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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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Priesterin der Göttin!«, fauchte ich ihn an, als wir am Bug standen. »Warum sollte er für mich beten?«
    »Er meint es doch nur gut«, antwortete Konstantius. »Einige seiner Glaubensbrüder würden uns beide verdammen, ohne auf die Hilfe ihres Gottes zu warten.«
    Ich schüttelte den Kopf. Der Mönch, wer immer er auch gewesen sein mochte, der mir auf Inis Witrin begegnet war, hatte anders gesprochen. Dennoch hatte ich in Eburacum viele Heiden kennen gelernt, die nur in den Formen und Zeremonien ihrer Religion lebten. Ich fragte mich, ob es unter den Christen auch einen Unterschied zwischen dem gemeinen Volk und jenen gab, welche die Mysterien verstanden.
    Konstantius legte den Arm um mich, und ich lehnte mich an ihn. Gemeinsam beobachteten wir die vorbeiziehenden Ebenen und Wälder, die von Sumpfland, Morast oder Sandstrand gesäumt waren. Die eine Seite war römisch, die andere germanisch, aber ich sah keinen großen Unterschied. Ich hatte auf die Karten geschaut, welche die Römer anfertigten in dem Versuch, ihr Gebiet festzulegen, aber das Land kannte solche Einteilungen nicht. Einen Augenblick lang schwebte ich am Rande einer grundlegenden Erkenntnis. Dann wandte Konstantius sich mir zu und küsste mich, und in der Flut der nachfolgenden Empfindungen ging dieser Moment unter.

    Unsere Reise wurde erneut in Colonia Agrippinensis unterbrochen, einer blühenden Stadt, die auf einer Anhöhe über dem Rhenus erbaut war. Hier erfuhren wir wieder Neuigkeiten - der Kaiser hatte die Goten bis über den Danuvius verfolgt und in einer weiteren großen Schlacht vernichtet, ihren König und fünftausend Krieger getötet. Der Senat hatte ihm den Titel Gothicus Maximus verliehen und einen Triumphzug für ihn veranstaltet. Doch trotz seines Sieges hatte Aurelian offenbar entschieden, dass Dakien nördlich des Flusses nicht zu verteidigen war, und zog die Grenzen des Imperiums wieder an den Danuvius zurück.
    »Und ich kann nur sagen, er hat auch allen Grund dazu«, sagte der Zenturio, mit dem wir sprachen. »Genauso war es, als er das Dekumatland südlich von hier zwischen Rhenus und Danuvius aufgab und alle Truppen hinter den Rhenus zurückzog. Flüsse sind schöne, klare Grenzen. Vielleicht glaubt Aurelian, dass die Barbaren in Zukunft zu sehr damit beschäftigt sind, sich untereinander zu bekriegen, und uns in Ruhe lassen. Aber trotzdem ärgert es mich, wenn ich an all das Blut denke, das wir vergossen haben, nur um das Land zu halten.«
    Konstantius war sehr schweigsam geworden. »Ich wurde in Dakien in den Danuvius-Auen geboren. Der Gedanke, dass der Fluss die Grenze werden soll, ist merkwürdig. Ich vermute, die Goten werden dafür jetzt gegen den Rest der Carpen, der Bastamen und der Vandalen kämpfen.«
    »Nicht gegen die Vandalen«, stellte der Zenturio richtig. »Aurelian hat sich mit ihnen verbündet und sie als Hilfstruppen eingetragen.«
    Konstantius legte nachdenklich die Stirn in Falten. »Das mag gut sein; die Götter wissen wohl, dass die Germanen gute Kämpfer hervorbringen.«

    Die Barke nahm uns bis Borbetomagus mit. Dort schlossen wir uns einer Gruppe von Händlern an, die ihre Packesel am Nicer entlang durch die Berge an den Danuvius brachten. Je weiter wir vordrangen, umso stärker kam mir die Dichte des Landes ringsum zu Bewusstsein. Mein Leben lang hatte ich noch nie weiter als eine Tagesreise vom Meer entfernt gelebt, aber jetzt umgab mich festes Erdreich, und selbst die mächtigen Flüsse waren nur das Blut, das durch seine Venen fließt.
    Diese Länder mochten zwar von den Legionen aufgegeben sein, aber sie waren noch nicht wieder unter barbarische Herrschaft gefallen. Die Villen und Gehöfte, welche die Römer aus dem Holz der Wälder gebaut hatten, florierten noch immer, und wir waren froh über ihre Gastfreundschaft. Mir brachte diese gemächliche Reise durch Germanien den unerwarteten Vorteil der ungeteilten Aufmerksamkeit meines Mannes. Als er dem Heer beigetreten war, hatte man Konstantius am Limes in Germanien stationiert, und er kannte das Gebiet gut. Anhand seiner Geschichten über Garnisonsleben und Kriegerhandwerk konnte ich mir ein Bild davon machen, wer er wirklich war, und das sollte mir gut zustatten kommen.
    Mit jeder Wegstunde, die wir zurücklegten, fiel meine Vergangenheit weiter hinter mir zurück. Ich wurde ausschließlich Julia Helena, und Erinnerungen an jene Eilan, die einst Priesterin auf Avalon gewesen war, schwanden dahin, bis sie nicht mehr Substanz als ein Traum

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