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Die Poggenpuhls

Die Poggenpuhls

Titel: Die Poggenpuhls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Aber wollen Sie nicht bei uns einrücken? Dies ist der beste Tisch hier, etwas abgetrennt von den übrigen und kein Zug.«
    Klessentin verbeugte sich, holte sein Seidel und nahm den Platz zwischen dem General und Therese.
    »Wir haben uns hier seßhaft gemacht«, fuhr der General fort, »weil es so nahe beim Theater ist... Sie waren drüben auch zugegen...«
    »Zu Befehl, Herr General.«
    »... Und ich möchte beinahe wetten, Sie links im Parkett bemerkt zu haben, sechste oder siebente Reihe.«
    »Bedaure, Herr General; ich war dem Aktionsfeld um ein gut Teil näher...«
    »Weiter vor?«
    »Ja, Herr General. Auf der Bühne selbst.«
    Alle (Leo mit eingeschlossen) fuhren neugierig, aber doch auch ein wenig schreckhaft zusammen, und man war froh, als der Onkel in einem heiteren Tone sagte: »Da hat man Sie zu beglückwünschen, Herr von Klessentin. Hinter den Kulissen; à la bonne heure, so gut trifft es nicht jeder. Aber andrerseits, Pardon, bin ich doch auch wieder erstaunt, etwas Derartiges unter der jetzigen Verwaltung – die, soviel ich weiß, auf sittliche Strenge hält – sich überhaupt ermöglichen zu sehn. Oder sind es persönliche Beziehungen zum Graf Hochbergschen Hause?«
    »Leider nicht, Herr General. Es handelt sich auch nicht um besondere, mich auszeichnende persönliche Beziehungen. Ich bin nämlich einfach Bühnenmitglied. Der Dietrich Schwalbe, dessen Sie sich vielleicht aus dem letzten Akt her entsinnen – auf dem Zettel steht Bannerträger; richtiger wäre vielleicht ›Quitzowscher Milchbruder‹ gewesen, aber diese Bezeichnung unterließ man wohl aus Delikatesse –, dieser Dietrich Schwalbe bin ich.«
    Therese bog ein wenig nach links hin aus, während die beiden jüngeren Mädchen noch mehr aufhorchten als vorher und auf den wiedergefundenen Freund ihres Bruders mit einem rasch sich steigernden Interesse blickten. Leo selbst schien immer noch etwas unsicher und war froh, als der Onkel mit großer Jovialität fortfuhr: »Freut mich, Herr von Klessentin. Man kann seinem König an jeder Stelle dienen; nur auf die Treue des Dienstes kommt es an...«
    Klessentin verbeugte sich.
    »Aber was mich überrascht, ich habe den Zettel wenigstens dreimal durchstudiert und bin Ihrem Namen nicht begegnet...«
    »Er fehlt auch, Herr General. Auf dem Zettel heiße ich einfach Herr Manfred, nach meinem Vornamen. Es ist das so Sitte. Manfred ist mein nom de guerre.«
    »Nom de guerre«, lachte der Alte. »Vorzüglich. Ein Klessentin tritt aus der Armee und wird Schauspieler, und im selben Augenblick, wo er dem Kriegshandwerk entsagt, kriegt er einen nom de guerre. Ein Glück dabei, daß Sie solchen hübschen Vornamen hatten. Aber so hübsch er ist, ich möchte doch fragen dürfen, können nicht durch solche poetisch historischen Vornamen allerlei Komplikationen entstehen, können Sie nicht beispielsweise grade mit Manfred in eine gewisse Verlegenheit geraten?«
    »Ich mag die Möglichkeit nicht geradezu bestreiten, Herr General. Aber wenn ich die ganze lange Reihe der Rollen und Stücke durchnehme, so kann ich mir, was speziell meinen Namen angeht, eine solche Komplikation doch nur für
den
Fall denken, daß ich den Lord Byronschen Manfred zu spielen hätte. Dann würd es freilich auf dem Zettel heißen müssen: ›Manfred... Herr Manfred‹, was – soviel muß ich zugeben – das Publikum einigermaßen stutzig machen und eine momentane Verwirrung heraufbeschwören könnte.«
    »Versteh, versteh. Eine Verwirrung übrigens, aus der Sie nichtsdestoweniger einen Ausweg finden würden.«
    »Ich glaube dies bejahen zu dürfen, immer für den Fall, daß ich überhaupt in die hier angedeutete Lage kommen sollte. Das ist aber so gut wie ausgeschlossen, weil ganz außerhalb meiner Sphäre.«
    »Sie sind dessen sicher?«
    »Vollkommen, Herr General. Der Lord Byronsche Manfred...«
    »Und dann, Pardon, Herr von Klessentin, der ältere Bruder in der ›Braut von Messina‹... der, wenn mir recht ist, etwas weniger schuldbelastete...«
    »... Zu Befehl, Herr General. Aber, Verzeihung, das ist eigentlich ein Don Manuel.«
    »Ah, richtig, richtig. Don Manuel, Don Manfred oder auch bloß Manfred, das ist mir durcheinandergelaufen ... Und Sie meinen, dieser Manfred, also wahrscheinlich auch dieser Manuel, beide Rollen, wie Sie sich ausdrückten, lägen ganz außerhalb Ihrer Sphäre.«
    »Gewiß, Herr General. Der Byronsche Manfred ist eine Pyramidalrolle, groß, erhaben wie Lord Byron selbst, während ich durchaus auf einer

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