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Schmeckts noch

Titel: Schmeckts noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Goris
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Einleitung
     
    Ein Freund von mir, er ist Franzose, hat einmal gesagt: »Das Essverhalten von euch Deutschen werde ich nie verstehen! Ihr fahrt zur Tankstelle und kauft das teuerste Öl für den Motor eures Autos, aber beim Kauf von Olivenöl für den Salat spart ihr jeden Cent …!«
    Warum sind wir so sparsam, wenn es ums Essen geht? Wir parken den Wagen für zwei Euro vor dem Supermarkt und regen uns an der Fleischtheke über den Preis für das Schnitzel auf. Es heißt: Der Mensch ist, was er isst. Warum speisen wir uns dann selbst so billig ab? Wir essen das Fleisch gequälter Tiere aus der Massentierhaltung, weil es billiger ist als das Fleisch von »glücklichen« Tieren. Wenn das Schnitzel über den Tellerrand ragt, freuen wir uns diebisch, die Qualität des Fleisches ist uns eher egal, Hauptsache viel! Und das, obwohl wir oft die Hälfte übriglassen und dem Gastwirt beim Abräumen hocherfreut entgegenstöhnen: »Ich habe es nicht geschafft.« Als wäre das ein Kompliment an die Küche! Wenn wir das Geld, das wir für all die weggeworfenen Reste mitbezahlt haben, in gute Bio-Lebensmittel investiert hätten, wären wir besser ernährt. Die Deutschen haben im Vergleich zu anderen europäischen Nationen eine schlechte Ess-Klasse. Unsere Wertschätzung für Lebensmittel ist generell gering.
     
Sind wir alle essgestört?
     
    Wir leben im Angebotsschlaraffenland und pendeln zwischen Völlerei und Diätenwahn hin und her. Auf der Strecke bleiben der Genuss und die Lust am Essen. Genuss wird mit übervollen Tellern, fetten Süßspeisen und viel Fleisch gleichgesetzt. Der Figurwegen wird die Völlerei jedoch als »Sünde« gebrandmarkt, und so plagt uns, schon während wir essen, das schlechte Gewissen. Wer abnehmen will, hat es in unserer von Überfluss geprägten Gesellschaft schwer, denn Nahrung ist allgegenwärtig. Und da alle schlank sein wollen, achten besonders weibliche Konsumenten beim Kauf von Lebensmitteln vor allem auf die Kalorien. Doch wo unser Essen herkommt, wie es produziert wird und ob es für den Körper wirklich ein Lebensmittel – also ein Mittel zum Leben – ist, kann kaum noch jemand mit Sicherheit sagen. Wie auch? Es steht ja nicht neben den Nährwertangaben im Kleingedruckten.
    Dabei liegt es auf der Hand: Ohne Massenmast und industrielles Töten, Billigimporte und Quantität statt Qualität sind die Niedrigstpreise im Handel nicht haltbar. Aber ist Geiz wirklich so geil? Erst wenn verwesendes Gammelfleisch umverpackt wird und in Folie eingeschweißt wieder im Supermarkt auftaucht, werden wir für eine Verbrauchersekunde lang wieder wach.
    Wie weit der Irrsinn gehen kann, zeigte die BSE-Krise. In einer Welt, in der 800 Millionen Menschen hungern, brannten bei uns in Europa wie im Mittelalter wieder die Scheiterhaufen. In den Feuern wurde das Fleisch von Millionen Rindern vernichtet, die nur im
Verdacht
standen, den Wahnsinn im Gehirn zu haben. Was als Rinderwahnsinn durch die Medien geisterte, war in Wahrheit die Folge von Futter-Wahnsinn: Die Futtermittelindustrie hatte Grasfresser zu Kannibalen gemacht, die die Überreste ihrer Artgenossen in Form von Futterpellets als Kraftnahrung vorgesetzt bekamen. Über das Futter wurden Schlachtabfälle und damit die Erreger von BSE verfüttert, die dann das Gehirn von Fleischessern durchlöcherten. Doch dieses Experiment zur Abfallentsorgung ist gehörig schiefgegangen.
    Rinderwahnsinn, Schweinepest, Vogelgrippe: Die Liste der Lebensmittelskandale ist lang. Krebsgifte in Olivenöl, Antibiotika in Schnitzeln und Pestizide in Erdbeeren: Massenproduktion hat ihren Preis, deshalb muss der Mensch eine ganze Menge verdauen!Auf der anderen Seite betreibt die Lebensmittelindustrie einen enormen wissenschaftlichen Aufwand, um die Satten in der Wohlstandsgesellschaft immer satter zu machen. Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit war die Auswahl an Lebensmitteln größer. Ludwig XIV., seines Zeichens Sonnenkönig von Frankreich, würde staunen angesichts der Fülle. Was wusste er schon von Kiwis aus Neuseeland, Bananen aus Costa Rica und Papaya aus Brasilien, die heute jeder Sozialhilfeempfänger kaufen kann? Rund 200 000 unterschiedliche Artikel stehen in den Regalen der Supermärkte, und etwa 600 neue Kreationen kommen Woche für Woche hinzu. Alte müssen dafür ihren Platz räumen.
    Um die Verbraucherakzeptanz im Vorfeld der Markteinführung abzuklopfen, ist ein ganzes Heer an »Vorkostern« beschäftigt. In Sensoriklabors finden Blindtests statt, um

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