Die Pferde vom Friesenhof 02 - Wilde Jagd am Meer
»Ich halte Magic, wenn Charlotte ..., äh, Sophie gelandet ist!«, rief Markus Eichhorn seiner Tochter zu. »Dann kannst du Charlotte ... Mist, schon wieder versprochen!« Er kickte gegen die Reifen seines Wagens. »Also, dann kannst du Sophie direkt am Flugzeug abholen.«
Lea lachte. »Papa, du lernst es nie.«
Vornamen konnte sich ihr Vater schlecht merken. In diesem Fall war es auch schwierig. Denn das Mädchen, das sie erwarteten, besaß zwei verschiedene Namen ... Lea nahm die Reitkappe ab und schob das Gummiband zurecht, mit dem sie ihr schwarzes Haar bändigte. Warm war es heute. Ideal zum Ausreiten. Wo mochten die Ferienmädchen vom Friesenhof jetzt sein? Sicher fetzten sie mit den Pferden an der Brandung entlang. Vorneweg Klara, Leas vierzehnjährige Schwester. Normalerweise ließ sich Lea keinen Ritt an die Nordsee entgehen - aber heute zog sie es vor, den neuen Feriengast abzuholen. Das versprach genauso aufregend zu werden.
Die zwölfjährige Charlotte Lech war nämlich berühmt. Genau genommen nicht Charlotte, sondern ihre Mutter, die bekannte Filmschauspielerin Isabel Lech. Unter dem Decknamen »Sophie Semmelhuber« wollte Charlotte Reiterferien auf dem Friesenhof verbringen. Sie kam mit einem Privatflugzeug aus München, denn Charlottes Eltern mieden seit einigen Wochen Straßen und Bahnstrecken.
Der Grund für das Versteckspiel: In München hatte ein Verbrecher gedroht, das einzige Kind der Schauspielerin
Isabel Lech zu entführen, um Geld zu erpressen. Der Mann hatte ein Matheheft und die Federmappe aus Charlottes Schultasche entwendet und per Post an die Mutter geschickt - als Beweis, dass er jederzeit an das Mädchen herankam.
Nun beschützte ein Leibwächter Charlotte. Weil die sich aber nichts sehnlicher wünschte als »normale« Reiterferien ohne Beschützer, hatte ihre Mutter schließlich nachgegeben. Auf der Suche nach einer Ferienanlage waren sie auf Eichhorns Friesenhof in Westerbüll gestoßen. Die Ferienkinder sollten von der Prominenz des Gastes nichts erfahren. Vorsichtshalber. Damit sich keiner verplapperte.
Lea warf einen Blick auf den Windsack, der schlaff herabhing. Das Dröhnen der Flugzeugmotoren schwoll an. In der Sonne blitzte die gläserne Kabine auf. Magic drehte sich und tänzelte auf der Stelle. Aufmerksam verfolgte er das weiße Flugzeug, das weich aufsetzte und über die Landebahn rollte.
Lea sprang aus dem Sattel und übergab ihrem Vater Magics Zügel.
»Ich sause jetzt hin«, sagte sie erwartungsvoll. Endlich lernte sie die Schauspielertochter kennen. Wie sie wohl war? Verzogen? Affig? Hoffentlich nicht.
Lea rannte am Hangar vorbei und am Cafe, vor dem ein paar Besucher Eis löffelten. Gerade rechtzeitig erreichte sie das Vorfeld und lief zu der weißen Cessna, die auf dem Halteplatz stoppte. Die Tür zum Passagierraum wurde geöffnet. Lea blieb neben dem Flugzeug stehen und kaute auf der Unterlippe. Ob Isabel Lech so toll aussah wie im Film?
Da war sie! Lea stieß einen überraschten Pfiff aus, als die Schauspielerin aus der Maschine kletterte. Sie sah noch besser aus als im Kino, fand Lea. Isabel Lech war berühmt für ihre leuchtend grünen Augen und ihr goldbraunes Haar, das in Wellen auf ihre Schultern fiel.
Sie nickte Lea freundlich zu. »Hallo, bist du vom Reiterhof?«, fragte sie.
Lea grinste und zog ihr T-Shirt glatt, sodass man den Aufdruck »Reiterparadies Friesenhof« lesen konnte.
Ein hoch aufgeschossenes Mädchen kletterte hinter der Filmschönheit aus dem Flugzeug, das der Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten war. Die gleichen grünen Augen und eine ebensolche Haarpracht.
»Logisch, dass jeder Entführer Ihre Tochter sofort erkennt«, entfuhr es Lea. »Charlotte sieht aus wie eine Fotokopie von Ihnen.«
»Pst!« Frau Lech sah sich rasch um und legte einen Finger auf den Mund. »Ab sofort Sophie, Sophie Semmelhuber.«
Charlotte sprang mit einem Satz auf die Landebahn und reckte sich. Der Pilot räumte eine Reisetasche und Reitstiefel aus der Gepäckklappe und drehte sich zu Frau Lech um. »Sie kommen heute wieder mit nach München zurück?«
Die Schauspielerin nickte. »Auf jeden Fall. Ich zeige mich besser gar nicht erst auf dem Friesenhof.« Suchend blickte sie sich um.
Lea wies auf den Ausgang. »Wenn Sie meinen Vater sprechen wollen - der wartet dort drüben.«
Charlotte drückte ihrer Mutter einen Kuss auf die Backe. »Das vergesse ich dir nie, Mama, dass du mir die Reiterferien erlaubt hast. Wünsch dir etwas ganz Irres, das
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