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038 - Der Rächer

038 - Der Rächer

Titel: 038 - Der Rächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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    Captain Mike Brixan litt manchmal an gelinden abergläubischer Anwandlungen. Wenn er des Morgens durch die Felder ging und eine junge Krähe vor ihm aufflog, hatte er die bestimmte Überzeugung, dass er an diesem Tage noch eine zweite sehen würde.
    Als er nun auf der Durchreise in Aachen an der Bahnhofsbuchhandlung vorbeiging, fiel ihm der Titel eines Buches auf, und er kaufte den Roman »Statistin in Hollywood«. Das Wort »Statistin« übte eine fast magische Wirkung auf ihn aus. Die Geschichte handelte, wie er gleich darauf feststellte, von einer unbedeutender Filmschauspielerin. Aber schon hatte er die dunkle Ahnung, dass dieses Wort für ihn eine schicksalsschwere Bedeutung haben würde.
    Der Roman interessierte ihn gar nicht. Er las einige Seiten des Buches, aber der schwülstige Stil ärgerte ihn so, dass er seine Zuflucht zu dem belgischen Kursbuch nahm. Wenn ihn auch der Titel fasziniert hatte, so reichte sein Interesse doch nicht aus, um die ganze sensationelle Laufbahn der Heldin von den bescheidenster Anfängen bis zu Berühmtheit, Ansehen und Reichtum zu verfolgen.
    Das Wort »Statistin« hatte sich Mike Brixan aufgedrängt, und es war ihm, als ob ihm in den nächsten Tagen unbedingt eine Statistin begegnen würde.
    Er war nicht nur bei seinen Freunden als der tüchtigste Agent des Nachrichtendienstes im Auswärtigen Amt bekannt. Obwohl er in seinem Beruf vollständig aufging, interessierte er sich für Kriminalfälle. Er spielte gut Golf, aber ebenso gern las er Berichte über aufsehenerregende Verbrechen. Seine dienstliche Beschäftigung bestand hauptsächlich darin, dass er merkwürdige Leute, die vom Kontinent herüberkamen, in obskuren Kneipen traf und mit ihnen lange und geheimnisvolle Unterredungen hatte. Zu diesem Zweck trat er in den verschiedensten Verkleidungen und Rollen auf. So blieb er in Kontakt mit den geheimen unterirdischen Strömungen, die nur zu oft das Schifflein der Diplomatie unerwünschten Zielen zutrieben. Zweimal war er als Tourist, der sich nur für schöne Landschaften und Sehenswürdigkeiten zu interessieren schien, durch ganz Europa gestreift. Viele hundert Meilen fuhr er mit einem Paddelboot durch die Stromschnellen der Donau. In den kleinsten Schenken am Ufer übernachtete er, um die Stimmung der Bevölkerung kennenzulernen. Wenn es solche Aufgaben zu lösen galt, war er ganz bei der Sache.
    Gerade jetzt rief man ihn von Berlin ab, als. der wichtige Vertrag zwischen zwei Mächten kurz vor dem Abschluss stand. Er ärgerte sich gewaltig darüber, denn es war ihm unter Aufwand nicht geringer Geldsummen gelungen, eine Abschrift der wesentlichen Punkte des Vertrages zu beschaffen.
    »Wenn ich noch vierundzwanzig Stunden auf meinem Posten geblieben wäre, hätte ich die fotografischen Aufnahmen der Originaldokumente bekommen«, erklärte er seinem Vorgesetzten, Major George Stahles, als er sich am nächsten Morgen in Whitehall zum Dienstantritt meldete.
    »Schade«, antwortete dieser etwas ironisch. »Aber wir hatten gerade eine vertrauliche Aussprache mit dem Ministerpräsidenten der betreffenden Macht, der uns den Text des Vertrages mitzuteilen versprach. Übrigens hat die ganze Sache mit hoher Politik nichts zu tun, sondern betraf nur die Handelsbeziehungen zu einem anderen Staat. - Mike, kannten Sie Eimer?«
    Der Detektiv setzte sich auf die Tischkante, während er eine Zigarette rauchte.
    »Haben Sie mich deswegen von Berlin geholt, damit ich Ihnen diese Frage beantworten soll?« sagte er ärgerlich. »Haben Sie mich deswegen aus meinem Cafe ,Unter den Linden' weggeholt, damit ich mich mit Ihnen über Eimer unterhalte? Er ist doch Sekretär im Regierungsdienst?« Major Staines nickte. »Er war es«, sagte er. »Er war in der Oberrechnungskammer angestellt. Vor drei Wochen verschwand er plötzlich. Man kontrollierte seine Bücher, und es stellte sich heraus, dass er systematisch größere Summen unterschlagen hatte,«
    Mike Brixan verzog sein Gesicht. »Tut mir leid, das zu hören«, meinte er. »Er schien doch ein ganz ruhiger und ehrlicher Mensch zu sein. Aber Sie wollen doch damit nicht etwa sagen, dass das mein neuer Auftrag sein soll? Solche Aufgaben gehören Scotland Yard.«
    »Ich will auch gar nicht, dass Sie ihm nachspüren sollen«, sagte Staines langsam, »weil - nun gut, man hat ihn schon gefunden.«
    Er sagte dies mit einem düsteren, bedeutungsvollen Unterton. Bevor er das kleine Papier aus seiner Mappe nehmen konnte, wusste Mike Brixan schon, was kommen

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