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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Lieder zurückkehrender Vögel, Hecken und Waldstücke waren mit Blüten verziert. Während ein prachtvoller Tag dem anderen folgte, reagierte mein Körper wie die Erde auf das strahlende Licht.
    Lange Zeit - zu lange - hatte ich Kräuter nur aufgrund ihrer Nützlichkeit gesammelt. Jetzt pflückte ich die cremefarbenen Schlüsselblumen und die nickenden Glockenblumen, das helle Schöllkraut, die verborgenen Veilchen und die wie Splitter eines herabgefallenen Himmels anmutenden Vergißmeinnicht nur, weil sie wunderschön waren. Die Ausbildung in Avalon sollte den Geist schulen, und alle Reichtümer des Körpers und der Seele wurden in ihren Dienst gestellt, unter Anleitung eines disziplinierten Willens. Den fleischlichen Bedürfnissen wurde nur bei den Festen widerwillig Rechnung getragen, denen des Herzens schenkte man keine Beachtung. Konstantius aber hatte meine erwachenden Sinne erobert, und mein Herz ließ sich von ihrem Triumph davontragen, ein williger Gefangener. Ich unternahm keinen Versuch, zu widerstehen. Jetzt, da ich aus dem Reich des Geistes verbannt war, blieben mir nur noch die Welt und ihre Freuden.
    Wir ließen uns Zeit auf unserer Reise, hielten uns zuweilen in Villen und Gehöften auf, manchmal schliefen wir in einem Dickicht oder auf einem Feld an der Straße unter den Sternen. Die erste bedeutende Stadt auf unserer Strecke war Aquae Sulis, versteckt in den Hügeln, wo die Abona auf ihrem Weg zur Mündung in die Sabrina eine Biegung macht. Heute weiß ich, dass es ein kleiner Ort war, doch damals beeindruckte mich seine großzügige Eleganz. Von alters her galten die Heilquellen als heilig, doch die Römer, für die das Baden eine gesellschaftliche Notwendigkeit war, hatten den Ort in ein Heilbad verwandelt, das es mit jedem anderen im Imperium aufnehmen konnte.
    Als wir in den Ort ritten, bestaunte ich die Gebäude, die aus warm leuchtendem, goldenem Stein errichtet waren. Die Menschen, die sich auf den Straßen drängten, waren gut gekleidet, und ich wurde mir mit einem Mal bewusst, was eine Woche Reisen meinem Gewand angetan hatte. Und meinen Haaren - hastig zog ich den Schleier vor und trieb mein Pony näher an Konstantius' Maultier.
    »Mein Herr…«
    Lächelnd wandte er sich zu mir um, und ich war erstaunt, wie selbstverständlich er sich in diese zivilisierte Umgebung einfügte. -
    »Konstantius, wir können hier nicht bleiben. Ich habe nichts anzuziehen.«
    »Aus diesem Grund wollte ich hier Station machen, meine Liebe«, erwiderte er grinsend. »Es ist wenig genug, was ich dir bieten kann als Gegenleistung für alles, was du für mich aufgegeben hast, aber in Aquae Sulis bekommt man das Beste aus dem ganzen Imperium. Ich habe genug Mittel, um ein paar Tage in einer anständigen Herberge zu wohnen, die Bäder zu genießen und Kleidung zu kaufen, die deiner Schönheit gerecht wird.«
    Ich wollte schon protestieren, doch er schüttelte den Kopf. »Wenn wir in Eburacum eintreffen, werde ich dich meinen Geschäftspartnern vorstellen, und du musst mir alle Ehre machen. Betrachte den Einkauf als etwas, was du für mich tun kannst.«
    Hochrot lehnte ich mich im Sattel zurück. Mir kam es noch immer wie ein Wunder vor, dass er mich für schön hielt. Ich wusste nicht, ob es stimmte - auf Avalon gab es keine Spiegel -, doch es spielte keine Rolle, solange seine Augen mir Wohlgefallen signalisierten.
    Der Einkauf in Aquae Sulis war recht überwältigend für mich, war ich doch mit einem Gewand für alle Tage und einem für Rituale aufgewachsen. Auch Konstantius gingen angesichts der Preise allerdings die Augen über. Ich erstand eine terrakottafarbene Tunika, am Saum in Grün und Gold eingefasst, eine Palla aus grüner Wolle, die man darüber trug, und ein weiteres Ensemble in den rosigen Farben der Dämmerung. Bereitwillig stimmte ich allem zu, was Konstantius für mich angemessen fand, solange es nicht das Blau der Priesterinnen war.
    Wir ließen Eldri zur Bewachung unserer Habseligkeiten in der Herberge, während wir im Garten einer Taverne an der Hauptstraße zu Abend aßen. Dann suchten wir den Tempel auf, in dem sich auch die Bäder befanden. Es war deutlich, dass Aquae Sulis keine gewöhnliche römische Stadt war. Beherrscht von den religiösen Gebäuden, die um die heilige Quelle herum entstanden waren, wirkte es auf seine Weise ebenso geweiht wie Avalon. Ich war den Anblick schöner Steinmetzarbeiten gewohnt, wenn der Schmuck dieser Gebäude neben der auf der Insel üblichen Schlichtheit

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