Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)
Einladung gefolgt. Die Folge war, dass eine drangvolle Enge im Besprechungszimmer B 312 herrschte, und natürlich eine übermäßige Hitze.
Auf der einen Seite saßen die Vertreter der Kölner Polizei, Hauptkommissar Müller, Hauptkriminalmeister Allenstein (bei dem es endlich zu einer Beförderung gereicht hatte), Oberkommissar Leonard und Kommissar Jungnickel. Auf der anderen Seite fanden sich Frank Hellinger und Conny Baumeister, daneben, mit ernster Miene, Dr. Wiegand und sein Freund Dr. Krings vom Archäologischen Institut. Die Kopfseite nahmen Kaplan Wagenbach (der Kardinal war wohl verhindert) und der Pfarrer von St. Pantaleon, Diefenstein, ein.
»Meine Herren«, begann der Polizeipräsident, »wir haben Sie heute eingeladen, weil die Ermittlungen in der Angelegenheit ›Schriftrollen‹ ihren, ich darf sagen, erfolgreichen Abschluss gefunden haben.«
Er zog ein Taschentuch hervor und tupfte sich die Stirn ab.
»Sie alle waren in der einen oder anderen Form in das Verfahren involviert, haben es gefördert oder auch behindert (Schmunzeln bei den Zuhörern) und haben ein Recht zu erfahren, wie die Dinge sich entwickelt haben. Nun, ich möchte zusammenfassen: Sie, Herr Hellinger, haben die ganze Sache ins Rollen gebracht, weil Sie die Rollen äh ... gefunden haben. Es waren einmal acht Rollen, von denen aber durch Gewalt, Unglück oder widrige Umstände letztlich nur eine Rolle überlebt hat.«
Er wies auf ein Schriftstück, das ausgebreitet vor ihm lag. (Schmerzliches Aufseufzen bei den Vertretern der Kirche.)
»Mehrere Tote hat das unselige Rennen um die Schriftstücke gekostet, aber die Fälle sind sämtlich aufgeklärt. Der Mord imArchäologischen Institut der Universität Köln, das haben die Ermittlungen ergeben, wurde von einem gewissen Henry Stencovich verübt, ohne dass er in direktem Zusammenhang mit den Rollen steht. Offenbar hatte Stencovich die Rollen dort vermutet, aber dann kam ihm der arme Professor Kohlbruch in die Quere, der als Zeuge beseitigt wurde.«
Der Polizeipräsident schüttelte den Kopf, mehrere Schweißtropfen landeten auf dem Tisch.
»Dieser Mann, ich meine natürlich den Stencovich, hat ein internationales Vorstrafenregister, das länger als der Tisch ist. Er wurde vor acht Tagen beim Versuch der Ausreise in Amsterdam verhaftet. Wir betreiben seine Auslieferung.«
Der Präsident machte eine kurze Pause und schenkte sich Wasser ein, das er hastig trank.
»Dieser Henry Stencovich arbeitete im Auftrag jenes Paares in Rodenkirchen, das ebenfalls ermordet wurde. Wir wissen aber inzwischen, dass der Mörder ebenfalls Stencovich hieß, aber Boris Stencovich. Boris war der Zwillingsbruder von Henry, aber ganz offenbar haben beide im Auftrag verschiedener Auftraggeber gehandelt, ohne voneinander zu wissen. Die Leiche von Boris Stencovich wurde vor vier Wochen in der Wohnung seines Zwillingsbruders gefunden. Offenbar hat ihn der eigene Bruder erschossen.«
Ein Raunen ging durch die Runde, Getuschel, Wortfetzen. Der Polizeipräsident wartete einen Augenblick und blickte streng in die Runde, aber alle hörten wieder gebannt zu. Nur Kriminalhauptmeister Allenstein versuchte ständig, die Position zu wechseln, weil der harte Stuhl seinen schmerzenden Knochen wenig behagte.
»Damit kommen wir zu dem Auftraggeber von Boris Stencovich. Eine interessante Sache. Ganz offensichtlich sitzen, so viel wissen wir von unseren italienischen Kollegen, die Auftraggeber in Rom, genau genommen im Vatikan.«
Kaplan Wagenbach hustete verlegen, und Pfarrer Diefenstein rang sichtbar nach Luft.
»Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es dort offenbar so etwas wie einen geheimen Zirkel gibt, oder besser, gab, an dessen Spitze ein Kardinal namens ... Sarrafini stand, ein ...«, er blickte auf die vor ihm liegende Akte, »Prosekretär der Glaubenskongregation.Unsere geistlichen Herren wissen sicher besser, was das im Einzelnen ist. Nun, wie wir erfahren haben, wurde dieser Herr inzwischen von seiner verantwortungsvollen Position auf eigenen Wunsch abgelöst. Aus Altersgründen, so heißt es. Er leitet, soviel ich weiß, nun ein Kloster in der Toscana.«
Kaplan Wagenbach und Pfarrer Diefenstein warfen sich bedeutsame Blicke zu.
»Es hat auch von jemandem aus dem Kreis des Geheimzirkels den Versuch gegeben, Kontakt mit der vatikanischen Polizei, also der ... der Schweizer Garde aufzunehmen. Man hat ihn aber wohl gewaltsam daran gehindert. Das Ganze wurde als Verkehrsunfall getarnt.«
Erneut griff
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