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Die Pfade des Schicksals

Die Pfade des Schicksals

Titel: Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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wieder. Dieser Unterstand en miniature war kaum lang und breit genug, um Linden, Jeremiah, Stave, Mahrtiir und acht Riesinnen Platz zu bieten. Trotzdem bot er gewissen Schutz vor dem unablässigen scharfen Wind.
    Als der Mähnenhüter abstieg, galoppierte Narunal sofort weg. Das tat auch Khelen, sobald Böen-Ende Jeremiah von seinem Rücken gehoben hatte. Linden glitt müde von Hyms Rücken. Sowie ihre Füße den Boden berührten, begannen die vernachlässigten Wunden am Schienbein wieder zu schmerzen. Dieser jähe Schmerz war so heftig, dass sie einen kleinen Aufschrei nicht unterdrücken konnte.
    Es gab noch immer zu viel Wind, zu viel Kälte. Trotzdem widerstrebte es ihr, dem Stab Feuer zu entlocken. Sie wollte nicht an Flammen erinnert werden, die schwarz und betrüblich waren wie das Holz. Und sie wollte die Position der Gesellschaft nicht irgendeinem Wesen verraten, das imstande war, ihre Macht zu entdecken. Andererseits brauchten Mahrtiir und sie Wärme, auch wenn ihre Gefährtinnen - und vielleicht Jeremiah - keine zu brauchen schienen.
    Linden biss die Zähne zusammen, damit sie nicht klapperten, und entlockte ihrem Stab Feuer.
    Die Flamme war so dunkel, wie sie befürchtet hatte: ein undurchdringliches Ebenholzschwarz wie von Obsidian, der noch nie das Tageslicht erblickt hatte. Die Veränderung war offenbar dauerhaft. Linden konnte anscheinend nichts Reines mehr tun.
    Trotzdem war das Feuer warm. Seine Wirkung blieb vorteilhaft: eine spürbare Wohltat. Lindens Kälteschauder klangen wie eine ablaufende Ebbe wellenförmig ab. Um sie herum wärmten die Riesinnen sich die Hände an dem Feuer und lächelten. Schon im nächsten Augenblick zeigte sich in Mahrtiirs Verhalten wieder die vertraute Aggressivität, eine kaum bezähmbare Kampflust. Nur Stave und Jeremiah schienen nicht von ihren sanften Bemühungen zu profitieren.
    Trotz ihres innerlichen Widerstrebens setzte Linden weiter Erdkraft ein, bis alle äußerlichen Anzeichen dafür, dass ihre Gefährten bei dem Unwetter gelitten hatten, verschwunden waren. Erst als sie dann ihre Flamme löschte, merkte Linden, dass auch sie selbst sich etwas besser fühlte. Das Wohlbefinden der anderen war Balsam für ihr wundes Herz. Die Finsternis steckte in ihr wie in dem Holz, nicht in den Magien, die der Stab vermochte. Trotz ihrer Sünden und ihrer Verzweiflung hatte sie die fundamentale Vitalität von Erdkraft und Gesetz nicht beschädigt.
    Noch nicht…
    Jedenfalls hatten die Rüstungen der Riesinnen erstaunlich viel Wärme gespeichert. Sie erfüllte die kleine Höhle unter dem Felsüberhang, wirkte so liebevoll zärtlich wie Lachen und Scherze. Ohne den noch immer böigen Wind, den nassen Boden und die Aussicht auf eine frostige Nacht zu beachten, begannen Rahnock und Onyx Steinmangold, Vorräte und Wasserschläuche auszupacken. Sturmvorbei Böen-Ende nahm Jeremiah die dampfenden Decken ab, wrang sie so gut wie möglich aus und legte sie ihm wieder um.
    Während Stave die Unterlegplane ausbreitete, damit Linden und einige andere trocken sitzen konnten, fragte sie ihn: »Wo sind wir also? Wie weit sind wir gekommen?«
    Er schien seine überlieferten Erinnerungen zu Rate zu ziehen. »Diese Hügel haben uns vom Landbruch zu Sarangrave-Senke hin abgedrängt. Ich schätze, dass wir hier ungefähr drei Meilen nördlich des Standorts des ehemaligen Kolosses rasten.«
    »Wie nahe sind wir der Sarangrave? Sind wir in Gefahr?«
    Weshalb hatten Hynyn und Narunal tagsüber so dringend gewiehert, obwohl es keine Zäsuren gegeben hatte?
    Stave antwortete sofort: »Ich schätze die Entfernung auf weniger als eine Meile. Trotzdem bringt die Nähe der Sarangrave kaum Gefahren. Dieser Teil der Ebene ist weitläufig, aber seicht, vielerorts nur morastig, jedoch mit Sümpfen durchsetzt. Der Lauerer zieht die tieferen Sümpfe im Herz der Sarangrave vor. Wegen seiner Wildheit und großen Masse braucht er tiefere Gewässer.
    Denkbar ist natürlich«, gestand er leidenschaftslos ein, »dass das Ungeheuer, das der Eifrige Horrim Carabal genannt hat, von unserer Anwesenheit weiß. Wir Haruchai wissen sicher, dass der Lauerer begierig darauf ist, alle Erdkraft zu verschlingen …«Er machte eine Pause und sah kurz zu Mahrtiir hinüber. »Natürlich auch die der Ranyhyn. Vermutlich hat er es auf alle Arten von Theurgie abgesehen. Aber trotz seiner Gier reagiert er nie sehr schnell. Der Lauerer ist furchterregend und tödlich, aber anfangs ziemlich langsam, was darauf schließen lässt, dass

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