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Die Poggenpuhls

Die Poggenpuhls

Titel: Die Poggenpuhls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Goldenen Kalbe nachjagt.«
    »Ja«, sagte Leo, »das tu ich. Wenn es nur was hülfe.«
    »Wird schon«, tröstete die sofort an Flora denkende Manon.
    »Aber wozu das?« fuhr Leo fort. »Das liegt ja alles weitab. Vorläufig sind wir noch bei den Quitzows, bei den richtigen und den falschen. Die falschen sind abgelehnt, also...«
    »... die richtigen«, ergänzte der General. »Die richtigen im Schauspielhause; da wollen wir hin. Und hinterher in ein Lokal, um da noch unsern kleinen Schwatz zu haben und, so gut es geht, festzustellen, was es denn eigentlich mit dem Stück auf sich hat. Es soll ein sehr gutes Stück sein, auch schon darin daß es beiden Parteien gerecht wird, was doch immer eine schwere Sache bleibt. Aber, soviel hab ich schon gehört, der Dietrich von Quitzow soll interessanter sein als der Kurfürst Friedrich. Natürlich; das ist immer so. Wer mit dem Eisenhandschuh auf den Tisch schlägt, ist immer interessanter als der, der bloß eine Nachmittagspredigt hält. Damit kommt man nicht weit. Ich denke mir den Dietrich so wie etwa den Götz von Berlichingen, der vor dem Kaiser nicht erschrak und den Heilbronner Rat verhöhnte. Das war immer meine Lieblingsszene. Billets werden wir doch wohl kriegen, meinetwegen auch mit Aufschlag. Wenn man Poggenpuhl heißt, muß man für einen alten Kameraden von ehedem was übrighaben.«
    »Ein Glück, Eberhard«, sagte die Majorin, »daß die Wände keine Ohren haben. So seid ihr Adligen. Und ihr Poggenpuhls... na, ich weiß ja, ihr seid immer noch von den besten. Aber auch ihr! Alles habt ihr von den Hohenzollern, und sowie die Standesfrage kommt, steht ihr gegen sie.«
    »Hast recht, Albertine. So sind wir. Aber es hat nicht viel auf sich damit. Wenn es gilt, sind wir doch immer wieder da. Da nebenan hängt der ›Hochkircher‹, nach wie vor ohne Rock, was ihn aber ehrt, und ich möchte beinahe sagen, was ihn kleidet, und hier« (und er wies auf das Bild über dem Sofa), »hier hängt der Sohrsche, und euer guter Vater, mein Bruder Alfred, nun, der liegt bei Gravelotte. Das sind unsre Taten, die sprechen. Aber wenn stille Tage sind, so wie jetzt, dann sticht uns wieder der Hafer, und wir freuen uns der alten Zeiten, wo's noch kein Kriegsministerium und keine blauen Briefe gab und wo man selber Krieg führte. Man soll es wohl eigentlich nicht sagen, und ich sag es auch nur so hin, aber eigentlich muß es damals hübscher gewesen sein. Die Bürger brauten das Bernauer und das Cottbusser Bier, und wir tranken es aus. Und so mit allem. Es war alles forscher und fideler als jetzt und eigentlich für die Bürger auch. Noch keine Konkurrenz. Nicht wahr, Leo?«
    »Na, ob, Onkel. Alles viel schneidiger. Vielleicht kommt es noch mal wieder.«
    »Glaub ich auch. Nur nicht bei uns. Wir sind nicht mehr dran. Was jetzt so aussieht, ist bloß noch Aufflackern... Aber nun Schlachtplan für heute abend. Ich will zunächst in meinen ›Fürstenhof‹ und ein paar Zeilen an meine Frau schreiben, und um sechseinhalb seid ihr bei mir. Schwägerin, du auch.«
    »Nein, Eberhard. Für mich ist es nichts mehr, ich habe das Reißen und bleibe lieber zu Hause. Wenn ihr alle fort seid, will ich erst das Tageblatt lesen und dann den Abendsegen. Oder Friederike soll ihn lesen. Sie wundert sich schon, daß wir seit Silvester so wie die Heiden gelebt haben.«
     
Siebentes Kapitel
     
    Man hatte Billets erhalten, gute Plätze, vierte Parkettreihe. Mitterwurzer, der gerade zum Gastspiel in Berlin war, gab den Dietrich von Quitzow, und gleich die Szene mit Wend von Ilenburg, Akt zwei, schlug mächtig ein. In der bald darauf folgenden Zwischenpause wandte sich der immer erregter gewordene Onkelgeneral an die rechts neben ihm sitzende Therese und sagte: »Merkwürdig, ganz wie Bismarck. Und dabei beide, so spielt der Zufall, wie Wand an Wand geboren; ich glaube, von Schönhausen bis Quitzöwel kann man mit einer Windbüchse schießen, oder ein Landbriefträger läuft es in einem Vormittag. Wunderbare Gegend, diese Gegend da; Langobardenland. Ja, wo's mal sitzt, da sitzt es. Was meinst du, Leo?«
    Leo hätte gern geantwortet, aber so freiweg er sonst war, er genierte sich doch einigermaßen, weil er sah, daß man auf den Reihen vor und hinter ihm bereits die Köpfe zusammensteckte und tuschelte. Der Onkel sah es auch, nahm's aber nicht übel und dachte nur: »Kenn ich; berlinische Zimperei.«
    Bald gegen zehn war die Vorstellung aus, und nach kurzer Beratung an einer etwas zugigen Ecke beschloß

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