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Die Peststadt

Die Peststadt

Titel: Die Peststadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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bestätigte Farst. »Und wohin bringen wir die Königin, vorausgesetzt, wir können die Leibwache überwältigen?«
    Die Pestburg bestand aus einer Ansammlung alter Häuser, Hütten und Magazine am Rand des freien Platzes um Schloss Fordmore. Das Innere der Häuser war ebenso verfallen und alt wie ihr Äußeres. Hier waren die Opfer der Pest untergebracht. Hier litten und starben die Kranken, und es gab wenige Stadtbewohner, die sich ins Innere dieser stinkenden Räumlichkeiten hineinwagten.
    Bedächtig gab Carbell zurück: »Ihr fragt, wohin Elivara gebracht werden soll? Nun, es wird rechts in der Gasse der Tuchmacher ein Pestwagen warten.«
    Shorcan sprang auf und breitete die Arme aus. »Ein Pestwagen? Wir sollen uns wohl anstecken und sterben? Und du behältst alle die Goldstücke hier, wie?«
    »Narren!« fuhr Carbell auf und stellte den Pokal hart auf den Tisch zurück. »Es ist kein wirklicher Pestwagen. Niemand wird es wagen, die Decken anzuheben. Der Wagen wird aus der Stadt geschafft.«
    »Durch die Tore, an denen gekämpft wird? Du musst verrückt sein, Carbell«, rief Aigouz laut. Carbell winkte mit beiden Händen ab. »Still! Wir fallen auf, wenn wir hier reden und nicht auf den Mauern kämpfen!«
    Farst, Atoaker, Shorcan und Aigouz waren Matrosen, die für Gold und Versprechungen alles taten, was man von ihnen verlangte. Das Gold hatte sie geblendet. Carbells Zusicherung, dass die Caer beim Sturm auf die Stadt seine Helfer verschonen und ihnen Plätze auf den schnellen Schiffen geben würden, wiegte sie in Sicherheit. Gostak, derjenige, der das Aas in den Brunnen geworfen hatte, stand auf und ging zum Fenster.
    »Königin Elivara wird von ihrer Leibwache geschützt.
    Dhorkan nimmt es mit dreien von uns auf. Warum treibst du uns in den Tod?«
    Fürst-Richter Carbell hatte tagelang nachgedacht und alles geplant. Unter dem Vorwand, Maßnahmen zur Verteidigung der Stadt treffen zu müssen, hatte er sich von den Stadtbewohnern helfen lassen. Sein Plan schien vollkommen zu sein, darüber hinaus war er von bestechender Einfachheit. Carbell, ein großgewachsener, mächtiger Mann mit breitem Gesicht, griff wieder nach dem Weinpokal und sagte, sich selbst zur Ruhe zwingend:
    »Niemand will euren Tod, Gostak. Alles ist genau berechnet. Wenn die Königin die Pestburg verlässt, überfallt ihr die Leibwache. Ich weiß, dass sich nur Dhorkan in die Burg hineinwagt. Mit ihm werdet ihr zu siebt wohl fertig werden, denke ich. Oder werdet ihr plötzlich zu Feiglingen?«
    »Nein. Wir bringen die Königin zum Stadttor«, sagte Diveliz. »Und dann?«
    »Dann wartet ihr, bis die Caer durchbrechen«, antwortete der Fürst-Richter und betäubte mit einem Schluck Wein einen Gedanken, der aus irgendeiner Tiefe aufstieg. »Sie nehmen die Königin mit sich. Als Geisel ist sie unersetzlich. Die Stadt wird sofort kapitulieren, wenn Elivara in der Hand unserer neuen Freunde ist.«
    »Ich habe verstanden«, murmelte Arrezen, der letzte der sieben Männer. »Und wann soll das sein?«
    »In einer Stunde ungefähr«, antwortete Carbell. »Ihr kennt die Pestburg?«
    »Wer kennt die Pestburg nicht?« meinte Farst.
    Schmalbrüstige, halb verfallene Häuser mit windschiefen Erkern, modernden Säulen und knarrenden Fenstern, von durchlöcherten Dächern gerade noch zusammengehalten, schmutzig und uralt - das war die Pestburg. Eine Handvoll dieser armen Hütten bildete zwischen drei leeren Gassen das Ghetto für die Unglücklichen, die sich angesteckt hatten und jetzt furchtbare Qualen litten. Aus allen Teilen der Stadt karrten die Pestkarren sie heran, vermummte, behandschuhte Helfer luden die Kranken ab und zerrten die Leichen aus den dunklen Winkeln, in die sich die Opfer verkrochen hatten. Die Gassen und die kleinen Plätze rund um die Pestburg wurden von jedermann voller Angst gemieden.
    »Jeder kennt sie«, bestätigte Shorcan.
    »Ihr wisst, was zu tun ist. Dort hinten liegen Waffen«, sagte Carbell düster. »Nehmt, was ihr braucht. Die Hälfte der Bezahlung jetzt, die andere Hälfte, wenn Elivara auf dem Pestkarren liegt.«
    »Meinetwegen. Bisher haben wir dich alle als einen Mann gekannt, der zu seinem Wort steht«, sagte Aigouz mürrisch.
    »Wir verlassen uns darauf, dass alles stimmt, was du uns gesagt hast.«
    Carbell ging zum Fenster, riss den schweren Vorhang zur Seite und starrte hinaus. Sein Haus lag am anderen Ende der Hafentorstraße. Von hier aus sah er den ununterbrochenen Kampf.
    »Und wenn Elivara aus der Stadt

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