Die Phoenix-Chroniken: Glut (German Edition)
Dabei gingen lauthals Flaschen und Gläser zu Bruch.
„Liz?“, rief Megan.
Ich öffnete den Mund und rief zurück: „Lauf weg!“ Dann brachte ich keinen Ton mehr heraus, denn die Frau drückte zu.
Sie wandte den Blick in Megans Richtung. Gerne hätte ich gerufen: „Sieh nicht hin!“ Doch zu Worten war ich ebenso wenig imstande wie zum Atmen.
Dem Zischen folgte ein dumpfer Aufprall. Wie ein Körper, der die Wand hinabrutscht und dann auf dem Boden zusammenbricht. Hatte die Frau aus Rauch meine Freundin mit einem einzigen Blick getötet? Zuzutrauen wäre es ihr gewesen.
Ich zerrte an ihren Händen, zog an ihren Fingern. Schließlich gelang es mir, den Griff etwas zu lockern, indem ich ihr einige Finger brach, um Luft zu schnappen.
Was, zum Teufel, war geschehen? Ganz offensichtlich war die Frau aus Rauch als Abgesandte des Bösen darauf aus, mich umzubringen. Seit ich die Anführerin des Lichts in der Schlacht gegen die Dämonen war, schien sich eine große unsichtbare Zielscheibe auf meinem Rücken zu befinden.
Jedoch wurde ich bei den Malen zuvor immer wieder durch eine – wie ich sie nenne – Geisterstimme gewarnt. Ruthie Kanes Stimme, die Stimme der Frau, die mich großgezogen und deren Tod diesen Schlamassel hier erst ausgelöst hatte, würde mir zuflüstern, mit welcher Art von Kreatur ich es zu tun hatte. Selbst wenn ich zumeist nicht wusste, wie der Dämon zu beseitigen war – ohne die ansonsten übliche Ausbildung hatte man mich ins kalte Wasser gestoßen –, wurde ich doch lieber über den drohenden blutigen Tod im Voraus informiert, als von ihm hinterrücks überfallen zu werden.
Die Frau aus Rauch hatte mein Silbermesser genommen, ohne dass ihre Finger danach von roten Pusteln übersät waren. Also keine Gestaltwandlerin, zumindest nicht im herkömmlichen Sinn … wie ein Werwolf. Vereinigt man nämlich Werwolf und Silber, so endet das in der Regel mit Asche.
Ihrer Kraft nach zu urteilen könnte sie eine Vampirin sein, doch Vampire hätten meine Kehle in Stücke gerissen und sich an meinem Blut geweidet. Dennoch …
Ich ließ ihre Hand los und riss die Uniform auf, sodass Ruthies Silberkreuz herausbaumelte. Normalerweise reagierten Vampire stark auf das Amulett, nicht so sehr wegen der Jesusfigur oder des Materials, sondern weil es geweiht war. Sie hingegen zuckte nicht einmal mit der Wimper.
Ich presste es trotzdem an ihr Handgelenk. Nichts. Also auch keine Vampirin.
Schlagartig regte sie sich jedoch nicht mehr. Der Griff um meinen Hals lockerte sich, und die kleinen schwarzen Pünktchen vor meinen Augen verschwanden. Sie starrte auf meine Brust, doch nicht mit demselben Ausdruck von Faszination, den ich oft ernte, wenn ich meine Bluse öffne. Selbst ich fand meine Brüste nicht schlecht. Doch hatte sich bislang noch nie eine Frau so dermaßen dafür interessiert. Mir gefiel das ebenso wenig, wie mir diese Frau gefiel.
„Woher haben Sie das?“ Aus ihren Augen sprühten Funken, und ich hätte schwören können, dass in ihren schwarzen Pupillen die Flammen hochschlugen.
„Dd-das Kreuz ist …“
„Ein Kreuz kann mich nicht aufhalten“, sagte sie feixend, riss mir das geliebte Andenken vom Hals und schleuderte es weg.
„He!“ Hastig zerrte ich ihr Amulett auf die gleiche Weise vom Hals.
Es war, als stünde die Luft still, doch gleichzeitig bewegte sich mein Haar in einem durch nichts zu erklärenden Wind.
Eine Entsetzliche , flüsterte Ruthie endlich, Naye’i.
Ein Naye’i war der Geist eines Navajo. Davon hatte ich schon gehört. Und plötzlich fügten sich die Puzzleteile mit einem beinahe hörbaren Klick zusammen.
Die Frau aus Rauch wich zurück, starrte dabei auf meinen Türkis, der erst neulich seine eigene Kette bekommen und bislang mit Ruthies Kreuz zusammengehangen hatte.
„Ihnen gefällt mein Türkis wohl nicht.“ Ich richtete mich auf.
Ihr Blick wanderte von dem Stein zu meinem Gesicht. Zwischen ihren halb geschlossenen Lidern konnte ich lediglich orange Flammen entdecken. „Das ist aber nicht Ihrer.“
„Ich kenne da jemanden, der würde das Gegenteil behaupten.“ Sehr langsam näherten sich meine Finger dem blaugrünen Stein. „Nämlich der, der ihn mir geschenkt hat. Ich glaube, Sie nennen ihn ‚Sohn‘.“
Sobald sich meine Finger darum schlossen, glühte der Stein und wurde weiß, und die Naye’i knurrte wie der Dämon, der sie auch war, löste sich in Rauch auf und verschwand.
2
I n der Nähe der Bar bewegte sich etwas, geduckt ging ich
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