Die Perlenzüchterin
betrunken sein, aber die allgemeine Aufmerksamkeit war ihm jedenfalls sicher.«
Beide lehnten sich in ihren Sesseln zurück. Die Sterne erschienen am Himmel, der Mond musste erst noch aufgehen. Die Hitze war abgeklungen, die Luft klar.
Sie hörten die Flut gegen den Rand der Bucht plätschern, und aus den Personalunterkünften drang hin und wieder Gelächter.
»Das ist der beste Teil des heutigen Tages. Prost, Dave. Und danke für – na ja, für alles.«
»Du bist eine großartige Frau, Lily. Als jüngerer Mann hätte ich dir den Hof gemacht … Leider habe ich so eine Frau wie dich nie getroffen. Ich habe ein raues Leben geführt und war manchmal nicht gerade zimperlich – eine Dame wie du hätte mich nicht einmal angeguckt. Aber du hast mich vom ersten Augenblick an freundlich und höflich behandelt.«
»Warum auch nicht? Ich wusste nichts über dich. Aber dieser Ort hat dich verführt. Wie meinen Urgroßvater. Wir haben etwas gemeinsam.«
»Für mich waren bei unserem ersten Treffen die Zeiten, in denen ich etwas darstelle, etwas zustande bringe, vorbei. Ich wollte mich gemütlich ins Grab trinken und hab nur noch wegen der jungen Leute hier weitergemacht. Und vor allem wegen Don und Serena.«
»Wir machen was aus der Star Two, Dave!«
»Das hoffe ich für dich. Und für den jungen Tim. Er sagt ja nicht viel, aber Don hat er erzählt, dass er die Farm sehr mag. Es ist nicht nur ein Job.«
»Das freut mich. Das mit Tim. Aber Moment mal, du bist auch im Boot. Wir stecken da alle zusammen drin.«
»Ach, da habe ich so meine Zweifel, Lily. Ich gebe zu allem meinen Senf dazu, aber die Farm käme wunderbar ohne mich aus – seit du und Tim hier seid.«
»Dave, das ist Quatsch. Du redest, als wärst du uns nicht ebenbürtig. Ich will so was nicht mehr hören! Du weißt jede Menge über Perlen. Du hast die Farm gerettet. Komm schon, wo möchtest du in zwei, fünf, in zehn Jahren sein?«
Dave lächelte schief. »Ich möchte hier sitzen. Seemannsgarn spinnen, nach einer guten Ernte die Sterne am Himmel betrachten. Und wissen, dass ihr – du, Tim und die ganze Bagage – in der Nähe seid. Wie stehen meine Chancen?«
Er klang nachdenklich, zögerlich, fast zweifelnd.
»Verdammt gut, würde ich sagen.«
Dave leerte sein Glas und nahm die schwere Flasche. »Ich hab neulich Nachricht von zu Hause erhalten. Oft höre ich ja nicht vom alten Familiengut.«
»Ist alles in Ordnung? Du willst doch nicht etwa zurückgehen?«, fragte Lily, bestürzt über diese Vorstellung.
»Kumpel, mein Bruder ist tot.« Dabei verfiel er in den vertrauten Aussie-Slang.
»Ach, Dave, das tut mir so Leid. Du wirst wohl zur Beerdigung fliegen müssen. Wir kommen schon zurecht. Aber komm zurück, sobald du kannst! Wir werden dich vermissen.«
»So einfach ist das leider nicht. Ich bin nämlich derjenige, welcher – na ja, der Nächste in der Erbfolge. Dank irgendeiner Klausel, die mein Vater ins Testament eingebaut hat. Weil ich keine Kinder habe, kann ich den Titel natürlich an den ältesten Sohn meines Bruders weitergeben. Ich mag bloß die Vorstellung nicht, dass diese kleine Ratte, dieser Chelsea-Yuppie, auf dem Besitz herumstolziert.«
»Dave!« Lily versuchte, das Kichern zu unterdrücken. »Was wirst du also tun?«
»Keine Ahnung. Zuerst dachte ich, ich hol den Älteren mal hierher, so, wie sie’s damals mit mir gemacht haben. Lass ihn hier auf der Farm so richtig malochen, damit er merkt, worauf es im Leben ankommt.«
»Würde ihm bestimmt nicht schaden«, pflichtete Lily ihm bei. »Dieser Ort verändert die Menschen. Ich glaube, sogar Sami ist weicher geworden und mit einigen Dingen ins Reine gekommen.«
»Das könnte mich ein paar Kröten mehr kosten, aber ich nage ja nicht am Hungertuch. Ich habe auch gedacht, ich könnte Ross für das Projekt mit den Jugendlichen ein bisschen Geld spenden.«
»Dave, das ist eine ausgezeichnete Idee! Vielleicht kann dein Neffe da ja auch ein bisschen Zeit investieren.«
Dave füllte ihre Gläser auf. »Scheint so, als hätten wir heute Abend ein paar Probleme auf der Welt gelöst. Ich weiß allerdings nicht, was mein Neffe davon halten wird. Wer weiß? Apropos: Was hältst du von Kotelett mit Tomate? Serena hat einen köstlichen Eintopf auf dem Herd stehen.«
»Um ehrlich zu sein, ich werde nur ein gekochtes Ei und einen Toast essen und dann zu Bett gehen. Nach diesem wundervollen Champagner braucht man nicht mehr groß zu essen. Ich brauche auch ein bisschen Ruhe.
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