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Die Priesterin von Avalon

Die Priesterin von Avalon

Titel: Die Priesterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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meine plötzliche Furcht war verflogen. Vielleicht lag es an der Macht des Beltanefests, die sich wie Feuer im Blut bemerkbar machte. Schwindel ergriff mich, als zöge mir bereits der Rauch der heiligen Kräuter in die Nase. Es war so lange her, seitdem ich mit Trance gearbeitet hatte. Wie eine Frau, die nach vielen Jahren einen früheren Geliebten wieder trifft, zitterte ich vor wieder erwachtem Verlangen.
    »Herrin«, fügte Dokles mit seiner üblichen Würde hinzu, »es wäre eine besondere Ehre für uns, wenn du dich bereit fändest, uns die Zukunft zu weissagen.«
    Konstantius wirkte noch unentschlossen, und ich merkte, dass auch er sich daran gewöhnt hatte, mich als seine Gefährtin, als die Mutter seines Kindes zu sehen, und vergessen hatte, dass ich einmal mehr als das gewesen war. Doch die anderen beiden standen im Rang höher als er. Kurz darauf seufzte er. »Das muss meine Gemahlin entscheiden…«
    Ich richtete mich auf und schaute sie nacheinander an. »Ich kann nichts versprechen - es ist schon Jahre her, seitdem ich diese Kunst ausgeübt habe. Außerdem werde ich euch nicht anweisen, wie ihr das, was ihr vielleicht zu hören bekommt, auslegen sollt oder ob das, was ihr hört, meinem Delirium entspringt oder die Stimme eines Gottes ist. Ich kann nur versprechen, dass ich es versuchen werde.«
    Nun starrten mich alle drei Männer an und fragten sich offenbar, ob sie jetzt, da sie bekommen würden, wonach sie verlangt hatten, es überhaupt noch wissen wollten. Doch mit jedem Atemzug lösten sich die Bindungen, die meinen Geist an die wirkliche Welt banden. Ich klingelte mit der kleinen Glocke nach Philipp und bat ihn, er möge die Silberschale holen, die in Konstantius' Arbeitszimmer stand, und mit Wasser füllen. Hylas, dem es gelungen war, aus meinem Schlafzimmer zu kommen, legte sich auf meine Füße, als verstünde er, dass ich einen Anker brauchte, wenn ich zwischen den Welten wandelte.
    Nachdem Philipp die Schale gebracht hatte und die Lampen so ausgerichtet waren, dass sich ihr Licht wie flüssiges Glitzern auf der Wasseroberfläche spiegelte, wies ich ihn an, dafür zu sorgen, dass wir nicht gestört würden. Er schaute mich missbilligend an, und mir fiel ein, dass den Christen verboten war, heidnische Orakel zu befragen, obwohl mir zu Ohren gekommen war, dass junge Männer und Frauen bei ihren Zusammenkünften zuweilen Visionen hatten und Prophezeiungen ausstießen.
    Als Philipp den Raum verlassen hatte, legte ich das Stirnband, das den Halbmond auf meiner Stirn verbarg, ab und löste den Knoten in meinem Haar, sodass es mir auf die Schultern fiel. Maximian schluckte und riss die Augen auf. Der ist noch sehr der Erde verbunden , dachte ich und senkte den Blick. Seine Seele erinnert sich an die alten Überlieferungen .
    Dokles' Blick war verschlossen, seine Gesichtszüge unbewegt. Ich bewunderte seine Selbstbeherrschung. Doch Konstantius starrte mich an wie damals, als ich zum ersten Mal am Beltanefeuer zu ihm kam. Sieh gut hin , sagte ich im Stillen. Nahezu fünfzehn Jahre habe ich jetzt deinen Haushalt geführt und mit dir das Bett geteilt. Hast du vergessen, wer und was ich bin? Verlegen senkte er den Blick, und ich musste lächeln.
    »Wohlan, meine Herren, ich bin bereit. Wenn ich das Wasser gesegnet habe, werde ich in seine Tiefen schauen, und wenn ich anfange zu schwanken, könnt ihr eure Fragen stellen.«
    Ich warf eine Prise Salz ins Wasser und weihte es in der alten Sprache der Zauberer, die aus dem versunkenen Land über das Meer nach Avalon gekommen waren. Dann beugte ich mich vor, sodass mein Haar wie ein dunkler Vorhang um die Schale fiel, und richtete meinen Blick nach innen.
    Als mein Atem über das Wasser strich, lief ein Lichtschein in kleinen Wellen über die dunkle Oberfläche. Mit einer Willensanstrengung beherrschte ich meine Atemzüge, ein und aus, immer langsamer, und versank in den Rhythmus der Trance. Jetzt flackerte das Licht auf dem Wasser im Gleichklang mit meinen Atemzügen. Mein Bewusstsein konzentrierte sich auf diesen Lichtkreis in der Dunkelheit, Wasser und Feuer. Vermutlich bewegte sich auch mein Körper inzwischen, denn aus weiter Ferne, wie mir schien, hörte ich jemanden nach mir rufen.
    »Sag an, Seherin, was wird die Zukunft dem Imperium bringen? Werden Numerian und Carinus gut regieren?«
    Das Licht auf dem Wasser blitzte auf. »Ich sehe Flammen…«, sagte ich. »Ich sehe Armeen, die das Land verwüsten. Bruder gegen Bruder, der Begräbnisscheiterhaufen

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