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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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wollen.
    Erst gegen Ende der zweiten Woche schien die Epidemie schließlich nachzulassen. Da geschah etwas, das mich aus der Fassung brachte. Man hatte ein junges Mädchen hereingebracht - eine syrische Sklavin namens Martha, die ihren Herrn und ihre Herrin bis zu deren Tod gepflegt und sich selbst angesteckt hatte. Nun war niemand mehr da, der ihr helfen konnte. Sie war Christin, und obwohl sie wusste, was sie erwartete, war ich noch nie jemandem begegnet, der es mit solch heiterer Gelassenheit trug.
    »Unser Herr hat viel größere Schmerzen gelitten, um uns zu erlösen«, flüsterte sie, als sie dazu in der Lage war. »Ich opfere ihm dieses Martyrium.«
    Ich hatte geglaubt, meine Emotionen abgelegt zu haben, doch als ich die Hoffnung sah, die in ihren Augen aufglomm, erwachte in mir eine hartnäckige Entschlossenheit.
    »Das Taufwasser mag zwar deine Seele gerettet haben«, murmelte ich verbissen, »doch das, was in diesem Becher ist, wird deinen Körper retten. Sei ein braves Mädchen und trink - ich werde dich nicht sterben lassen!«
    Ich zwängte Wasser in Martha hinein, bis ihr Urin wieder klar war, doch ich spürte, wie ihr Herz unter meiner Hand zu flattern begann, und ich wusste, dass ich den Kampf verlieren würde. Um ihren wahren Zustand zu prüfen, musste ich meinen Selbstschutz aufgeben. Mit Hilfe der Bindung zwischen Pflegerin und Patientin streifte ich die reine Inbrunst ihrer Seele.
    Ihre Lebenskraft flackerte wie eine blakende Kerzenflamme. Es heißt, dass die Vergangenheit für die Alten lebhafter ist als die Gegenwart, und in jenem Augenblick hielt ich kein syrisches Sklavenmädchen in den Armen, sondern meine geliebte Aelia, die starb, als ich weit entfernt von ihr war. Ich schloss die Augen, und in mir erhoben sich Kräfte, von denen ich angenommen hatte, sie vergessen zu haben, da ich sie lange nicht gebraucht hatte.
    Ich holte tief Luft, und als ich ausatmete, schöpfte ich aus meinem tiefsten Innern Lebenskraft, die ich in sie hineinprojizierte. Herrin! , betete ich, gewähre deinem Kind das Leben! Das wiederholte ich unablässig, als bliese ich den Odem des Lebens in ihre Lunge, aber was von meinem Astralkörper in ihren strömte, war etwas weniger Greifbares und Mächtigeres.
    Sogleich atmete sie wieder leichter. Einen Moment lang hielt ich inne aus Furcht, sie verließe mich. Dann schlug ich die Augen auf und schaute verwundert auf Martha hinab, die mit ruhigen, klaren Atemzügen tief und fest schlief.
    Ich richtete mich auf, und das Herz schlug mir nach der Anstrengung bis zum Hals. Da erst merkte ich, dass wir nicht allein waren.
    Cunoarda stand mit weit aufgerissenen Augen neben mir, mir gegenüber indes kniete Sylvester mit dem jungen Priester, der ihn offensichtlich herbeigerufen hatte, als er sah, dass er die Letzte Ölung schließlich doch nicht spenden musste.
    »Wer seid Ihr?«, hauchte er und griff an sein hölzernes Kreuz. Unsere Blicke trafen sich, und ich sah, wie die schlichte Ehrfurcht blankem Erstaunen wich, als er mich erkannte. »Herrin, was machst du hier?«
    Ich dachte kurz nach und überlegte mir einen Grund, den er verstehen würde. »Ich führe die Arbeit des Allerhöchsten aus«, antwortete ich und entschied, er brauchte nicht zu wissen, ob ich diese Macht nun Göttin oder Gott nannte.
    »Der Herr sei gepriesen, das machst du in der Tat!«, sagte er warmherzig.
    »Sprich nicht über das, was hier geschieht!«, bat ich ihn. Das Zeremoniell, das mich als Mutter des Kaisers umgab, war auch ohne zusätzliche übernatürliche Hoffnungen oder Befürchtungen schon einengend genug.
    Der Eifer in seinen Augen kühlte ab, als auch ihm die politischen Folgen bewusst wurden. »Ich verstehe, aber Herrin, du darfst nicht hier bleiben! Versprich mir, nach Hause zu gehen und dort zu bleiben. Ich könnte deinem Sohn nicht unter die Augen treten, wenn dir etwas zustoßen sollte.«
    »Glaubst du nicht, dass Gott mich beschützen wird?«, fragte ich ein wenig verbittert, denn ich erkannte, dass mir diese Zeit fehlen würde, in der ich wirklich gebraucht wurde und nützlich war, jetzt, da sie zu Ende war. »Schon gut. Ich folge deinem Rat. Aber wenn die Kleine hier gesund ist, bring sie zu mir. Wenn ihr Herr Erben hatte, will ich ihnen den Preis für sie bezahlen und sie in meinem Haushalt aufnehmen.«
    Ich taumelte, als ich aufstand, denn ich hatte mehr Kraft verbraucht, als mir bewusst war, und Sylvester stützte mich. Die Lampen waren angezündet worden, und ich wusste, es war Zeit

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