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Die Pfade des Schicksals

Die Pfade des Schicksals

Titel: Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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die kahle Ebene; mehr als schwärmende Hornissen; mehr als Joans wiederholte Qualen.
    Zugleich sah er sie, als wäre er in ihrer Gegenwart präsent.
    Sie stand knöcheltief in Schlamm und Wasser zwischen zerklüfteten Felsen und grausamen Riffen. Irgendwie hatte sie sich einige Hundert Schritte weit über den Meeresboden geschleppt. Jetzt war sie unter dem Felsabbruch angelangt, wo Fouls Hort in die Tiefe gestürzt war. Unter der hohen Kuppel des Nachthimmels stand sie Covenant und den Gedemütigten gegenüber.
    Mit zitternden Fingern umklammerte sie ihren Ehering an seiner Kette, die um ihre Hand geschlungen war.
    Ihre Fingerknöchel waren aufgeschürft. Blut sickerte aus der Wunde an ihrer Schläfe, die sie sich durch ständiges Hämmern mit der Faust beigebracht hatte. In gewisser Weise entsprach diese Selbstverstümmelung Covenants blutender Stirnwunde. Blutige Rinnsale hinterließen Spuren von Leid auf ihrer eingesunkenen Wange. Sie befleckten ihr schmutziges, vielfach zerfetztes Krankennachthemd. In ihren Augen blitzte Wut wie der Krill. Ein krampfartig starres Grinsen ließ ihre wenigen verbliebenen Zähne sehen. Auch aus dem Zahnfleisch in den Lücken sickerte Blut. Es hinterließ Spuren an ihren Lippen, als hätte sie sich von lebendem Fleisch ernährt.
    Aus seinem Gefängnis in ihrem Verstand sah Covenant, dass auch sie ihn sah. Sie sah die Gedemütigten und Loriks strahlende Waffe, als wären sie alle aus ihrem Wahnsinn getreten, um sich ihr entgegenzustellen.
    Covenant, der sich selbst und seine Gefährten beobachtete, während er zugleich Joan im Auge behielt, sah Branl und Clyme auf sie zukommen. Silbern leuchtend durchquerten sie das unergründliche Dunkel. Gemeinsam umgingen sie scharfkantige Felsblöcke, die sie hätten verwunden können, wichen Korallenfingern aus, die wie Klingen nach ihnen griffen, und platschten durch Rinnsale und Priele, die das zurückweichende Meer hinterlassen hatte.
    So weit das Licht des Krill reichte, erzitterten Pfützen und nach Luft japsende Fische und Wasserpflanzen im Rhythmus ferner Erschütterungen. Aber solche Dinge störten Joan nicht. Sie wollte den Tsunami. Er konnte gar nicht früh genug kommen.
    Durch ihre entsetzten Augen sah Covenant, wie er selbst und der Krill und die Meister wie Schreckensgestalten auf sie zukamen.
    Nichts von alledem war real; das wusste er natürlich. Es war nichts als eine Fata Morgana aus Bewegungsabläufen, die durch Loriks Lehrenwissen und Joans wilde Magie ermöglicht wurde; ein reines Fantasieprodukt. Nichts hatte sich verändert. Nichts konnte sich verändern. Er blieb in seiner letzten Zäsur gefangen. Sein eigener Abgrund würde ihn niemals freigeben.
    Aber das spielte keine Rolle. Es war irrelevant. Bedeutungslos. Weil Joan glaubte, was sie sah. Durch seine Teilhabe an ihren Gedanken wusste Covenant, dass sie glaubte, er sei gekommen, um sie zu erledigen.
    Sie glaubte, er wolle zu Ende bringen, was er angefangen hatte, als er sie geheiratet und verraten hatte; als er sie mit einem grausamen Sohn sitzen lassen hatte. Der Mann, den sie von allen Menschen am meisten hasste und fürchtete: der Mann, der sie in ihren schlimmsten Albträumen verfolgte. Der Mann, der sie zu dem gemacht hatte, was sie war.
    Und sie hatte keine Skest, die sie beschützen konnten. Der Wüterich hatte sie alle weggeschickt, damit sie Covenant in den Zerspellten Hügeln abfingen.
    Mit einem gellend lauten Schrei, der die Welt zu spalten schien, hob Joan die Faust. Als sie sich an die Schläfe schlug, löste sie eine Detonation aus, die energiereich genug war, um eine ganze Legion von Thomas Covenants und Haruchai verkohlen zu lassen.
    Der Krill stellte sich ihrem Angriff. Sein Schmuckstein wurde in Covenants Händen zu einer Sonne. Einen Teil von Joans Energie lenkte der Dolch unschädlich ab. Einen weiteren Teil absorbierte er einfach, bis seine Klinge scharf genug war, um die Grenzen zwischen Realitäten zu durchschneiden.
    Trotzdem wurde Covenant von einem Teil ihrer Wut getroffen.
    Sie ließ ihn nicht auf der Stelle tot umfallen, weil er nicht real war. Da er keine physische Existenz besaß, konnte er nicht aus ihren Albträumen ausgemerzt werden. Aber er war trotzdem verwundbar. Sie erschuf durch wilde Magie Zäsuren. Sie konnte beeinflussen, was in ihnen passierte.
    Sie konnte ihm wehtun.
    In den unzähligen Augenblicken gleichzeitiger Einschläge verstand Covenant endlich, weshalb Lord Foul dem Wüterich Turiya nie verboten hatte, Jeremiah durch

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