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Die Pest Zu London

Die Pest Zu London

Titel: Die Pest Zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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sähen, vom Schmerz über die Verluste überwältigt sei, die seiner Familie zuzufügen Gott gefallen habe.
    Ich kann mir nicht genau das höllische, abscheuliche Gespött ins Gedächtnis zurückrufen, mit dem sie meine Worte erwiderten, anscheinend dadurch gereizt, daß ich mich keineswegs fürchtete, gegen sie so freimütig zu sein; und selbst wenn ich mich daran erinnern könnte, würde ich in meinen Bericht keins ihrer Worte aufnehmen, diese grausigen Flüche und Schwüre und niedrigen Ausdrücke, wie sie sie, zu dieser Stunde, nicht einmal die schlimmsten und gemeinsten Leute von der Straße gebraucht hätten; denn wenn man von solch hartgesottenen Brüdern wie diesen absieht, so war zu dieser Stunde der Nacht auch das allerübelste Gesindel, das man nur finden konnte, mit Furcht und Zittern vor dem Walten jener Macht erfüllt, die sie in einem Augenblick vernichten konnte.
    Aber das Schlimmste an ihrer teuflischen Ausdrucksweise war, daß sie sich nicht scheuten, Gott zu lästern und gottlose Reden zu führen; so machten sie sich lustig darüber, daß ich die Pest die Geißel Gottes nannte; sie witzelten und konnten nicht genug lachen über das Wort »Strafgericht«, als habe die göttliche Vorsehung nicht ihre strafende Hand im Spiel, wenn solch ein verheerender Schicksalschlag herniederging; und daß die Leute zu Gott riefen, wenn sie die Karren die Toten wegfahren sahen, das galt den Lachern als überspannt, absurd und unsinniges Zeug.
    Ich entgegnete ihnen, so wie ich es für angemessen hielt, aber das war, mußte ich feststellen, so weit entfernt davon, ihrer schaurigen Redeweise irgendeine Schranke zu setzen, daß es sie vielmehr nur um so frecher lästern machte; so muß ich gestehen, es erfüllte mich mit Grausen und einer rechten Wut, und es entfuhr mir eine Warnung: daß nur nicht die Macht des Strafgerichts, das die ganze Stadt heimgesucht habe, sich verherrliche, indem es an ihnen und allen, die ihnen nahestehen, Rache übe!
    Sie nahmen jede Zurechtweisung mit der äußersten Verachtung entgegen und überschütteten mich mit allem Spott, der ihnen zu Gebote stand, und bedachten mich mit den schimpflichsten und schamlosesten Hohnworten, die ihnen nur einfielen, dafür daß ich ihnen gepredigt hätte, wie sie es nannten; dies betrübte mich mehr als daß es mich erzürnte, und ich ging fort, Gott im Herzen dankend, daß ich sie jedenfalls nicht verschont hatte, so sehr sie mich auch beleidigt hatten.
    Sie setzten ihr Treiben noch drei oder vier Tage fort und verspotteten und verhöhnten unaufhörlich alle, die sich fromm oder gottesfürchtig zeigten oder sich durch das schreckliche Strafgericht Gottes, das über uns war, erschüttert fühlten; und ich hörte, sie machten auf die gleiche Art die guten Leute lächerlich, die trotz der Ansteckungsgefahr sich in der Kirche versammelten, fasteten und zu Gott beteten, er möge Seine strafende Hand zurückziehen.
    Ich sage, sie setzten dieses Treiben noch drei oder vier Tage fort – ich glaube, länger war es nicht – bis einer von ihnen, der nämlich, der den bedauernswerten Herrn gefragt hatte, was er außerhalb seines Grabes zu suchen habe, vom Himmel mit der Pest geschlagen wurde und auf die kläglichste Weise starb; und, in einem Wort, sie wurden allesamt in die große Grube gefahren, die ich vorher erwähnte, noch bevor sie ganz gefüllt war, was nicht länger als zwei Wochen oder etwa so lange dauerte.
    Die vielen Frivolitäten, deren diese Männer sich schuldig machten, waren derart, daß man meinen sollte, die menschliche Natur hätte davor zittern müssen, dies in einer solchen Zeit der allgemeinen Schrecken, wie sie über uns war, auch nur zu denken; und besonders dieser Spott und Hohn über alles, was ihnen an Frömmigkeit unter den Leuten vor die Augen kam, etwa wenn sie voll Eifer zum Ort öffentlicher Gottesdienste strömten, um in solcher Notzeit den Himmel um Erbarmen anzuflehen; und daß die Schänke, in welcher sie ihre Clubsitzungen abhielten, in Sichtweite der Kirchentür lag, das gab ihnen nur noch mehr Anlaß für ihre gottlosen, schimpflichen Belustigungen.
    Aber dies ließ bei ihnen schon ein wenig nach, auch schon bevor jenes Unglück sich ereignete, von dem ich eben sprach, denn die Seuche nahm jetzt in diesem Teil der Stadt mit solcher Heftigkeit zu, daß die Leute sich zu fürchten begannen, zur Kirche zu kommen; wenigstens suchten sie sie nicht mehr in so großer Zahl auf, wie gewohnt. Auch waren viele der Geistlichen

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