Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
Vom Netzwerk:
wären die Diener nicht so fröhlich gewesen. Ich wartete noch eine Weile und sammelte meinen Mut, diesem Sohn gegenüberzutreten, den ich nicht mehr gesehen hatte, seitdem er mir im Alter von achtzehn Jahren einen Besuch abgestattet hatte. Er hatte mir natürlich geschrieben, aber er war dabei stets auf der Hut gewesen, als befürchtete er, seine Briefe würden abgefangen. Ich wusste nicht mehr, wo er stand, und ich fragte mich, ob die seither vergangenen dreizehn Jahre ihn stärker verändert hatten als mich.
    Dann zupfte ich meine Palla zurecht und betrat das Speisezimmer.
    Ein fremder Offizier hatte sich so ans Fenster gesetzt, dass sich die Morgensonne auf seinem eng anliegenden Brustpanzer aus Bronze fing. Wenigstens hatte er die Höflichkeit besessen, den Helm abzusetzen. Das helle Haar, ziemlich lang getragen und leicht gelockt, fiel mir auf, und plötzlich sah ich in dem Fremden meinen Sohn Konstantin vor mir. Er hatte das Fenster geöffnet und beobachtete die badenden Vögel in der Wasserschale, die ich im Atrium eigens für sie aufgestellt hatte. Er hatte nicht gehört, dass ich hereingekommen war.
    Einen Augenblick lang war es mir vergönnt, mich an seinem Anblick zu weiden. Eine rot eingefasste, langärmelige Tunika aus weißer Wolle schaute unter der Rüstung hervor, darunter wiederum trug er eine abgenutzte Reithose aus braunem Wildleder. Seine gesamte Kleidung, wiewohl von bester Qualität, erweckte eher den Anschein, schon lange in Gebrauch zu sein. Vielleicht hatte Konstantin nicht prahlen wollen, war jedoch in seiner Rüstung zu mir gekommen, weil er nichts Unaufdringlicheres anzuziehen hatte. Aber ich musste ihm seinen Stolz lassen.
    »Uniform steht dir, mein Sohn«, sagte ich leise.
    Hastig drehte er sich um und sprang auf. Überraschung verwandelte sich alsbald in Freude, die sein Gesicht erleuchtete, als wäre die Sonne im Zimmer aufgegangen. Im nächsten Augenblick wurde ich in einer harten Umarmung zerdrückt. Dann hielt er mich von sich ab, damit er mir ins Gesicht sehen konnte, und umarmte mich von neuem.
    »Ich hoffe nur, dass der Brustpanzer von innen bequemer ist.« Ich lächelte kläglich, als er mich losließ, und rieb mir die Stellen, in die sich die Kanten der Rüstung gebohrt hatten.
    »Man gewöhnt sich daran«, sagte er zerstreut und hielt meine Hand noch immer fest. Ich errötete unter seinem durchdringenden Blick. »Oh, Mutter, weißt du, wie oft ich von diesem Tag geträumt habe? Und du hast dich überhaupt nicht verändert!«
    Das stimmte nicht, dachte ich und lächelte ihn an. War das Bild, das er sich von mir machte, so stark, dass er nicht imstande war, zu erkennen, wie ich wirklich aussah, oder lag es daran, dass ich mich hauptsächlich innerlich verändert hatte?
    »Setz dich und lass Drusilla das Frühstück auftragen, das sie für dich zubereitet hat«, sagte ich schließlich. »Was führt dich hierher, und wie lange kannst du bleiben?«
    »Nur einen Tag«, beantwortete er die letzte Frage, während er Platz nahm. Der Stuhl knarrte unter seinem Gewicht, denn er war so groß und breit geworden wie mein Vater, alles an ihm war ein wenig größer und stabiler als bei anderen Männern. Mit Genugtuung stellte ich fest, dass er zu Recht das Kind der Prophezeiung war.
    »Vater hat mir die besondere Erlaubnis erteilt, hier an Land zu gehen statt in Eburacum, aber morgen muss ich aufbrechen, um mich meiner Legion im Norden anzuschließen. Die Pikten werden mir zuliebe nicht warten.«
    Mein Herz begann wie wild zu schlagen. Konstantius war in Britannien! Ich hätte es mir denken können. Nach ein paar friedlichen Jahren versuchten die wilden Stämme im Norden erneut, die Grenze zu durchbrechen, und an einigen Stellen hatten sie die Truppen überwältigt, die am Grenzwall stationiert waren. Es oblag dem Herrscher des westlichen Imperiums, Britannien zu verteidigen.
    Ich schüttelte den Kopf und versuchte den plötzlichen, verräterischen Wunsch zu unterdrücken, Konstantius wäre mit seinem Sohn nach Londinium gekommen.
    »Aber wie kommt es, dass du überhaupt hier bist? Ich dachte, du dientest unter Galerius im Osten…«
    Konstantin schoss das Blut ins Gesicht, doch er hatte offenbar gelernt, sein Temperament zu zügeln. Hätte er das nicht, dann hätte er zweifelsohne nicht so lange überlebt, um hier in meinem Speisezimmer sitzen zu können.
    »Das habe ich auch«, sagte er finster. »Ich war auf dem schrecklichen Marsch durch die Wüste im Osten von Carrhae dabei, die vor

Weitere Kostenlose Bücher