Die Pan-Trilogie, Band 3: Die verborgenen Insignien des Pan (German Edition)
ihm. Mag sein, dass ich anfangs meine Zweifel hatte, aber jetzt weiß ich, warum er sich in Germanien so verhalten hat. Er dachte, ich wäre auch ein Drachenkind. Wenn du ihn verrätst und er getötet wird, ist das so, als hätte ich ihn getötet. Mit dieser Schuld will und kann ich nicht leben.«
Lee sah auf den Bildschirm vor sich und ich konnte erkennen, wie sehr er mit sich rang. Einerseits war da sein Cousin, den er von klein auf kannte, andererseits gab es entscheidende Hinweise, dass er der Verräter sein könnte.
»Lee, bitte«, sagte ich mit Nachdruck. »Können wir nicht überprüfen, ob er als Täter überhaupt in Frage kommt? Wir könnten schon mal seine Alibis zu den Tatzeiten checken.«
Lee nickte erleichtert. »Das können wir. Aber wenn die Beweislage für ihn erdrückend werden sollte, melde ich es.«
»Danke«, seufzte ich inbrünstig. In meiner Hosentasche vibrierte es. Ich zuckte erschrocken zusammen. Was, wenn Ciaran wusste, dass ich sein Geheimnis nicht einmal fünf Minuten hatte bewahren können? Mit zitternden Fingern fischte ich das Handy aus meiner Hosentasche.
Es war nur Cheryl, Coreys kleine Stiefschwester, der ich Englisch-Nachhilfe gab. Normalerweise hätte ich sie abgewürgt. Ich hatte mit dem verwöhnten, kleinen Biest noch ein Hühnchen zu rupfen. Erleichterung überschwemmte mich, weil ich mich nicht Ciaran stellen musste. Meine Begrüßung fiel dadurch wesentlich freundlicher aus, als ich sie Cheryl sonst hätte angedeihen lassen. »Hey, Cheryl.«
»Hör mal, City, wir schreiben übernächste Woche Montag eine Arbeit in Englisch. Du musst mir helfen diese Novellen zu interpretieren, damit ich das Referat hinbekomme. Ich könnte morgen um fünf, Donnerstag um fünf und Freitag um sechs. Vorher muss ich noch mit Emily was für ihr Date kaufen gehen.«
Ich versuchte so unauffällig wie möglich tief Luft zu holen. Dieses elende kleine Miststück. Seit ich ihr Nachhilfe gab, sah sie in mir einen Untergebenen. Nur weil ich bezahlt wurde, gängelte sie mich wie nicht einmal die Queen ihre Angestellten gängelte.
Blitzschnell verwarf ich den Gedanken, Corey oder Coreys Mutter einzuschalten. »Lee?«, fragte ich mit süßer Stimme, das Handy noch immer so in der Hand, dass Cheryl alles hören konnte. »Hättest du Zeit, Cheryl Englischnachhilfe zu geben? Ich muss an zwei Tagen, an denen sie Hilfe braucht, im Museum arbeiten.«
Ich hörte ein unterdrücktes Keuchen am anderen Ende des Telefons, dann: »Ich könnte die ganze Woche um halb fünf und auch noch zusätzlich Samstagvormittag oder Sonntag oder auch später, egal wann. Die Uhrzeit spielt keine Rolle. Notfalls schwänze ich die letzte Schulstunde. Emily braucht auch nicht wirklich meine Hilfe.« Cheryl hyperventilierte regelrecht beim Sprechen.
»Aber du sagtest doch gerade, immer erst ab fünf und dann müsstest du …«
»Vergiss, was ich gesagt habe«, unterbrach sie mich hastig. »Macht er es?«
»Lee, Schatz, Cheryl fragt, ob du jeden Tag Zeit hättest inklusive Wochenende. Sie ist auch ganz flexibel mit den Zeiten.«
Lee sah mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Nein, Darling«, sagte er so laut, dass Cheryl es hören musste. »Hast du den Schwimmbadbesuch vergessen?«
»Oh, genau, Cheryl, diesen Samstag geht auch nicht. Wir sind im Schwimmbad.«
»Dann halt nächsten Samstag!« Cheryl überschlug sich beinahe vor Aufregung.
Lee lächelte, als ich ihm das darauf kommende Wochenende vorschlug, und zog dabei einen Mundwinkel hoch. »Hast du unseren Wochenendtrip vergessen? Ich könnte dir höchstens die Nachhilfestunden unter der Woche abnehmen.«
»Wohin fahren wir denn?«, säuselte ich.
Lee grinste diabolisch. »Lass dich überraschen.«
Am anderen Ende des Telefons war es mucksmäuschenstill.
Ich ging auf Lees Spielchen ein. »Cheryl? Lee würde dir helfen. Aber am Wochenende drauf geht es wieder nicht. Er hat mich zu einem romantischen Date mit Übernachtung eingeladen.«
Ich hörte sie laut und hart schlucken. »Oh, ihr seid zusammen?«
Jetzt schluckte ich. Lee sah mich erwartungsvoll an.
»Wir arbeiten dran«, sagte ich zu Cheryl.
»Oh. Okay«, meinte sie gedehnt. »Dann … tschüss.«
Ich legte auf.
Lee blieb vor mir stehen und stellte ein Bein auf der Bank ab. (Sein nasser Turnschuh quietschte.) Er stützte seinen Ellbogen auf das Knie und beugte sich dicht über mich. »Na, dann … arbeiten wir mal daran.«
Ich bekam einen hauchzarten Kuss auf die Wange.
NYMPHENBAD
Die Tage bis zum
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