Die Opodeldoks
aus dem der Gockelkopf schaute. Seitlich standen dichte, undurchdringliche Büsche. Dahin konnte er nicht aus- weichen. Schon gar nicht jetzt, wo es immer dunkler wurde und kaum noch etwas zu erkennen war.
Ein schräg gewachsener Baumstamm ragte am Rand der Büsche aus dem Felsen, in sicherer Entfernung von den beiden Löchern.
Deldok machte es sich darauf bequem, so gut es ging. Er stopfte sich ein bisschen Moos unter den Rücken und starrte in den dunklen Himmel.
Er hatte etwas, was er bis dahin noch nicht gekannt hatte: Heimweh nach dem Grasland.
Und Hunger auf getrocknete Spiegeleier und Sehnsucht nach Helene. Aber außerdem war er - glücklicherweise
- todmüde von all den Strapazen und Aufregungen.
Und noch ehe der Mond über dem Waldland aufging, war Deldok eingeschlafen.
Opa denkt nach
Wie abersah es inzwischen im Grasland aus? Nach Del- doks und Helenes Abflug herrschte dort ein heilloses Durcheinander. Nichts klappte mehr, alles ging drunter und drüber.
Zunächst wollte der Opozähldok beweisen, dass er mit Hühnern und Eiern viel besser zurechtkam als Deldok. (Das ist ja öfter so, dass Leute, die gut rechnen können, auch meinen, sie könnten sonst alles am besten.) Deshalb hängte er allen Hühnern ein Schild um, mit einer Zahl drauf, in Zahlen war er ja sowieso vernarrt. Dann rief er: »Nummer eins bis fünf!«, und hoffte, jetzt würden die Hühner mit den Zahlen eins bis fünf in die Legekörbe steigen und ihre Eier legen. Dann sollten die Nummern fünf bis zehn drankommen und so weiter, das kann sich ja jeder vorstellen.
Nun ist es aber so, dass sich Hühner einen feuchten Hühnerdreck um Zahlen kümmern. Schließlich können ja die wenigsten lesen! Außerdem: Ein Ei kommt, wenn es will, und richtet sich nicht nach der Nummer seines Huhnes. Zu allem Unglück fehlte natürlich Helene, die immer fabelhaft zwischen Hennen und Opodeldoks ge- dolmetscht hatte.
Die Hühner jedenfalls kümmerten sich keinen Deut um des Opozähldoks Wünsche, im Gegenteil, sie wurden durch die Zählerei immer nervöser und flatterten herum,
als hätten sie Juckpulver unter den Flügeln. Manche drängten sich zu viert gleichzeitig auf ein Nest, andere legten ihr Ei wie früher in die Wiese oder gar in den Teich und eine Henne legte ihr Ei sogar aufs Wohnhöhlen- dach, von wo das Ei natürlich sofort herunterrollte und auf dem Steinbank-Stammplatz des Oberdeldoks zerplatzte.
»Hühnerfraß und Federdreck!«, schrie da der Oberdeldok.
»Nein! Ich halt’s nicht mehr aus. Ich-halt-das-nicht-mehr- aus!«, jammerte der Oberzähldok. »Wozu hab ich denn die Nummern ausgeteilt? Nummer fünf und acht, sofort aus dem Nest, marsch! Erst kommt Nummer zwei! Zwei, nicht acht!! Nein, nein, nein! Wo ist Nummer vier???« Die Hennen gackerten immer aufgeregter durcheinander, von den Felswänden um das Grasland gackerte das Echo zurück. Omadeldok hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu, wobei ihr der Korb mit den frisch getrockneten Spiegeleiern vom Schoß rutschte.
Opadeldok rief ein ums andere Mal: »Früher war alles schlechter!« Aber er glaubte im Augenblick wohl nicht so recht an seinen Lieblingsspruch.
Beim Mittagessen wurde die Stimmung noch mieser - wenn dies überhaupt möglich war.
»Sollen das etwa Spiegeleier sein?«, knurrte der Oberdeldok.
»Nein, Rühreier«, sagte der Opozähldok gekränkt. »Die Spiegeleier-Bratanlage hat nicht funktioniert.«
»So? Nicht funktioniert! - Das sind keine Rühreier, das sind Schuhsohlen!!«
Der Opozähldok putzte sich eine Träne von der Brille. »Und warum bekomme ich nur ein Ei und nicht drei???«, fragte der Oberdeldok weiter.
»Das Eierlegen hat nicht richtig funktioniert«, sagte der Opozähldok.
»Das habe ich bemerkt, Hühnerdreck und Feder...!«, rief der Oberdeldok. »Funktioniert denn gar nichts mehr in diesem Land, seitdem Deldok weg ist?«
»Früher war alles ...«, wollte Opadeldok hinzufügen, aber »Ruhe!«, brüllte der Oberdeldok. »Kann man denn nicht mal ausreden hier?«
Und dann sagte er lange, lange nichts mehr, sondern stocherte lustlos in seinen Schuhsohlen, will sagen seinem Rührei herum. Und die anderen taten dasselbe. Omadeldok seufzte: »Ach, der arme Junge! Wo er nur sein mag?«
Opadeldok antwortete: »Keine Angst, der kommt schon wiedergeflogen, früher oder später. Früher war alles...« »Wenn er sich alles angeschaut hat«, unterbrach ihn der Opozähldok, »kommt er bestimmt zurück.«
»Und wenn er den Weg nicht mehr findet?« Omadeldok war sehr besorgt.
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