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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Empfindungen, die mich überrollte, als er mich liebte, gingen alle Gedanken zunächst unter.
    Als ich wieder zusammenhängender Überlegungen fähig war, schien das Licht inzwischen hell und golden durch die Blätter des Brautgemachs, und ich vernahm leise Stimmen von draußen.
    »Wir sollten uns anziehen«, raunte ich ihm ins Ohr. »Bald kommen die Priesterinnen.«
    Sein Griff wurde plötzlich fester. »Werde ich dich wiedersehen?«
    »Ich… weiß nicht…« Gestern hatte ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht, was nach dem Ritual käme. Ich hatte gewusst, dass ich Konstantius wollte, doch ich hatte nicht überlegt, wie schwierig es sein würde, ihn gehen zu lassen, nachdem ich einmal mit ihm geschlafen hatte.
    »Komm mit mir…«
    Ich schüttelte den Kopf, nicht verneinend, sondern vielmehr verwirrt. Ich hatte es für mein gutes Recht erachtet, den Platz der Beltanebraut einzunehmen, weil Konstantius der Liebhaber war, der mir in meiner Eingebung versprochen worden war. Wenn dem so war, was hatte es dann mit den Bildern fremder Länder auf sich, die ich gesehen hatte? So sehr ich ihn auch liebte, ich wollte Avalon nicht verlassen.
    »Was bedeutet dir das?« Zärtlich fuhr ich über das Mithraszeichen auf seiner Stirn.
    Einen Moment lang schaute er mich verblüfft an. Ich wartete, während er um eine Antwort rang, denn ich begriff, wie tief seine Hemmung war, über Mysterien zu sprechen.
    »Es ist ein Zeichen… meiner Hingabe zu dem Gott des Lichts…«, sagte er schließlich.
    »So wie dieses Mal meine Weihe im Glauben an die Göttin kennzeichnet…« Ich deutete auf den blauen Halbmond zwischen meinen Augenbrauen. »Ich bin eine Priesterin von Avalon und durch mein Gelübde gebunden.«
    »Hast du nur deinem Schwur gehorcht, als du gestern Abend zu mir kamst?«, fragte er stirnrunzelnd.
    »Glaubst du das wirklich, nach dem, was heute Morgen war?« Ich versuchte zu lächeln.
    »Helena, ich flehe dich an, lass uns einander immer die Wahrheit sagen!« Seine Miene hatte sich verfinstert.
    Lange schaute ich ihm in die Augen und fragte mich, wie viel ich preisgeben sollte. Doch er würde es ohnehin erfahren, sobald ich aus dem Brautgemach trat und die anderen sahen, dass es nicht Aelia war.
    »Ich habe die Stelle der Priesterin eingenommen, die dir als Braut bestimmt war. Ich besitze die Sehergabe, und sie zeigte mir schon vor langer Zeit dein Gesicht. Dann schickte man mich aus, dich hierher zu führen, und… und ich habe mein Herz verloren…«
    »Du hast deinen Gehorsam verweigert?« Sein Mienenspiel verriet, dass er zwischen Beklemmung und Zufriedenheit schwankte. »Wird man dich bestrafen?«
    »Auch die Herrin von Avalon kann nicht ändern, was zwischen uns geschehen ist«, sagte ich mit tapferem Lächeln. Doch wir wussten beide, dass ich seine Fragen eigentlich nicht beantwortet hatte.
    Draußen hörten wir ein Geräusch. Ich fuhr zusammen. Vorsichtig klopfte es an den Türpfosten.
    »Eilan, kannst du mich hören? Schläft der Römer noch?«
    Es war Aelia. Plötzlich fiel mir ein, sie hätte dafür Sorge tragen müssen, dass Konstantius den Inhalt der silbernen Flasche in der Ecke trank, nachdem sie mit ihm geschlafen hatte. Er sollte schlafen, wenn sie hinausschlüpfte.
    »Eilan, komm schnell, dann wird niemand…« Mit einem Schreckenslaut verstummte sie. Schritte näherten sich, und plötzlich beschlich mich ein ungutes Gefühl. Bleiern legte sich die Gewissheit auf mich, dass es Ganeda war, noch ehe ich ihre Stimme vernahm.
    »Schläft sie noch? Allem Anschein nach hat sie sich doch nicht so sehr vor der Berührung eines Mannes gefürchtet. Du musst hineingehen und sie wecken…« Das Lachen erstarb. »Aelia!« Ein kurzes, angespanntes Schweigen trat ein. Als ich das Laken um mich schlang, packte Konstantius meinen Arm.
    »Du sollst ihnen nicht allein gegenübertreten…«
    Nach kurzer Überlegung nickte ich und wartete, bis er sich meinen Schleier um die Lenden gewickelt hatte. Er erinnerte mich an die Statuen, die ich in Londinium gesehen hatte. Beschützend legte er einen Arm um mich. Mit dem anderen schob er den gewebten Vorhang zur Seite, mit dem der Eingang verhängt war. Gemeinsam tauchten wir in die kompromisslose Helligkeit des neuen Tages.
    Es war schlimmer, als ich erwartet hatte. Nicht nur Ganeda und die Priesterinnen, sondern auch Arganax und seine Druiden standen dort. Aelia hockte noch immer neben dem Eingang und weinte leise. Ich beugte mich vor, um ihre Schulter zu berühren, und sie

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