Die Pferde vom Friesenhof 02 - Wilde Jagd am Meer
küssen«, sagte sie zu Charlotte. »Schließlich haben wir dich besser beschützt als dein komischer Leibwächter zu Hause. Und wir haben es geschafft, dass alle Reitermädchen dichtgehalten haben.«
»Stimmt«, sagte Charlotte. »Das war einfach genial. Aber eins haben wir in diesen Ferien nicht geschafft.« »Und das wäre?«
»Ein schönes Bernsteinherz für meine Mutter schleifen zu lassen.«
»Du hast Sorgen«, sagte Lea und ließ Flicka antraben.
Meike und Markus Eichhorn waren hin- und hergerissen zwischen Stolz auf ihre Truppe und Entsetzen über die gefährlichen Ereignisse, die hinter ihrem Rücken abgelaufen waren. Die gefärbten Haare, die Stoppelfrisuren - das alles setzte sich für sie nun wie ein Puzzle zusammen. Natürlich war keine Rede mehr davon, das Taschengeld für Lea und Klara zu streichen. Obwohl sich Meike und Markus Eichhorn einig waren, dass sie später ein ernstes Wort mit ihren Töchtern reden mussten. So etwas Riskantes hätten die beiden nie auf eigene Faust durchziehen dürfen.
Den ganzen Tag wurde auf dem Friesenhof über nichts anderes als die Kidnapper gesprochen. Noch abends liefen die Mädchen wie aufgescheuchte Hühner zwischen den Zimmern hin und her. Normalerweise sorgte Markus Eichhorn spätestens um zweiundzwanzig Uhr für Ruhe. Aber nach den einschneidenden Erlebnissen sollten sich die Mädchen alles von der Seele reden.
Als zu später Stunde noch die Polizei anrief und Neues von den Kidnappern berichtete, war es mit der Ruhe vollends vorbei.
Rick Katzenberger hatte einiges zugegeben - den Einbruch in die Praxis, den Rattenüberfall, den Schlaftablettenangriff auf Ingwersens Hund. Die Entführer hatten im Strandkorb geschlafen, aus Angst, in einem Hotel aufzufallen. Jette Jacobs’ Beweismaterial war so erdrückend, dass leugnen zwecklos war.
An Schlaf war nun überhaupt nicht mehr zu denken.
Markus Eichhorn schlug vor: »Bleibt einfach zusammen im Friesenzimmer. Ist ja eure letzte Nacht.«
Johlend zogen alle Mädchen zu Lea, Klara und Charlotte, warfen sich auf die Betten und redeten wild durcheinander. Jedem Mädchen fiel noch eine Einzelheit ein, jede kontrollierte zum x-ten Mal, ob sie auch alle Telefonnummern aufgeschrieben hatte.
Draußen dämmerte der Morgen, als Meike Eichhorn ins Zimmer kam. »Jetzt wird aber gepackt, Kinder!«
Von »Packen« konnte keine Rede sein. Jede hielt nur ihre Reisetasche vor den Schrank und fegte mit dem Arm alles hinein.
Herz in letzter Minute
Morgens um sieben fuhren die ersten Eltern vor, um ihre Tochter abzuholen. Kurz danach mussten sich auch die anderen Mädchen vom Friesenhof verabschieden. Nur Vanessa und Amber durften noch bis zum Abend bleiben.
Lea hatte versprochen, Charlottes kleinen Bernstein in letzter Minute für ihre Mutter schleifen zu lassen. In dringenden Fällen schaffte es Bernsteinschleifer Jürgens, ein rohes Fundstück innerhalb weniger Stunden in einen Kettenanhänger zu verwandeln.
Lea befürchtete, dass aus Charlottes Bernstein höchstens ein erbsengroßes Herz wurde, so klein war das Bröckchen.
Bevor Lea zu Jürgens’ Bernsteinschleiferei fuhr, stieg sie in ihr Dachzimmer und holte ihren eigenen Bernstein aus der Schatzkiste. Ein bisschen wehmütig betrachtete Lea den hühnereigroßen Brocken, dann schlug sie ihn seufzend in ein Tuch und steckte ihn ein.
Nach dem Mittagessen - Lea war noch nicht mit dem Bernstein aus Westerbüll zurück - brachte Dr. Eichhorn Charlotte mit seinem Wagen zum Flugplatz. Klara und Lea sollten auf Magic und Luna nachkommen, sobald Lea heimkehrte.
»Meine Mutter muss unbedingt die Pferde sehen, die mich gerettet haben«, hatte Charlotte gedrängt.
Als Lea um vierzehn Uhr immer noch nicht zurück war, entschied Meike Eichhorn: »Wir können nicht länger auf Lea warten, sonst fliegt die Maschine nach München zurück, ohne dass ein einziges Pferd am Flughafen war. Vanessa und Amber, ihr reitet auf den Shettys zum Flugplatz. Mit Klara.«
Die Hamburger Mädchen brachen in ein Freudengeheul aus und stürmten in den Stall. So schnell hatten sie Rambo und Zorro noch nie gesattelt!
Es war immer noch windig, als sie losritten, wenn auch nicht mehr so stürmisch wie gestern. Einträchtig trabten Luna, Rambo und Zorro nebeneinander über die Feldwege zum Flugplatz. Die Blätter der Silberpappeln rauschten im Wind und die Luft war mit Duftwolken von wilden Rosen und Kräutern erfüllt.
Als die Reiterinnen den Flugplatz erreichten, wartete Dr. Eichhorn mit
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