Die Pilgerin
bereits folgen, als ihm noch etwas einfiel. »Und was ist mit meinen Gefährten?«
»Die können sich in der Gesindestube waschen! Anschließend wird man ihnen in der Küche Essen reichen.«
In Tillas Augen klang der Graf arg arrogant und sie wollte bereits die Stacheln aufstellen, als Starrheim beschwichtigend die Hände hob. »Verzeiht, wenn ich Euch widerspreche, Monseigneur, doch meine Begleiter haben mit mir Hunger und Durst geteilt und ebenso die Gefahren, denen wir begegnet sind. Einige von ihnen haben nicht weniger als ich gegen die Söldner gekämpft, um Mademoiselle Blanche zu retten. Sie jetzt erniedrigt zu sehen, während ich an Eurer Tafel schmausen darf, verletzt meinen Pilgerschwur.«
»Geschwätz!«, bellte Hugues de Saltilieu.
Seine nicht ganz freiwillige Verlobte Felicia nickte scheinbar gerührt und lächelte Starrheim zu. »Erlaubt mir, Euch den Willkommenskuss zu geben!«
Sie stand auf, kam um die Tafel herum und umarmte ihn ungeachtet seiner staubigen Pelerine und küsste ihn auf den Mund. Hugues stieß einen Laut aus, der Tilla an das Knurren eines gereizten Kettenhunds erinnerte, während Blanche, die nicht weit von ihr entfernt stand, wie ein junges Kätzchen fauchte.
Auch Graf Gaston schien nicht ganz mit der Handlungsweiseseiner Verwandten einverstanden zu sein, denn er warf sowohl ihr als auch Saltilieu und Starrheim warnende Blicke zu. Seine Worte galten jedoch Felicia. »Versuche nicht, Hass zwischen diese beiden Herren zu säen, meine Liebe. Ich werde es nicht zulassen, und wenn ich schon morgen das Brautlager für dich richten lassen muss!«
Er schwieg und musterte die Pilgerschar mit einem amüsierten Blick. »Nun, warum nicht? Lasst auch sie sich waschen, kleidet sie frisch und bringt sie an meine Tafel. Sie werden uns gewiss nicht weniger unterhalten als die Akrobaten, die vorhin aufgetreten sind.«
Von den meisten seiner Gäste erntete er beifälliges Gelächter. Hugues de Saltilieu jedoch zog ein Gesicht, als hätte der Graf ihn eben dazu verurteilt, sämtliche Kröten zu schlucken, die in der Umgebung von Orthez zu finden waren.
IV.
Die Badekammer des Grafen entpuppte sich als größerer Raum mit einem Gewölbedach, das von vier Säulen getragen wurde. Anstelle hölzerner Bottiche, wie Tilla sie aus ihrer Heimat kannte, standen vier große kupferne Wannen darin, die jeweils vier Personen Platz boten.
Knechte schleppten warmes Wasser aus der Küche heran, während Mägde in einfachen Hemdchen, die ihnen kaum über die Knie reichten, mit großen Stücken Seife, Schwämmen und Fläschchen mit Duftölen bereitstanden, um sich der Fremden anzunehmen.
Gewöhnt, einander zumindest im Halbdunkel der Pilgerherbergen nackt zu sehen, machten sich Tilla und ihre Gefährtendaran, sich auszuziehen, und wollten in die Wannen steigen. Die Mägde hielten sie jedoch auf und wuschen ihnen mit Schwämmen, die sie in warmes Wasser tauchten, den gröbsten Schmutz vom Leib. Dabei kamen sie auch etwas empfindlicheren Körperregionen nahe. Einige der Männer stöhnten und Sebastian strömte das Blut in die Lenden, bis sein Glied in voller Pracht stand.
Eine der kecken Mägde tippte mit einem Finger auf dessen Spitze und machte Andeutungen, dass sie später durchaus Gefallen daran finden könnte, ihre Bekanntschaft mit dem gut aussehenden Allemand zu vertiefen. Auch Sebastian schien nichts gegen eine kleine Balgerei mit ihr zu haben und rief mit seinem erwartungsvollen Gesichtsausdruck Vater Thomas’ Zorn auf sich herab. »Wir befinden uns auf einer Pilgerfahrt zu einer der heiligsten Stätten und nicht in einem Bordell!«
Die Magd kicherte und deutete hinter dem Rücken des Pilgerführers ein traurig zwischen den Schenkeln herabhängendes Dingelchen an. Ihre Gefährtinnen lachten darüber und zwitscherten so rasch in ihrer Sprache, dass Tilla kein einziges Wort verstand. Sie war froh, als die Magd, die sie gesäubert hatte, ihr mit einem leichten Klaps auf den Po andeutete, dass sie in die Wanne steigen konnte. Starrheim folgte ihr sofort, ebenso Blanche, und dann auch Sebastian, der nun allerdings die Hände vor die Körpermitte hielt, um sich nicht erneut im Zentrum des Spotts wiederzufinden.
»Ausländische Sitten«, murmelte er, nicht ohne den Bademägden einen raschen Blick zuzuwerfen, deren Hemdchen nass geworden waren und nun mehr zeigten, als schicklich war.
»Ich bin froh um das Bad, auch wenn es mir bei Olivia und ihren Frauen besser gefallen hat«, antwortete Tilla und wurde
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