Die Orks 01 - Die Rückkehr der Orks
dass die Hohepriesterin von Shakara mehr von einem Ork an sich hatte, als sie sich eingestehen wollte.
Loreto jedoch konnte darüber ganz und gar nicht lachen. Seine vornehm blassen Gesichtszüge verfärbten sich dunkel, und Zorn funkelte in seinen schmalen Augen. »Das genügt!«, brüllte er wütend. »So etwas braucht sich der Befreier von Tirgas Lan nicht bieten zu lassen! Vorwärts, meine Krieger! Ergreift sie, und wenn sie Widerstand leisten, so lasst keinen von ihnen am Leben!«
Die Elfenkrieger nickten entschlossen und schritten mit blanken Klingen auf die unbewaffneten Gefährten zu. Ein geflüstertes »Oje-oje« kam Rammar über die Lippen, dann waren die Elfen heran – und …
Ein gleißender Blitz flackerte grell durch die Schatzkammer, blendete sie alle für einen kurzen Augenblick, dann leuchtete auf einmal wieder der Strahl aus blauem Elfenlicht, der durch den Schacht zum Thronsaal fiel – und in diesem Strahl und aus dem Krater, den der untote Drache hinterlassen hatte, stieg die Elfenkrone empor!
Alle Anwesenden – die Elfen, die Zwerge und auch die vier Gefährten – waren wie gebannt von ihrem Anblick. Doch diesmal verharrte die Krone Sigwyns nicht in der Mitte der Kammer, sondern schwebte weiter, auf die Versammelten zu, geradeso als würde sie einen neuen Besitzer suchen, auf dessen Haupt sie sich niederlassen konnte.
Unwillkürlich streckte Rammar seine kurzen Finger nach ihr aus, aber die Krone glitt über ihn und seinen Bruder hinweg. Auch Orthmar von Bruchstein, der mit gierigem Blick nach den Juwelen schielte, mit denen die Krone besetzt war, wurde von ihr übergangen. Zielstrebig näherte sich die Elfenkrone keinem anderen als Loreto, in dessen Augen es zu funkeln begann.
»Ja!«, rief er laut. »Komm zu mir, Schmuckstück des Elfenreichs. Komm zu Fürst Loreto, dem Befreier von Tirgas Lan und Bezwinger Margoks, und lasse dich nieder auf sein Haupt! Denn ich bin der Auserwählte, von dem die Prophezeiung kündet, und damit der rechtmäßige Erbe von Sigwyns Thron!«
Und in stiller Erwartung schloss Loreto die Augen …
Doch die Krone änderte ihren Kurs, entfernte sich wieder von ihm – und schwebte geradewegs auf Corwyn und Alannah zu.
Und zu aller Überraschung senkte sie sich auf das Haupt des Kopfgeldjägers!
»W-was hat das zu bedeuten?«, fragte Corwyn verblüfft.
»Das bedeutet, dass du der Auserwählte bist«, antwortete Alannah und löste sich aus seiner Umarmung, um respektvoll vor ihm zurückzuweichen.
»Aber – das kann nicht sein. Das ist ein Irrtum!«
»Verrat!«, schrie Loreto, außer sich vor Zorn. »Das ist ein Trick, ein übler Trick! Welchen faulen Zaubers hast du dich nun wieder bedient, Verräterin?«
»Desselben Zaubers, mit dessen Hilfe du dich eben noch zum König von Tirgas Lan ausrufen wolltest«, versetzte Alannah. »Würdest du das Urteil der Krone auch anzweifeln, hätte sie dich erwählt?«
Die meisten der Elfenkrieger waren offenbar der Meinung, dass dies ein berechtigter Einwand sei, denn Loreto sah ihre missmutigen Blicke auf sich gerichtet. Und selbst Orthmar von Bruchstein schaute den Elfenfürsten zweifelnd an.
»A-aber dieser da kann nicht der neue König von Tirgas Lan sein!«, widersprach Loreto. »Er ist nur ein unwürdiger Mensch – und noch dazu ein Kopfgeldjäger.«
»Wo in Farawyns Prophezeiung steht geschrieben, dass der Auserwählte ein Elf sein muss?«, fragte Alannah. »Wir alle haben das immer angenommen, und auch Farawyn selbst war wohl dieser Meinung. Doch ich kenne nicht eine Zeile seiner Weissagung, die ausschließt, dass ein Mensch die Krone von Tirgas Lan erlangen kann – und du kannst mir glauben, dass ich den Wortlaut der Prophezeiung sehr genau kenne, schließlich habe ich dreihundert Jahre damit zugebracht, sie wieder und wieder zu studieren. Dies also ist das Geheimnis von Farawyns Prophezeiung: Nicht ein Elf ist es, der den Alabasterthron besteigen und amber vereinen wird, sondern ein Mensch – denn den Menschen gehört die Zukunft!«
»B-bist du sicher?«, fragte Corwyn, und er wirkte noch immer völlig verwirrt.
»Farawyns Prophezeiung entspricht der Wahrheit, das weiß ich jetzt«, antwortete ihm die Priesterin lächelnd – und dann senkte sie vor ihm das Haupt und kniete vor ihm nieder.
»Alannah, was …?«, rief Loreto verzweifelt – aber niemand wollte seine Einwände hören.
Die Elfenkrieger, die sich eben noch mit blanken Waffen auf Corwyn und seine Gefährten hatten stürzen
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