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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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im Windschutz eines Hügels an, und die Sklaven begannen, unser Mahl auszubreiten. Die Jungen liefen bereits zum See, um das Wasser zu probieren, und forderten sich gegenseitig heraus, hineinzutauchen.
    »Bist du sicher, dass dies wirklich der Avernus-See ist?«, fragte Crispus, als Lactantius und ich uns auf Rohrstühlen niederließen. »Sieh doch nur, Vögel fliegen unversehrt darüber hinweg, und obwohl das Wasser ein bisschen schal schmeckt, hat es uns nicht geschadet.«
    »Vergil muss gewusst haben, dass es gut war«, sagte einer der anderen Jungen. »Es heißt, Julius Caesar habe diese Bäder auch besucht.«
    »Nun, vielleicht waren die Dinge anders, als Rom gegründet wurde«, sagte ich lächelnd. »Schließlich war das vor mehr als achthundert Jahren. Und bedenkt, jetzt ist Sommer. Im Winter sieht es hier bei aufziehendem Sturm bestimmt bedrohlicher aus.«
    »Aber wo ist die ›Höhle mit dem breiten Eingang‹, von der Vergil uns erzählt?«, fragte Crispus.
    »Vielleicht gab es einst einen Spalt, der sich inzwischen geschlossen hat«, antwortete Lactantius, »denn es heißt, dies sei ein Land der Veränderungen.« Er streckte einen Arm aus und nahm die Haltung eines Redners an. Selbst bei dieser Hitze trug er ein langes Gewand, und mit seinem weißen Bart, der ihm über die Brust reichte, sah er aus wie ein Weiser, als er die Schriftrolle öffnete und zu deklamieren begann:

    » Da war eine Höhle mit weiter Öffnung, tief und riesig und gezackt, geschützt von einem schattigen See und dunklen Hainen; ein solcher Dampf stieg auf von diesen schwarzen Mäulern zum Himmelsgewölbe; kein Vogel konnte unversehrt darüber hinwegfliegen…«
    »Und als die Erde zu schwanken begann, war es etwa ein Erdbeben und nicht die nahende Hekate?«, fragte Crispus.
    Lactantius nickte lächelnd. »Derart böse Geister sind nichts als Träume und Wahnvorstellungen, die durch die Ängste der Menschen zu Dämonen werden. Wenn die Erde sich bewegt, geschieht es nach dem Willen unseres Herrn und Gottes, der sie erschaffen hat, aber Aeneas, der in einer Zeit lebte, als das Licht Christi noch lange nicht auf die Welt gekommen war, musste geführt werden, um Rom zu gründen.«
    »Aber Vergil selbst war Heide«, wagte ich einzuwenden.
    »Ja«, antwortete Lactantius, »doch von solch edlem Gemüt, dass das Licht Gottes ihn erreichen konnte, so wie es vielen unserer Poeten erging, den höchsten Genies. Seneca, Maro und Cicero, unsere römischen Dichter, sowie Plato, Aristoteles und Thales und viele andere Griechen - sie alle streifen zuweilen die Wahrheit, und nur die Bräuche ihrer Zeit, die darauf bestanden, es gebe mehr als einen Gott, hat sie veranlasst, weiterhin die falschen Götter zu ehren.«
    »Wenn es hier einen Erdspalt gegeben hat, dann hat er sich vielleicht geschlossen, als Christus geboren wurde«, sagte Gaius, dessen Vater einer der wenigen Senatoren war, die rückhaltlos zum neuen Glauben konvertiert waren.
    »Das mag in der Tat so sein«, sagte Lactantius anerkennend.
    Inzwischen war das Mahl zubereitet, und die Jungen, die in einem Alter waren, in dem eine Mahlzeit immer willkommen ist, fielen mit gewohntem Appetit darüber her. Zusätzlich zu dem üblichen harten Brot, den Oliven und dem Käse hatten die Köche noch einen Topf Meeresfrüchte mitgenommen, eine Spezialität aus Baiae, bestehend aus verschiedenen Schalentieren, gekocht mit Seerosen und Gewürzen. Ich nahm den Eintopf misstrauisch in Augenschein, doch die Köche hatten ihn in Schnee aus dem Keller gepackt, und er schien in Ordnung zu sein.
    »Was für ein Tempel ist das, dessen Kuppel ich über den Bäumen da drüben sehe?« Ich zeigte auf den Hügel hinter uns.
    »Das ist der Apollontempel, der den Berg Cumae krönt«, antwortete einer der Sklaven.
    »Cumae!«, rief Lactantius und schaute interessiert nach oben. »Aber natürlich, das muss es sein, denn die Sibylle stellte Aeneas das Orakel in ihrer Grotte und führte ihn dann zum See hinab, damit er in die Unterwelt steigen konnte.«
    »Gibt es dort noch immer eine Seherin?«, fragte ich und dachte daran, wie Heron die Ankunft von Konstantius vorausgesagt hatte. Ich fragte mich mit einem Rest professioneller Neugier, wie das Orakel hier wohl durchgeführt wurde.
    »O nein«, erwiderte Lactantius. »Kennst du die Geschichte nicht? Zur Zeit des letzten Königs von Rom, Tarquinius Priscus, brachte ihm die siebente Seherin von Cumae neun Bücher mit Orakelsprüchen. Er hielt die Frau für verrückt und

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