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Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Die Pelzhändlerin (1. Teil)

Titel: Die Pelzhändlerin (1. Teil) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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geglaubt hatte, begann heftig in ihrer Brust zu schlagen. Eine warme Welle durchflutete ihren Leib, wärmte für einen Augenblick ihre Knochen.
    Schließlich brach sie mit zitternden Händen das Siegel. Es war nicht Isaaks Schrift, die das Blatt bedeckten. Ida war es, die geschrieben hatte:
Liebe Sibylla,
Isaak ist krank. Er hat sich bei den Blatternkranken, die er behandelt hat, angesteckt. Gestern musste er ins Feldsiechenhaus gebracht werden. Du weißt selbst, dass Blatternkranke nicht in der Stadt verbleiben können.
Er wird wahrscheinlich sterben, Sibylla. Und vielleicht ist es auch besser so. Er sucht den Tod, schon seit Jahren.
Geh zu ihm, Sibylla, wenn du ihn noch einmal sehen willst. Ich weiß, dass er auf dich wartet. Schließe deinen Lebenskreis, dann wirst auch du Frieden finden.
Ida
    Isaak! Sibylla erschrak. Plötzlich waren alle Müdigkeit, alle Schwere verflogen. Jetzt wusste sie, was sie zu tun hatte. Sie musste Isaak retten. Er durfte nicht sterben. Sie rief nach der Magd, ließ nach Eva schicken, einen Wagen holen. Eilig suchte sie nach ihrer Schmuckschatulle, der Kette mit der römischen Glasscherbe. Behutsam packte sie den Anhänger in ein kleines, mit Samt ausgeschlagenes Kästchen und verstaute ihn in ihrem Beutel.
    Als der Wagen vor dem Haus stand, Eva unten auf sie wartete, nahm Sibylla ihren Umhang und sah sich noch einmal in dem Zimmer um, das sie seit Jahren bewohnt hatte. Es war ein Abschiedsblick. Sibylla würde nie wieder hierher zurückkehren. Jetzt, nach Idas Brief, wusste sie endlich, was sie zu tun hatte. Ja, sie würde ihren Lebenskreis schließen. Würde dorthin zurückkehren, wo sie hergekommen war. Ins Feldsiechenhaus vor den Toren Frankfurts. Ins Feldsiechenhaus nach Hofheim.
    Ein Lächeln stand auf Sibyllas Gesicht.
    Sie war den Weg gegangen, den sie vor vielen Jahren, als 16-Jährige eingeschlagen hatte. Jetzt war sie an der letzten Weggabelung angelangt. Isaak rief nach ihr. Diesmal würde sie in die richtige Richtung gehen. Als Sibylla hatte sie alle Aufgaben erfüllt. Es gab hier nichts mehr für sie zu tun.
    Mit leichten Schritten, die ihr Alter vergessen ließen, lief sie die Treppe hinunter. Im Vorübergehen warf sie noch einen letzten Blick in die Verkaufsräume, in denen ein reges Treiben herrschte. In ihrem Blick lag keine Wehmut. Sie war bereit, Abschied zu nehmen. Jetzt würde sie nur noch für Isaak leben, ihn nie wieder im Stich lassen.
    Eva wartete bereits. Sibylla nahm wortlos ihren Arm und bedeutete ihr, in die Kutsche zu steigen.
    «Wohin fahren wir, Mutter?», fragte das Mädchen.
    «Zu deinem Vater», antwortete Sibylla. Und dann erzählte sie Eva von Isaak Kopper, erzählte ihr die ganze traurige Geschichte einer verlorenen Liebe, die nun ihr gutes Ende finden sollte.
    Kurz vor Hofheim ließ Sibylla den Wagen halten. Das letzte Stück wollte sie zu Fuß gehen. Genauso wie damals, als Martha sie aus dem Feldsiechenhaus geholt hatte.
    Sie dachte an Martha, die alles geopfert hätte, sogar das eigene Leben, um ihrer Tochter das harte Los einer Wäscherin, einer Frau ohne Ehre und Bürgerrecht, eines Bastards zu ersparen.
    Du hast dieses Opfer nicht vergebens gebracht, Mutter. Und doch kehre ich zurück, woher ich gekommen bin. Ein gestohlenes Leben ist kein Leben, in dem das Glück zu Hause sein kann.
    Dann waren sie am Feldsiechenhaus angelangt, einem zweistöckigen Bau, der schon von weitem den Eindruck von Krankheit und Tod erweckte.
    Entschlossen nahm Sibylla ihre Tochter bei der Hand und betätigte den Türklopfer.
    Ein Bediensteter in abgerissener und schmutziger Kleidung öffnete ihr.
    «Was wollt Ihr? Hier ist das Siechenhaus. Ihr müsst Euch verlaufen haben.»
    «Zu Isaak Kopper wollen wir», erwiderte Sibylla ungerührt. «Ich weiß, dass er hier ist.»
    Der Bedienstete stellte sich breitbeinig in die Tür und versperrte den Zugang.
    «Kopper ist krank. Ich kann Euch nicht zu ihm lassen. Ihr könntet Euch anstecken und die Krankheit in die Stadt einschleppen.»
    Sibylla lächelte und griff fester nach Evas Hand.
    «Das Mädchen ist seine Tochter. Er hat sie noch nie gesehen.»
    Der Bedienstete biss sich auf die Unterlippe.
    «Vielleicht kann man ihn zum Fenster tragen», überlegte er. «Aber hinein dürft Ihr nicht.»
    «Ich habe verstanden», erwiderte Sibylla. «Doch vielleicht sucht Ihr noch eine Wäscherin?»
    «Pah! Wie meint Ihr das? Wollt Ihr etwa als Wäscherin zu uns kommen? Wisst Ihr überhaupt, wie man wäscht? Ihr seht nicht aus, als

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