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Die Plastikfresser

Die Plastikfresser

Titel: Die Plastikfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kit Pedler und Gerry Davis
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Kramers Denkweise, und die fand er ungewöhnlich anregend.
    Gerrard hatte Kramer sein Haus angeboten, und Sharon sorgte für sie beide. Für Gerrard war es eine Zeit voller Hochspannung, und als Kramer schließlich nach England zurückkehrte, um seine wissenschaftliche Beratungsfirma aufzubauen, wußte Gerrard, daß er sich in dem einspurigen Leben in der Provinzuniversität mit ihrer calvinistisch starren Machtstruktur nie wieder zurechtfinden könnte.
    Zwischen Gerrard und Sharon bauten sich Spannungen auf, die schließlich beiderseits zu Seitensprüngen und zu einer unangenehm verworrenen Scheidung führten. Gerrard blieb ein weiteres Jahr an der Universität, isolierte sich in der autoritären Atmosphäre der Universität immer mehr, und sah sich schließlich in die Rolle eines Anführers der Opposition gegen das Machtregime der älteren Professoren gedrängt. Die Lage spitzte sich zu, es kam zur Revolte; sie hatten Erfolg, aber danach sah er sich – wie es Reformern häufig geht – von beiden Seiten abgelehnt. In diesem Klima hatte ihn, und das war erst einige Monate her, die Einladung Kramers erreicht, sich an seiner Beratungsfirma in London zu beteiligen. Gerrard traf seine Entscheidung augenblicklich, trat von seinem Posten zurück, verkaufte Haus, Möbel, Wagen und reduzierte so seinen Besitz auf den Inhalt zweier Koffer, flog nach London und übernahm den Job.
    Auf den ersten Blick war die Kramersche Beratungsfirma eine neuartige und aufregende Idee: eine Gruppe von Experten, die unter Kramers brillanter Organisationsfähigkeit ihr Fachwissen und ihre Denkfähigkeit vereinigten und Problemlösungen für Industrie und Wissenschaft durchführten. Sie waren schließlich über das reine Geschäft mit der Lösung ihnen vorgelegter Probleme hinausgegangen und hatten mit einigen höchst einträglichen Erfindungen Erfolg gehabt. Eine dieser Erfindungen, die Wright, der Chemiker des Teams, gemacht hatte, war unter dem Namen Aminostyrene bekannt: ein neues dauerhaftes Plastikmaterial, das nun in der Industrie für Isolierungen verwendet wurde. Die andere war ein Versuch, etwas zur Lösung des Umweltverschmutzungs- und Abfallproblems beizutragen, und zwar mit einer Plastikflasche, die unter der Einwirkung von Licht zerfiel und sich in feinen Staub auflöste.
    Eine hervorragende Idee aus einem fruchtbaren und brillanten Stall, dachte Gerrard, aber in letzter Zeit wuchs in ihm das Gefühl, daß irgend etwas in der Gruppe nicht mehr stimmte. Und auf irgendeine Weise lag es an Kramer.
    Arnold Kramer war eine ehrfurchtgebietende Persönlichkeit. Er war ein untersetzter, kraftvoller Mann mit blauen Augen unter schweren Lidern, die selten den Gesprächspartner anblickten. Sie schienen vielmehr ständig einen fernen Horizont etwas oberhalb des Gegenübers abzusuchen. Und wenn er seine Augen senkte, dann hatte sein Blick eine Kraft, der man kaum widerstehen konnte. Seine Gespräche waren brillant, fast enzyklopädisch in ihrem Wissensgehalt, und doch voll Präzision, dazu mit einem Gefühl für die Form und die Farbe von Worten, die manchmal ans Poetische grenzten.
    Doch seit ihrer gemeinsamen Forschungszeit in Kanada war eine Veränderung in Kramer vorgegangen. Aber vielleicht hatte Gerrard ihn damals auch nicht gut genug gekannt.
    In Kanada hatte sich Kramer auf einem ganzjährigen Studienurlaub befunden. Er hatte seine Gelehrsamkeit und seinen Intellekt ganz auf die Forschung und – auch wenn man zögert, dieses Wort in Verbindung mit Kramer zu gebrauchen – auf die Lebensfreude gerichtet. Es hatte ihm Vergnügen bereitet, Stunden, ja Tage fast ausschließlich mit Spekulationen, mit Philosophieren und mit der Aufstellung von Hypothesen verbringen zu dürfen.
    Das alles war nun an Kramer nicht mehr zu finden. Der Mann, den Gerrard vor sich sah, schien eine andere Ausgabe jenes Arnold Kramer zu sein, den er gekannt hatte. Der damals so reiche Fluß seiner Unterhaltung, in der die Ideen funkelten, schien nun in eine eklektische, gedrängte, hektische, oft sogar brüsk geschäftsmäßige Kurzschrift kanalisiert worden zu sein. Jede Bemerkung, jede Idee, jede Spekulation wurde nur noch auf ihren Gewinn abgeklopft. Sein einziges Kriterium schien zu sein: »Bringt das Geld oder bringt das kein Geld?«
    Der Philosoph Kramer, den er gekannt hatte, war intellektuell überwältigend gewesen. Dieser neue Kramer aber war es in doppelter Weise. Er war auch, auf eine neue Weise, einschüchternd. Seine Triebkraft brannte wie ein

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