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Die Pollinger-Kinder und die Piep-Gespenster

Die Pollinger-Kinder und die Piep-Gespenster

Titel: Die Pollinger-Kinder und die Piep-Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Carl Grund
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geschrieben:
     

     
    „Das ist die Schulstube“, sagte der große Geist. „Die Wandtafel zeigt das jetzige Gespenstepiep-Alphabet. Den Buchstaben zwischen ,Q’ und ,S’ hat uns Fitzliputz gestohlen und statt dessen das scheußliche ,Piep’ hineingepatzt. So ein Schuftikus!“
    Da ging Hans-Heinrich ein Licht auf. „Jetzt hab ich’s!“ rief er. „Weil der Fitzliputz euch das ,R’ aus dem Abc stibitzt und dafür ein ,Piep’ hineingeschwindelt hat, müssen alle Gespenster ,Piep’ statt ,R’ sagen. Stimmt’s, Herr Geist?“
    „Stimmt“, gab das große Gespenst bedrückt zu. „Sagen und lesen.“
    „Und schreiben müssen Sie auch ,Piep’ statt ,R’?“ fragte Roswitha.
    Das Gespenst nickte. „Auch das.“ Dann schlug es neun Purzelbäume und grollte: „Es ist zum Aus-depiep-Haut-fahpiepen! Wipiep machen uns ja übepiepall lächepieplich, zum Kuckuck noch mal!“ Jetzt verstanden die Pollinger-Kinder, was das Gespenst vor sich hin schimpfte. „Es ist zum Aus-der-Haut-Fahren!“ hatte es gegrollt. „Wir machen uns ja überall lächerlich, zum Kuckuck noch mal!“
    „Wir würden Ihnen ja gern helfen“, meinte Hans-Heinrich, „aber es geht nicht.“
    „Weil wir zum Abendessen wieder bei Krauses sein müssen“, sagte Roswitha. „Da gibt’s belegte Brote und Limo.“
    „Quatsch“, brummelte Hans-Heinrich. „Belegte Brote können mir gestohlen bleiben. Ich mag lieber Bratwürste mit Kartoffelsalat. Aber das meine ich nicht. Schau den Herrn Geist an, Roswitha. Er ist mindestens dreimal so groß wie ich.“
    „Viepiepmal“, verbesserte das Gespenst.
    „Na und?“ fragte Roswitha.
    „Du hast wieder mal eine lange Leitung“, spöttelte Hans-Heinrich. „Überleg doch: Der Herr Geist ist viermal so groß wie ich und kommt gegen diesen Fitzliputz nicht an. Also muß der Fitzliputz noch viel größer als der Herr Geist sein. Gegen so einen Riesen richten wir gar nichts aus.“
    „Falsch, falsch, falsch!“ widersprach das Gespenst. „Fitzliputz ist ein ganz winziges Geistchen. Und dann haben wipiep eine Ppiepophezeiung, daß ein Hans-Heinpiepich und eine Pieposwitha Pollingepiep uns gegen Fitzliputz helfen wepiepden.“
    „Na schön“, meinte Hans-Heinrich nach kurzem Überlegen. „Wenn es die Prophezeiung sagt, dann helfen wir eben. Aber Sie müssen uns alles erzählen, Herr Geist.“
    „Und bitte ganz langsam“, sagte Roswitha. „Sonst komme ich mit dem ,Piep’ durcheinander.“
    Das Gespenst nickte. Langsam und deutlich erzählte es den Pollinger-Kindern die unwahrscheinlichste Gespenstergeschichte, die es gab.
    Hans-Heinrich und Roswitha hörten aufmerksam zu, und nach einer Weile fiel es ihnen gar nicht mehr schwer, aus dem „Piep“ das ,R’ herauszuhören.
     
     
     

Die Flatterkiste des Fitzliputz
     
    Der Anfang der unwahrscheinlichen Gespenstergeschichte lag viele hundert Jahre zurück.
    Damals hatte ein uraltes Obergespenst über alle Geister der Erde geherrscht. Es war das gelehrteste und klügste Gespenst gewesen, das man sich vorstellen konnte. Es war so gescheit, daß es die Schlüsselblumen wachsen und die Regenwürmer denken hörte.
    Dieses Obergespenst wollte von seiner Klugheit auch den anderen Geistern etwas abgeben. Weil es jedoch nicht gleichzeitig zu allen sprechen konnte und viele Gespenster nur zu rasch vergaßen, was sie gehört hatten, dachte es sich etwas Großartiges aus.
    Es erfand sechsundzwanzig Buchstaben und setzte sie zum Gespenster-Abc zusammen. Weil aber Geister keine Hände mit Fingern haben, wickelte das uralte Obergespenst sein unteres Ende um einen spitzigen Holzstab und kratzte damit die Buchstaben in feuchten Lehm hinein.

    Ein befreundeter Kobold brannte die Lehmtafel im Feuer, und als sie hart geworden war, zersägte er sie in sechsundzwanzig einzelne Buchstabentäfelchen.
    Dann zimmerte er eine goldfarbene Schatztruhe zusammen und beschlug sie mit Stahlbändern. In dieser Truhe verwahrte das Obergespenst das Alphabet, und der Kobold verschloß die Kiste mit zwei Vorhängeschlössern.
    Diese Schlösser waren Meisterstücke. Man brauchte keine Schlüssel, um sie auf- und zuzusperren. Sie öffneten sich, sobald das Obergespenst einen Geheimspruch murmelte, und schnappten nach einem zweiten Geheimspruch wieder ein.
    Die Sprüche waren nur dem Kobold und dem Obergespenst bekannt; und der Kobold hatte hoch und heilig versprochen, sie keinem Dritten zu verraten.
    Dann begann der Unterricht.
    Innerhalb von zweihundert Jahren und vier Minuten

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