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Die Poggenpuhls

Die Poggenpuhls

Titel: Die Poggenpuhls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Anfängerstufe stehe.«
    »Das ändert sich. Das ist überall dasselbe. Heute Fähnrich und nach vierzig Jahren General; kommt Zeit, kommt Rat.«
    »Wollte Gott, daß es so läge, Herr General. Aber es liegt anders. Ich bin nun mal in der Bühnenlaufbahn drin und muß jetzt dabei verbleiben, ein ewiges Umsatteln macht einen schlechten Eindruck. Aber es ist mir, gerade seit ich dabei bin, ganz klargeworden, daß ›Herr Manfred‹ kein großer Künstlername werden wird... Es ist möglich oder wenigstens sehr wünschenswert, daß ich über kurz oder lang eine sogenannte gute Partie machen werde, nach welchem Ereignis ich keinen Augenblick zögern würde, mich von der Bühne wieder zurückzuziehen. Ich bin eigentlich gern Schauspieler, ja, ich könnte beinahe sagen mit Passion; aber trotzdem... eine Tiergartenvilla mit einem Delphinbrunnen, der immer plätschert und den Rasen bewässert...«
    »Eine solche Villa, mein lieber Klessentin, wurden Sie vorziehen. Das ist das, was ich eine gesunde Reaktion nenne. Gott gebe seinen Segen dazu. Ja, Park mit Reh und Wasserfall und mit alten Platanen, im Herbste goldgelb – das hat es mir auch angetan. Aber solange Sie nun noch mitmachen, ist da nicht ein Avancement möglich?«
    »Schwerlich, Herr General.«
    »... Und wenn nicht – verzeihen Sie meine Neugier, aber ich interessiere mich für all dergleichen –, also wenn nicht, in welchem Rollenfache hat man Sie denn eigentlich zu suchen? Wenn ich wieder auf meinem Gute sitze und nehme die Zeitung und lese: ›Morgen, Mittwoch: »Wilhelm Tell«‹, so will ich, nachdem ich das Vergnügen Ihrer Bekanntschaft gehabt habe – denn Sie gefallen mir außerordentlich, Herr von Klessentin; verzeihen Sie, daß ich Ihnen das so ohne weiteres sage –, so will ich doch wissen, wo ich Sie im ›Tell‹ unterzubringen habe; für den Attinghaus sind Sie zu jung und für den Geßler nicht dämonisch genug; aber vielleicht Rudenz.«
    »Sie greifen immer noch um etliche Stufen zu hoch, Herr General. Es gibt allerdings ein paar Ausnahmefälle, so zum Beispiel heute abend, wo ich mich als Quitzowscher Bannerträger von dem eigentlichen Gros um ein geringes abheben durfte, im ganzen aber dürfen mich der Herr General immer nur da suchen, wo Sie Gruppen und Rubriken finden: Erster Bürger, zweiter Mörder, dritter Pappenheimer; so sind mir die Würfel gefallen. Speziell im ›Tell‹ bin ich natürlich mit auf dem Rütli und habe da den Mondregenbogen und dann später das Alpenglühen dicht hinter mir. Trotzdem – ich habe bis jetzt immer nur den Meier von Sarnen und ein einziges Mal auch den Auf der Mauer gespielt, und ich darf hinzusetzen, mein Ehrgeiz versteigt sich überhaupt nicht höher als bis zu Rösselmann. Ein schwacher Aufstieg. Aber um Ihnen nichts zu verschweigen, man verletzt auch schon durch ein so bescheidenes Avancement andrer Interessen. Und so viel liegt mir wieder nicht dran.«
    »Bravo, bravo. Ganz mein Fall. Nur nicht andre beiseite schieben, nur nicht über Leichen.«
    »Und dann, Herr General, wie man mit Recht sagt, daß auch die kleinen Existenzen ihre großen Momente haben, so ganz besonders auch beim Theater. Da ist beinahe keiner unter den mir gleichgestellten Kollegen, der sich nicht sagte: ›Ja, dieser Matkowsky! dieser Matkowsky spielt den Mortimer und den Prinzen in Calderons »Leben ein Traum«, und er spielt beide gut, sehr gut; aber den Frießhardt (das ist, Verzeihung, der Kriegsknecht, der vor Geßlers Hut Wache steht) oder den Deveroux, der den Wallenstein mit der Partisane niederstößt, oder die Hexe im »Faust« oder – verzeihen Sie, meine Damen, daß ich meine Beispiele anscheinend mit Vorliebe grade aus dieser Sphäre nehme – die dritte »Macbeth«-Hexe,
die
spiele ich, da bin ich ihm über, diesem Matkowsky‹... Und solche glücklichen Momente habe ich auch.«
    »Mir sehr interessant, mein lieber Herr von Klessentin. Und nun müssen Sie auch noch einen Schritt weiter gehn und außer dem Meier von Sarnen, von dem ich, offen gestanden, eine nur dunkle Vorstellung habe, mir also außer diesem Meier von Sarnen noch ein paar andre Ihrer Paradepferde nennen, klein oder groß, denn man kann bekanntlich auch auf einem Pony paradieren.«
    »Es schmeichelt mir, soviel freundlichem Interesse bei Ihnen zu begegnen, und ich wünsche nur, daß meine gern abzulegenden Geständnisse mich um dies freundliche Interesse nicht bringen mögen. Meine Begabung, wenn überhaupt von einer solchen die Rede sein kann,

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