Kerl kam gerade mit einem Arm voller Holz hinter dem Haus hervor und öffnete die Ofentür mit dem
Fuß. Für einen Augenblick wurden Reste von Glut im Ofen sichtbar, dann warf der Bursche mit Schwung das ganze Holz in die Feuerstelle und knallte die Tür wieder zu.
Ganz entfernt sah er einem Opodeldok ähnlich. Einem sehr finsteren allerdings, denn auch ohne Ruß hätte er wohl ziemlich erschreckend ausgesehen. Das Auffallendste an ihm war eine große, silberglänzende Nase. Der Kerl ging zur anderen Ofenseite, wo ein großer Haufen Steinbrocken aufgetürmt war, und schaufelte rasch eine Schubkarre mit diesen Brocken voll. Und während er diesen Schubkarren eine kleine Anhöhe hinaufschob, an der sich oben eine Rampe befand, begann er - trotz der schweren Arbeit - zu singen:
»Silbermünzen, Silberkanne,
Silbertassen, Silberwanne,
Silberschuhe, Silberflasche,
Silbergabeln, Silbertasche!«
Jetzt schüttete er die Brocken in einen großen Trichter, der oben in dem Ofen steckte.
Silberluxusblumenvase
und als bestes Stück der Sammlung:
EINE SCHÖNE SILBERNASE!«
Die Stimme des Burschen klang genauso, wie er aussah: grob und rußig.
»Silber, Silber, Silber, Silber, Silber ...«, trällerte der Schwarze vor sich hin, schob einen Steintiegel vor eine kleine Klappe in der Mitte des Ofens und holte einen großen Eisenhaken.
Helene wich unwillkürlich ein paar Schritte zurück und versteckte sich hinter einem Busch.
Der Ofen qualmte nun wie verrückt.
Der Rußige öffnete die Klappe und sogleich zischte ein qualmender Silberstrahl aus dem Ofen und floss in den Tiegel. »Silber, Silber, Silber!«, schrie der Kerl begeistert und steckte schließlich sogar seine Nase in die heiße, silberne Flüssigkeit.
Aber er schien keinen Schmerz zu empfinden. Laut grölte er sein Lied zu Ende:
»Silber kann man gut gebrauchen, um die Nase reinzutauchen.«
Er nahm den glühenden Silberbarren mit einer Zange aus dem Tiegel und marschierte zu dem Aufzug.
Helene musste handeln, bevor der Typ wer weiß wohin verschwand. Sie hatte ein bisschen Angst vor ihm. Aber schließlich war er der Einzige weit und breit, den sie nach dem Weg fragen konnte.
»Hallo, Sie, hallo!«, rief sie und kam aus ihrem Waldlandversteck. »Ich habe mich verflogen, verflogen«.
Der Kerl nahm die Hand von der Seilwinde. »Dann verflieg dich gleich weiter. Ich kann keine Zuschauer brauchen, hier ist kein Marionettentheater.« - Auf einmal klang er nachdenklich: »Und überhaupt, was bist du denn für ein komischer Vogel? So was hab ich doch schon einmal gesehen, ganz früher, als ich jung war...« Er setzte den Silberbarren ab und ging langsam auf Helene zu. »Sag nichts, sag nichts ... Du bist - ein Truhn, jawoll, jetzt hab ich’s: ein Truhn!«
Helene war beleidigt. »Ein Truhn? Was soll das denn sein, gagack? Ein Huhn bin ich, bitte schön, ein Huhn!« »Egal, ob Huhn oder Truhn - ihr stört mich beide! Verstanden? Beide! Also verschwindet!!«
»Ich geh erst weg, wenn ich weiß, wo mein Opodeldok- deldok geblieben ist.«
»Opodeldok?«, knurrte der dunkle Kerl erstaunt. »Bei meiner silbernen Nasenspitze, siehst du nicht, dass der
Opodeldok vor dir steht? In voller Lebensgröße, Silbererz und Feuerstrahl! Hast du Körner auf den Truhnau- gen? Und nun verschwinde!«
»Du, ein Opodeldok?«, kreischte da Helene. »Nie im Leben bist du ...«
Doch da blieb ihr das Kreischen im Halse stecken, denn auf die Lichtung hüpften knarzend und rasselnd die beiden Holzroboter.
Helene startete mit einer Geschwindigkeit, die man der alten Henne gar nicht zugetraut hätte. Fast so schnell wie ein Grashüpfer war sie in der Luft und flügelflatternd im Wald verschwunden.
Die Hupfkisten kamen auf den silbernasigen Opodeldok zu.
»Warum kommt ihr ohne Holz zurück, ihr Holzköpfe?«, fuhr er sie an, doch schon ließen sie Helenes Silberei vor seine Füße rollen.
Der Silberdeldok war völlig verblüfft. »Wo habt ihr das her?«, fragte er. Seine Augen bekamen einen wilden Glanz. »Das ist Silber, gutes Silber, das muss hinauf in meine Silbersammlung.«
Die beiden Hupfkisten begannen nun aufgeregt zu schnattern und zu quieken und zu dröhnen. Der Silberdeldok verstand ihre Sprache wohl ganz genau, denn er schüttelte langsam seinen Kopf,
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