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Die Plastikfresser

Die Plastikfresser

Titel: Die Plastikfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kit Pedler und Gerry Davis
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Weihnachtseinkäufer. Früher hatte Gerrard immer an diesem vorweihnachtlichen Gedränge, an der Atmosphäre eines Warenhauses zur Vorweihnachtszeit Gefallen gefunden. In seiner Studentenzeit hatte er oft als Aushilfe hinter den Warentischen gearbeitet, um sich in den Semesterferien etwas Geld zu verdienen. Das war in den großen Kaufhäusern von Toronto und Montreal gewesen, aber hier war die Atmosphäre ganz anders.
    In den kanadischen Warenhäusern herrschte zur Adventszeit ein anderer Glanz – und eine gewisse Unschuld, trotz der dringenden Ermahnungen, auf überflüssige Geschenke zu verzichten. Hier aber schienen alle Leute müde und bedrückt zu sein, sie schienen dem Fest lustlos entgegenzusehen; es war ein Ritual, das wie jedes andere Ritual erfüllt wurde, ohne Vergnügen, ohne festliche Vorfreude. Dabei konnte das Einkaufen von Geschenken viel Spaß machen, dachte Gerrard, während er die Rolltreppe hinauffuhr.
    In der Spielwarenabteilung war das Gedränge noch stärker, und der Geräuschpegel lag bei gut siebzig Dezibel. Kinder schrien, riefen einander zu, griffen nach Spielzeugen, schlugen Trommeln und bliesen auf Blechtrompeten; kleine Plattenspieler grölten die letzten Hits und kitschige Kinderlieder. Kleine elektrische Autos und Motoren mischten ihr Surren in das Geräusch ablaufender Federwerke und das Rasseln von fast hundert Blechtieren, die auf einem großen runden Tisch herumspazierten.
    Im Hintergrund der Abteilung stand die unvermeidliche Krippe und vor dem Weihnachtsmann eine lange Schlange. Neben der Krippe befand sich eine Sonderausstellung unter dem Titel ›Spaziergang auf dem Mond‹. Anne Kramer stand davor und wartete auf Gerrard. Er ging auf sie zu. »Hallo«, sagte Anne. Sie stellte ihm einen lockenhaarigen und eifrigen jungen Mann mit rosigem Gesicht und einer dicken Tweedjacke vor, der neben ihr stand.
    »Das ist Mr. Aspinall, Mr. Gerrard.« Sie gaben sich die Hand. Aspinall war groß, schlaksig, jugendlich; sein Handschlag war kraftlos und ein wenig feucht.
    »Nun«, sagte Gerrard. »Dann wollen wir uns das mal ansehen.«
    Aspinall zeigte ihnen den Weg durch die nun geschlossene Ausstellung.
    Barrat hatte sich die Sonderausstellung dieses Jahr etwas kosten lassen, hatte keine Unkosten gescheut, um ein Modell der Mondsonde herzustellen, eine weite Ebene aus silbernem Mondsand und – als Hauptattraktion – zwei lebensgroße Figuren in Weltraumanzügen. Der eine Raumfahrer konnte sich sogar bücken und ein Stück Mondgestein aufheben und es ungefähr fünf Meter weit zu der wartenden Mondlandefähre tragen, erläuterte Aspinall. Er lud es in die Fähre und begab sich wieder in seine vorherige Stellung. Mit dieser Figur, die den Commander des Raumschiffes darstellte, hatte der Ärger begonnen.
    Ursprünglich war der Roboter von einer amerikanischen Universität als Demonstrationsobjekt für eine Kybernetikkonferenz konstruiert worden. Man hatte ihn dann teilweise auseinandergenommen, und schließlich war er von der Kaufhausgesellschaft erworben worden. Aspinall und seine Abteilung hatten den Roboter wieder zusammengebaut und auch einige Schaltzüge, die aus Aminostyrene hergestellt waren, eingesetzt.
    In Aspinalls Werkstatt hatte alles gut funktioniert. Der Roboter war dank der neuen Schaltungen leichter zu transportieren und auch billiger geworden. Der Roboter war eine große Attraktion – solange er funktionierte. Vor einer Woche war er im Kaufhaus aufgebaut worden, und Anne Kramer hatte eigens einen Artikel über ihn geschrieben, und auch darüber, daß Aminostyrene und anderes neues Plastikmaterial bei seinem Bau Verwendung gefunden hatten.
    Die feierliche Eröffnung der Ausstellung war ein voller Erfolg gewesen, innerhalb von zwei oder drei Tagen war die Schau von Tausenden von Erwachsenen und Kindern besucht worden, und das zum Eintrittspreis von dreißig Pence pro Kopf. Dann, auf einmal, ging alles schief, und vor fünf Tagen hatte man die Ausstellung schließen müssen. Die Ursache des Versagens lag offensichtlich im Plastikmaterial.
    Aspinall führte Anne und Gerrard zu einer kleinen Werkbank, die hinter dem Weltraumschiff aufgebaut worden war. Auf der Bank lagen einige kleine Schaltungen, die abmontierten Rückenplatten und andere Bestandteile des Roboters. Allem Anschein nach waren die Plastikteile weich geworden und hatten ihre ursprüngliche Form verloren, als wären sie unter Hitzeeinwirkung geschmolzen, oder als wären sie einem Lösungsmittel ausgesetzt

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