Die Porzellanmalerin
hast?«
Josefine ließ nicht locker. Friederike wunderte sich, dass die Freundin, die sie in Liebesdingen immer relativ gelassen erlebt hatte, ihr auf einmal so unerbittliche Fragen stellte.
»Wie hätte ich denn wissen können, dass ich Giovanni jemals wiedersehen würde?«, verteidigte sie sich. »Kaum, dass ich ihn bei dem Fest der Pompadour wieder getroffen hatte, war mir ja klar, dass er derjenige ist, mit dem ich mein Leben verbringen will. Giovanni - nicht Carl! Aber ich war schwanger von Carl, wenn du dich bitte erinnern möchtest.«
»Leidenschaftliche Briefe schreiben kann jeder! Und was nützt dir das nun?«
In Josefines Stimme schwang Missbilligung mit.
»Wie meinst du das?«
Friederike hörte selbst, dass ihre Erwiderung schärfer geklungen hatte als angebracht. Aber wieso griff Josefine plötzlich Giovanni so an? War sie vielleicht gekränkt, dass sie ihr den Italiener so lange verheimlicht hatte?
»Das ist doch von Anfang an alles seltsam gelaufen!«
Josefine schien jetzt wirklich keinen Spaß mehr zu verstehen.
»Warum hat er dich nach eurer ersten Nacht überhaupt weggeschickt? Und warum hat er dich nach dem Kostümball bei der Pompadour schon wieder weggeschickt? Immer schickt er dich weg - und dann schreibt er dir so einen Brief …«
»Er war im Gefängnis!«, verteidigte Friederike ihren Geliebten. »Er hat nach mir gesucht. Aber natürlich erst, nachdem er freigelassen wurde. Vorher konnte er ja wohl schlecht.«
Josefine schnaubte verächtlich.
»Wenn du mich fragst: Bleib lieber bei dem, was du hast, Friedrich! Du hast es doch gut hier - was willst du eigentlich?«
Mit einem Blick, den Friederike nur als neidisch bewerten konnte, musterte die Freundin das wertvolle Mobiliar, die kostbaren Tapeten, die porzellanenen Gegenstände überall.
»Die ganze Geschichte klingt mir höchst zweifelhaft«, fuhr Josefine anklagend fort. »Was macht dein Giovanni mit der
Contessa? Wieso reisen sie immer zusammen? Was hatte diese Frau auf dem Kostümball zu suchen? Natürlich haben die beiden was miteinander! Das kann doch gar nicht anders sein. Du glaubst doch nicht etwa, dass da zwischen den beiden nie was gewesen ist, oder?«
»Ich bin mir sicher, dass es dafür eine Erklärung gibt«, blieb Friederike hartnäckig.
»Du fällst auch wirklich auf alles rein, Friedrich! Da macht dir einer ein paar Komplimente, erzählt dir, du wärst die Frau seines Lebens, und behauptet, er hätte die ganze Zeit nicht nach dir suchen können, weil er im Gefängnis saß. Also wirklich!«
Missmutig gab Josefine dem Globus einen weiteren Schubs.
»Du solltest diesen Brief ins Feuer werfen und dich um dein Leben hier in Frankfurt kümmern, statt ständig von deinem fernen Liebhaber zu träumen. Das ist meine Meinung. Abgesehen davon: Was willst du mit einem, der im Gefängnis war? Wer weiß, was der alles auf dem Kerbholz hat! Ganz zu schweigen von den Macken, die er aus seiner Haft mitgebracht hat … Sieh lieber zu, dass dein Carl wieder an dich glaubt!«
Den Brief ins Feuer werfen? Das kam überhaupt nicht in Frage! Dieser Brief war das einzige Andenken, das sie von Giovanni besaß. Friederike merkte, dass ihr Gesicht von der ansteigenden Wärme aus dem Kamin ganz erhitzt war. Sie rückte den Ledersessel, zurück an seinen alten Platz am Fenster.
»Dieser Brief von Giovanni ist mein einziger Trost, Josefine!«
Sie war kurz davor, ernsthaft böse auf die Freundin zu werden, die ihr noch nicht einmal ihre Giovanni-Fantasien zu gönnen schien. Doch plötzlich besann sie sich eines anderen: Vielleicht war Josefine nach der Enttäuschung mit Simon einfach nur schlecht auf Männer zu sprechen?
»Und was wirst du jetzt tun?«, erkundigte sie sich sanft.
»Wenn ich nur mit nach Fürstenberg gehen könnte!« In Josefines Stimme klang die Verzweiflung durch. »Ich habe schon
überlegt, ob ich es einfach so mache wie du und mich als Mann verkleide. Aber - würde mir das jemand abnehmen?«
Friederike warf einen zweifelnden Blick auf die üppigen Kurven der Freundin und schüttelte bedauernd den Kopf.
»Außer dir hält mich eigentlich nichts in Höchst«, klagte Josefine. »Natürlich habe ich hier mein Haus, meine Nachbarn, meine zwei, drei Freunde. Und man würde mich sicher komisch anschauen, wenn ich einfach so in Fürstenberg auftauchen würde. Man würde fragen, was ich da will, und mir den Aufenthalt vielleicht gar nicht gestatten. Ich würde verdächtigt werden, als Spion oder so etwas. Und natürlich
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