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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Bildnisse, die wir sehen und anfassen und lieben können. Und jedes einzelne zeigt uns einen Teil dieser Höchsten Macht, und alle Teile zusammen geben uns eine vage Vorstellung vom Ganzen. Die Menschen, die darauf beharren, dass es nur den Einen Gott gibt, haben also Recht, aber auch jene, die den vielen huldigen, nur auf unterschiedliche Weise.«
    Sie nickten, doch in einigen Augen sah ich Unverständnis. Andere schauten in den Garten hinaus, als fänden sie mehr Wahrheit im Spiel des Lichts auf den Blättern. Dennoch hoffte ich, dass einiges von dem, was ich ihnen gesagt hatte, in ihren Köpfen bliebe. Lachend entließ ich sie und schickte sie zum Spielen hinaus.

    Diokletians Edikt blieb in Britannien noch zwei weitere Jahre in Kraft. In dem Jahr nach dem Edikt, als jedermann auf Befehl Opfer darzubringen hatte, wurde ein Soldat namens Albanus in Verulamium zum Tode verurteilt. Eines Tages fand ich eine weinende Vitellia vor, denn sie hatte erfahren, dass ihr vierzehnjähriger Neffe Pancratus in Rom umgebracht worden war. In Londinium indessen gab es keine Hinrichtungen, obwohl der Bischof im Gefängnis gesessen hatte und unter Aufsicht stand.
    Die Christen trafen sich auch weiterhin in ihren Häusern, und als selbst das zu gefährlich wurde, erlaubte ich ihnen, Gottesdienste bei mir abzuhalten. Besser gesagt, in meinem Atrium, da die Innenräume mit den Bildnissen und Altären, wenn auch verhüllt, noch zu schändlich waren, um die heiligen Gegenstände ihres Glaubens davor auszustellen. Sie ließen mich jedoch bereitwillig an ihren Gottesdiensten teilhaben, soweit sie Uneingeweihten offen standen.
    Der Seilmacher Nathaniel, der mit anderen um die Inhaftierung herumgekommen war, weil er nur ein Diakon der Kirche war, hielt eine Predigt vor seiner Gemeinde. Die Männer saßen auf einer Seite des Gartens, die Frauen auf der anderen, die Köpfe bedeckt und die Augen fromm niedergeschlagen.
    » O Gott, die Heiden haben Dein Erbe angetreten «, hob er an und fuhr mit dem Finger an einer Zeile entlang.
    Vitellia saß in der ersten Reihe, hielt die Augen geschlossen und bewegte lautlos die Lippen. Warum durfte sie nicht predigen, fragte ich mich, denn offensichtlich kannte sie die heiligen Schriften ebenso gut wie er?
    » Sie haben Deinen heiligen Tempel entweiht; sie haben Jerusalem in Asche gelegt. Sie haben die Leichen Deiner Diener den Vögeln zum Fraße vorgeworfen… «
    Während er fortfuhr, dachte ich über die Angemessenheit der Worte nach, die von einem der alten jüdischen Könige niedergeschrieben worden waren.
    » Wir sind zum Gespött unserer Nachbarn geworden, erniedrigt und verhöhnt von unseren Nächsten… «
    Offenbar hatten alle, die dem Gott der Juden dienten, stets Schwierigkeiten gehabt, mit ihren Nachbarn auszukommen. War das so, weil sie Unrecht hatten oder weil sie, wie sie glaubten, ihrer Zeit voraus waren? Ich hatte vorgeschlagen, da die Christen nicht an unsere Götter glaubten, könnte es nicht schaden, pro forma ein Opfer zu bringen, aber Vitellia war entsetzt. Da wurde mir klar, dass die Christen in Wirklichkeit an Götter glaubten und sie für böse hielten. Ich verstand ihre Argumentation nicht, aber ich musste ihre Rechtschaffenheit bewundern.
    »… lass Dein Mitleid geschwind über uns kommen, denn wir liegen danieder. Hilf uns, o Gott unserer Rettung, zum Ruhme deines Namens… «
    Seit ein paar Minuten hatte ich fernes Raunen vernommen. Als Nathaniel innehielt, wurde es lauter - das Geräusch vieler Schritte und viele Stimmen. Auch die Christen hörten es.
    Leise begann eine Frau zu singen…

    » Von Jesus Christus lasst uns singen,
    von Märtyrern, was sie vollbringen.
    Und aller Zunge soll bekennen,
    Jesus sei der Herr zu nennen… «

    Ich begegnete Philipps Blick und nickte. Er stand auf und ging durch das Haus zur Tür.
    Dann vernahmen wir lautes Klopfen, und selbst Nathaniel verstummte. Einige Frauen weinten, andere indessen saßen aufrecht da mit brennendem Blick, als hofften sie, sich als Märtyrer erweisen zu können. Und sie fuhren fort zu singen.

    » Tapfer gegen die Fährnis der Zeit,
    im Glauben gegen Qualen gefeit,
    bracht' ihnen der Tod Frieden und Ruh
    Und ewiges Leben für die Sel'gen dazu… «

    Ich erhob mich. »Habt keine Angst. Ich gehe zu ihnen hinaus.« Als ich an die Tür kam, hatte Philipp sie bereits geöffnet und stellte sich der Menge entgegen. Ich schritt an ihm vorbei, und als der erste Mann den Mund aufmachte, um etwas zu sagen, brachte ich ihn

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