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Die Pfade des Schicksals

Die Pfade des Schicksals

Titel: Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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noch für kurze Zeit in der Luft. Aber die vom Meer und aus der Schlucht kommenden böigen Winde trugen ihn rasch davon.
    Nun ließ Covenant endlich die Schultern hängen. Er fühlte sich leicht angewidert und niedergeschlagen, als hätte er ein Verbrechen gegen die eigentümliche Unschuld der Diener des Lauerers begangen. Aber er wusste nicht, was er sonst hätte tun sollen.
    Beistand gegen die Skest. Schutz vor weiteren Angriffen für Linden. Solche Dinge waren notwendig. Aber er hatte sie ihnen gesichert, indem er sich als jemand ausgegeben hatte, der er nicht war.
    Vor langer Zeit, in einem anderen Leben, hatte er einmal geschrieben, Schuld und Macht seien Synonyme. Tüchtige fühlten sich schuldig, weil der Gebrauch von Macht Schuld mit sich brachte. Folglich konnten nur Schuldige tüchtig sein. Tüchtig im Guten wie im Bösen, im Guten wie im Schlechten. Nur die Verdammten konnten erlöst werden.
    Nach dieser Logik war auch das Leben selbst eine Art von Schuld.
    Damals hatte er geglaubt, was er schrieb. Jetzt konnte er nur hoffen, dass er recht behalten würde.

11
    Kurash Qwellinir
    D er Tagesanbruch war kaum mehr als ein fahler Grauschimmer am Höhleneingang, als Clyme hereinkam und reichlich Schatzbeeren für Thomas Covenant mitbrachte.
    Während Covenant sie aß - und auch ihre Samen aufbewahrte, um sie später verstreuen zu können -, berichtete der Meister, alle Feroce hätten die Flucht ergriffen, sobald ihre Unterhändler aus der Höhle zurückgekommen seien. Jetzt stünden Mhornym, Naybahn und Covenants Pferd zum Aufbruch bereit. Dann sah er zu, wie Covenant die köstlich wie ein Festmahl schmeckenden Aliantha aufaß.
    Kauend versuchte Covenant sich einzureden, dies sei nicht sein Henkersmahl, weil dieser Tag nicht das Ende seines erneuerten Lebens bringen werde. Das Ende von Lindens größtem Geschenk …
    Ah, zum Teufel! Er lebte erst seit kurzer Zeit wieder, und es gab so vieles, was er tun wollte; was er tun musste. Linden schuldete er mehr als eine Bitte um Verzeihung: Er schuldete ihr seine ganze Welt. Und er liebte diese Welt so sehr, dass er kaum wusste, wie er all diesen Druck ertragen sollte. Zweimal war ihm das Verdienst zugesprochen worden, das Land gerettet zu haben, aber in Wirklichkeit hatten das Land und seine Bewohner, ihn öfter und auf vielfältigere Weise erlöst, als er zählen konnte. Sein einziges wirkliches Verdienst war, dass er sich bemüht hatte, sich allem würdig zu erweisen: Aliantha und Heilerde, Glimmermere und Schwelgenstein und Andelain. Hoch-Lord Mhoram und Bannor von den Bluthütern, Triock und Salzherz Schaumfolger. Brinn und Cail und den Riesen der Suche. Atiaran. Memla. Sunder und Hollian. Der armen Lena und ihrer zum Untergang verurteilten Tochter Elena, die er und die Toten geopfert hatten.
    Linden Avery.
    Covenant wusste, dass Linden sich wegen vieler Dinge Vorwürfe machte. Aber damit hatte sie unrecht. Er wollte sich die Chance verdienen, ihr das zu sagen.
    Als er aufgegessen hatte, stand er steifbeinig auf. Nach zwei Tagen im Sattel schienen Rücken und Beine nur noch aus schmerzenden Muskelknoten zu bestehen. Aber er war für diese Art Schmerz dankbar, der gewöhnlich und körperlich war, seiner Gefühllosigkeit entgegenwirkte. Seine Lepra war nicht die ganze Wahrheit. Solange er fühlen und sich sorgen und Widerstand leisten konnte, würde er mehr sein als die Summe seiner Schmerzen.
    Nach kurzem Zögern bückte er sich, um die Bänder von Aneles Kittel aufzuheben, in den er Loriks Krill eingewickelt hatte. Sobald der Dolch mit mehreren Stofflagen umhüllt war, packte er den Griff mit seiner Halbhand.
    In Andelain wäre es ihm nicht gelungen, die Klinge ohne Hilfe herauszuziehen - und dort hatte sie nicht in Stein, sondern nur in Holz gesteckt. Vielleicht würde ihm hier einer der Gedemütigten helfen müssen. Aber erst wollte er sehen, wozu er selbst imstande war.
    Diesmal jedoch bewegte er die Klinge etwas vor und zurück, bis sie ausreichend gelockert war.
    Der Krill schnitt Stein mit unheimlicher Leichtigkeit. Gleich beim ersten Versuch konnte Covenant die Klinge herausziehen.
    »Sieh mal an«, murmelte er vor sich hin. »Das hätte ich nicht erwartet.«
    Er betrachtete kurz den leuchtenden Schmuckstein, als versuchte er, Joan in ihm zu sehen; ihre speziellen Qualen in ihm zu entdecken. Außer dem Licht und der Hitze der Teilhabe des seltenen Steins an wilder Magie war jedoch nichts wahrzunehmen. Mit einem Schulterzucken wickelte er den Krill weiter

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