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Die Pollinger-Kinder und die Piep-Gespenster

Die Pollinger-Kinder und die Piep-Gespenster

Titel: Die Pollinger-Kinder und die Piep-Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josef Carl Grund
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und begann zu singen.
    Schuhuu! klang es dumpf durch den Wald und über das nahe Moor. Schuhuu, schuhuu, schuhuuuuu!
    Nun muß man wissen, daß der Gesang eines Uhus für alle Gespenster himmlische Musik ist. Jeder Geist, der das dumpfe Schuhuu vernimmt, schließt die Gucklöcher und träumt selig vor sich hin.
    Die Wachgespenster an der Truhe hörten das wundervolle Schuhuu, schlossen die Gucklöcher und träumten. Und so versunken waren sie in die Musik, die von der Tanne klang, daß sie das andere Geräusch völlig überhörten.
    Es war ein leises Piepen, das aus dem nahen Moor aufstieg, beim Näherkommen etwas lauter wurde und über der Buchstabentruhe abbrach. Dann knirschte es leicht, als ob Ziegelsteine gegeneinander gerieben würden, und kurz darauf ging ein seltsames Rattern los.
    Rrrr-rr-rrr-rrrrrrrrrrrrrrrrr...
    Es hörte sich wie das Motorengeräusch eines Modellautos an.
    Schu! sang der Uhu erschrocken, breitete die Flügel aus und strich ab.
    Die Wachgespenster erwachten, hörten das zum Moor hin verklingende Rattern und wunderten sich. Dann trug ihnen der vom Sumpf her wehende Wind ein feines spöttisches Lachen zu.
    Während sie noch lauschten, schoß das Obergespenst wie ein Pfitschepfeil aus der Höhle und herrschte sie an: „Seid ihpiep vepieppiepückt ge-wopiepden? Was habt ihpiep mit dem ,Piep’ gemacht? Piepedet!“
    Die Wachgespenster guckten das Obergespenst verblüfft an und bemühten sich dann, ein Grinsen zu unterdrücken. Sie hatten noch keine Ahnung von dem verschwundenen „R“ und begriffen nicht, daß das komische Kauderwelsch bedeutete: „Seid ihr verrückt geworden? Was habt ihr mit dem ,R’ gemacht? Redet!“
    „Piepedet!“ fauchte das Obergespenst noch einmal. Das war so grimmig hervorgestoßen, daß den Wächtern das Schmunzeln verging.
    „Wi-wipiep vepiepstehen di-dich nicht“, stotterten sie und zuckten zusammen.
    Das Obergespenst beugte sich über die Truhe und erkannte die Bescherung: Das Tontäfelchen mit dem kleinen und großen „R“ darauf war verschwunden. An seiner Stelle lag ein Stückchen halbvermodertes, glitschiges Holz, in das mit ungeschickten Strichen „Piep“ und „piep“ eingeritzt waren.
    Also deshalb standen plötzlich „Piep“ und „piep“ statt „R“ und „r“ auch an der großen Schiefertafel und in sämtlichen Gespensterbüchern, und jeder Geist mußte „Piep“ sagen, wenn er ein „R“ sprechen wollte! Das Obergespenst erriet sofort, wem es diesen Streich verdankte. Glitschiges, halbvermodertes Holz gab es im nahen Moor. Dort hauste der Irrwisch Fitzliputz, der den Gespenstern schon manchen Schabernack gespielt hatte.
    Der Diebstahl des „R“-Täfelchens war die Höhe!
    Das Obergespenst flog auf die Spitze der Wettertanne und rief zum Sumpf hinüber: „Fitzliputz! He, Fitzliputz! Zeig dich!“
    Der Irrwisch gab keine Antwort. Nur Sumpfblasen blubberten aus dem Morast und platzten mit leisem Zischen.
    „Fitzliputz!“ rief das Obergespenst noch einmal. „Tauch auf, wenn du kein Feigling bist!“
    Blubb... tssss, machten die Blasen. Blubb... tssss...
    „Fitzliputz!! Fiiitzlipuuuuutz!!!“
    Blubb... tsss, blubb... tsss, blubb... tssss...
    „Ich weiß, daß du das ,Piep’ gestohlen hast!“ wetterte das Obergespenst. „Also, komm schon, du Halunke!“
    Blubb-blubb-blubb-blubb... tssssssssssssssssss!
    Jetzt waren viele Blasen auf einmal aufgestiegen und zerplatzt, und aus dem Brodeln tauchte ein bläuliches Flämmchen auf. Es zuckte hin und her, nahm Gestalt an und sah dann wie ein winziger Zwerg mit zu groß geratenem Kopf und dünnen Armen und Beinen aus. Trotzdem blieb es ein flackerndes Lichtlein.
    Das war Fitzliputz, der Irrwisch. „Irrlicht“ nannten ihn die Menschen, weil er schon manchen Wanderer zu nächtlicher Stunde in die Irre geführt oder gar ins Moor gelockt hatte, aus dem sich der Getäuschte erst mit Tagesanbruch retten konnte.
    „Na, endlich!“ orgelte das Obergespenst.
    „Was hast du gesagt?“ höhnte Fitzliputz mit spitzem Stimmchen. „Ich soll euch das ,Piep’ geklaut haben? Das stimmt ganz und gar nicht. Das ,Piep’ liegt in eurer Buchstabenkiste. Sieh doch nach!“

    „Du weißt genau, was ich meine“, schimpfte das Obergespenst. „Gib uns sofopiept den Buchstaben zwischen ,Q’ und ,S’ zupiepück, sonst geht es dipiep schlecht!“
    „Oh!“ spottete Fitzliputz grinsend. „Wie soll es mir denn schlecht gehen, Verehrtester? Willst du mit einer Gespensterarmee meinen Sumpf erobern undmich

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